Truthahn um zwölf
noch kein Blatt vor den Mund. Und das saß.«
Die Wärme dieser Worte überraschte mich, doch dann erinnerte ich mich an eine Bemerkung von Paul, daß Peter Anstruther rot sähe, wenn jemand sich so daneben benimmt. Ich fragte mich, ob das eine unbewußte Reaktion auf die charmante Tyrannei seiner Mutter war. Aber man muß zu den Frauen halten, und so sagte ich nachsichtig: »Na ja, keine Frau ist begeistert, wenn sie das Kleid voll Vanilleeis hat.«
»Trotzdem hat mir die Reaktion dieser Dame nicht gefallen.«
Ich warf einen schnellen Blick zu seinem Gesicht hinauf. Peter Anstruther schloß anscheinend keine Kompromisse. Vermutlich würde er sich nicht der Schar von Ursulas Bewunderern anschließen.
Doch hatte ich jetzt keine Zeit mehr, mich mit ihm herumzustreiten, und Ursula hatte auch keine Gelegenheit, ihn wieder für sich zu gewinnen, denn Ted und Edith begannen sich zu verabschieden. Alle versammelten sich vor dem Haus, um ihnen nachzuwinken. Edith war überwältigt von Dankbarkeit und Glück, und Ted stand neben ihr und strahlte vor Stolz und Zufriedenheit.
»Vielen, vielen Dank!« hörte ich sie viele Male sagen, erst zum Colonel, dann zu Miss Adams, dann zu mir. Aber bei Tony vergaß sie alle Vornehmheit, fiel dem Mädchen um den Hals und küßte es. »Es ist alles deine Idee gewesen«, sagte sie. »O Tony, warum bist du so lieb?«
Peter, der immer noch neben mir stand, hörte diese Worte und flüsterte mir zu: »Die Frage ist berechtigt. Warum ist sie so lieb? Mit neunzehn ist man nicht selbstlos.«
Ich war überrascht, ließ mir aber nichts anmerken und sagte leichthin: »Ach, Tony tut so was gerne. Kümmert sich mit Begeisterung um die Angelegenheiten anderer Leute. Sie hat sogar Paul dazu gebracht, daß er den Brautvater für Edith gemacht hat.«
Er lächelte: »Dann besitzt sie eine gehörige Portion Überzeugungskraft.« Im nächsten Moment wurden wir getrennt, da alle vorwärtsstürzten, um dem scheidenden Paar zuzuwinken und Glückwünsche nachzurufen.
Ursula lächelte wieder bezaubernd, und niemand hätte geglaubt, daß es diesen häßlichen kleinen Vorfall gegeben hatte. Aber an diesem Abend, als Paul und ich endlich allein waren und erschöpft in die Federn krochen, sagte er: »Ein tolles Fest. Alles war da. Nur schade...«
»Was war schade?« fragte ich, während ich mit einem Reißverschluß kämpfte.
»Die Sache mit Ursulas Kleid.«
Eine unvernüftige Wut stieg in mir hoch, wie immer, wenn Paul sie verteidigte, und ich sagte: »Na ja, das geht wieder raus, und sie hat eine Menge anderer.«
»So hab’ ich das nicht gemeint«, sagte Paul langsam. »Schade, daß sie so hochgegangen ist. Scheußlich für Caleb. Peinlich für alle.«
Ich verbarg sorgfältig die Freude, die mir diese Bemerkung machte. War es möglich, daß Paul einen Makel an der tüchtigen und wunderbaren Ursula entdeckte?
Ich meinte: »Es war ein teures Kleid, und die Versuchung war groß.«
Aber Paul brütete vor sich hin. Er sagte langsam: »Natürlich, aber weißt du noch, wie jemand Kaffee über Larrys neues Kleid gegossen hat, und wie sie nur darüber gelacht hat? Sie hat nicht viele Kleider gehabt, aber sie hat sich nicht so aufgeführt.«
Jetzt war Vorsicht geboten. »Aber Larrys Kleid ist lange nicht so teuer gewesen.«
Ich war sehr stolz auf diese Anstrengung, und Paul sagte zu meinem größten Vergnügen: »Wahrscheinlich nicht, aber es ist ihr einziges gutes gewesen, und sie hat gesagt, daß es ihr verdammt wenig ausmachen würde.«
Ich hielt es für klüger, nicht weiter über die Sache zu reden und sagte: »Versuch’ doch, ob du diesen Reißverschluß aufkriegst.» Aber später wiederholte ich Larry jedes Wort dieser Unterhaltung. Sie lachte nur und sagte: »Dem Guten geht anscheinend ein Licht auf. Wenn Tim nur auch dabeigewesen wäre!«
8
Da ich Tony ja kenne, hätte es mich nicht überraschen dürfen, Caleb Fielder bei meinem nächsten Besuch im Laden zu sehen: Er war eifrig im Lagerraum beschäftigt, wog peinlich genau Kartoffeln und Zwiebeln ab, wobei ihn sein widerlicher großer Kater unverwandt anstarrte.
Aber bei der Erinnerung an die Schweine im Fischernetz und das Eis in Ursulas Schoß sagte ich entsetzt zu Miss Adams: »Sie haben Caleb doch nicht fest angestellt? Was ist mit seiner kleinen Farm? Versorgt die sich selbst?«
»Da ist nicht mehr viel Arbeit. Er hat alle Tiere verkauft«, antwortete sie ausweichend.
Aber ich wollte es genau wissen und fragte: »Also
Weitere Kostenlose Bücher