Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Beruf erfuhr sie, dass ich im Bildungswesen eine höhere Position bekleidet hatte, dann aber wegen der Kinder zu Hause geblieben war. Und jetzt eben aus dem Trott ausbrechen und reisen wollte, um danach mit frischen Eindrücken mein Leben wieder neu sortieren zu können. Dass ich auch Antworten auf gewisse Lebensfragen finden wollte, sagte ich ihr nicht. Lindas Interesse war echt, das war zu spüren. Und mehr noch: Sie wurde immer aufgeregter. Fast gewann ich den Eindruck, sie wolle sich meiner Reise anschließen, doch statt der erwarteten Frage: „Wo gehen Sie denn als nächstes hin?“ platzte sie mit etwas völlig anderem heraus:
„Könnten Sie einen Job gebrauchen?“
„Nein“, antwortete ich perplex. „Ganz und gar nicht. Ich bin ja hier, um endlich mal Urlaub zu machen! Und...ich darf auch gar nicht arbeiten...ich hab nur ein Touristenvisum.”
Linda nickte kurz, fixierte ihre Kaffeetasse und rührte schweigend darin herum. Dann trank sie den letzten Schluck, löffelte Milchschaum von der Tasse in ihren Mund und linste auf die Apfeltüten. Es war klar: Sie würde auf die Sache nicht mehr eingehen und aus irgendeinem Grund war mir das nicht recht. Hastig und ohne zu überlegen sagte ich:
„Wenn Sie allerdings beim Strudel Hilfe brauchen, dann…“
„Ja… ähm, nein…“, zögerte sie „Es wäre nicht nur für den Strudel…eine der Küchenangestellten hat gestern sehr kurzfristig…ich meine, sie fällt…für längere Zeit aus... und es kam ziemlich plötzlich, deswegen…“ Linda brach ab – meine Mimik sagte ihr alles.
Ein Job als Küchenhilfe war das so ziemlich das Letzte, was ich mir von meinem Trip erhofft hatte: Von einem Haushaltsdasein in das Nächste zu geraten! Dafür waren mir meine Tage wirklich zu kostbar! Und trotzdem war da so ein Gefühl in mir, das mir das klare „Nein“ auszusprechen verweigerte. Mein Mund machte sich selbständig:
„Ich kann ja aushelfen, bis Sie jemand anderen gefunden haben“, bot ich an, während innerlich zeitgleich meine Alarmanlage losging: Mann! Du wolltest doch die Stadt ansehen und jede Woche, jeden Tag, woanders sein! Du wolltest raus aus der Küche und rein ins Leben!
Und doch: Bar jeder Logik zog mich irgendetwas zu Linda hin... und dem, was sich hinter ihr verbarg. Was hatte ich gesagt? Aushelfen, bis sie jemand anderen fand? Langsam sickerte die Bedeutung dieser Worte in mein Hirn.
Lindas Mund hingegen klappte auf und wieder zu, als ob sie diese Nachricht so schnell wie möglich schlucken wollte, bevor ich es mir wieder anders überlegte. Ihre Augen fingen an zu strahlen:
„Das würden Sie wirklich tun? Oh, das ist ja ... wunderbar! Sie würden mir so sehr damit helfen! Wir finden schon eine Lösung mit dem Visum...!“
Und dann ging alles hopplahopp. Sie winkte der Bedienung, bestand darauf, beide Kaffees zu zahlen, fragte mich, in welchem Hotel ich abgestiegen sei und ob ich gleich mit ihr fahren könne, wegen dem Strudel, der für den Nachmittag als Überraschung geplant war. Natürlich war es logisch, das zu tun – aber es ging alles so rasant, dass ich mich komplett überfahren fühlte. Verflixt, dachte ich, da will man dem ewigen Trott zu Hause entfliehen und landet schon vier Wochen später in der gleichen Mühle! Was hab ich nur an mir, dass ich diese blöden Hausfrauenpflichten so anziehe?
Aber nachdem die Sache ja wegen dem Strudel ins Rollen gekommen war, konnte ich schlecht an genau dieser Stelle meine Hilfe verweigern. Außerdem: Wer wollte mich halten, wenn ich keine Lust auf all das hatte? Einigermaßen beruhigt durch diese Gedanken sah ich auf die Uhr.
„Wie lange werden Sie mich heute brauchen?“ fragte ich. Es war elf Uhr vormittags und die Sonne schien heiß auf den staubigen, riesigen Parkplatz, während wir die schweren Apfeltüten zu Lindas Auto trugen. Linda wurde plötzlich wieder nervös.
„Das kann ich so genau noch gar nicht sagen“, gab sie zu. „Ich denke, wir gehen erst mal in die Küche, ich zeige Ihnen alles, Sie machen den Strudel, danach würde ich gerne mit Ihnen noch einiges besprechen …und Sie mit ein paar Dingen vertraut machen...“
Heftig drückte sie auf die Fernbedienung ihres Autoschlüssels. Der Kofferraum eines großen SUVs öffnete sich, während wir noch 30 Meter davon entfernt waren. Linda lief beinahe im Stechschritt darauf zu.
„Wow“, ließ ich mich vernehmen. „Cooles Auto.“
„Ja, Mr. ...“, sie brach ab und stellte die Tüten ins Auto, „...äh...Mr. J. ist
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