Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
wieder auferstehen zu lassen – allen Widrigkeiten zum Trotz.
***
Vier Monate nach seinem Tod, flatterte ein Brief ohne Absender ins Haus. Grace! Ich hoffte, dass es Grace war. Mit nervösen Fingern riss ich ihn auf.
„Chirelle“, stand da in krakeliger Schrift.
Mir stockte das Herz. Das war Michaels Schrift – dieses typische Durcheinander von Schreibschrift und Druckbuchstaben, seine Angewohnheit, unvermutet die ersten zwei Buchstaben eines Wortes groß zu schreiben oder einen, zwei mitten im Wort...
Meine Knie gaben nach...ich hielt ein Stück Michael in meinen zitternden Händen. Tränen vernebelten mir den Blick, ich kniete auf dem harten Boden, mit klopfendem Herzen und fliegenden Augen, und las, was da stand:
„Chirelle! Mir geht es gut! Es ist wunderbar, mit diesen Leuten zusammen zu arbeiten! Kenny Ortega ist großartig und auch all die anderen. Es wird alles so, wie ich mir das vorstelle! Alles, wie ich es geplant habe! Allerdings mussten wir den Beginn der Konzerte verschieben. Ich will da durch, ich will es schaffen...für meine Kinder, für ein anderes Leben.
Ich werde in der nächsten Zeit zu beschäftigt sein, um Dir zu schreiben, aber ich wollte Dir nochmals danken – für die Gespräche, für all die Erkenntnisse.
Ich fühle mich sehr frei – ich liebe! Das ist alles, was nötig ist und das ist so schön! Tatsächlich fühle ich mich zum ersten Mal in meinem Leben frei von aller Last.
Nach wie vor möchte ich meine Talente nutzen, um etwas Gutes in der Welt zu bewirken. Und das sollten alle tun – wenn du mit Menschen über mich sprichst, Chirelle, dann sag ihnen genau dieses:
„Go for your dreams and make this world a better world.” Das ist nach wie vor mein Credo und nun kann ich es leben, endlich, habe begriffen, wie wichtig es ist, das Innere, sich selbst zu schätzen.
Wenn du mit Fans in Kontakt kommen solltest, dann sag ihnen, dass ich sie liebe, dass ich ihnen so dankbar bin und dass ich sie ewig in meinem Herzen tragen werde, egal, wo ich bin. Sag ihnen das, was mir selbst so unendlich bewusst ist: Dass die Liebe in uns wohnt. Dass Gott in uns wohnt. Und dass es keine Trennung gibt. Sag ihnen: Mein Leben, meine Erkenntnisse, meine Musik sollen der Welt dienen. Niemand soll leiden... und schon gar nicht wegen mir - das würde nur bedeuten, die eigene Liebe, innen, nicht gefunden zu haben.
Das ist das, wofür ich stehe und wer mich liebt, zeigt mir seine Liebe genau damit: Dass er die Liebe lebt. Kein Groll, kein Hass, dafür haben wir gar keine Zeit. Liebe siegt immer. Liebe ist ewig. Ich weiß es.
I love you, Chirelle, I love you more, I love you all.
Michael
Los Angeles, 01. 06. 2009.
„Mike“, flüstere ich. „Mike...wo bist du?“
Wieder und wieder hörte ich mir die Abschlussrede des This is it –Filmes an, als Michael mit seinem Team zusammensteht, bereit, nach London aufzubrechen, bereit, die Herausforderung anzunehmen. Michael erinnert alle daran, dass Liebe wichtig ist, dass wir uns um unseren Planeten kümmern müssen, dass dies alles - und besonders für ihn - ein großes Abenteuer sei.
Dann wird er noch einmal eingespielt, am Endes des Films, am Ende seines Lebens, mit ‚Man in the Mirror’, das er auf seine so einzigartige Weise singt, in diesem einmaligem Zusammenspiel von Körper und Melodie. Er singt den Text, wirkt gelöst und frei.
„ I make this CHANGE ... today... “, singt er. „ Stand up and live yourself - now...! “ und diese Zeile hämmert in meinem Kopf, lässt mich nicht los. Ich starre auf den Bildschirm.
Michael steht im Scheinwerferlicht. Er ist gelassen und ruhig. Der Chor singt den Refrain: Man in the Mirror. Immer und immer wieder.
Michael steht und fühlt. Zweimal berührt er seine Herzgegend mit den Händen, streckt sie zum Publikum. Dann breitet er seine Arme aus, für seine letzte Geste. Er hebt den Kopf, legt ihn zurück, fließt in die Musik, in das Pochen der Sterne, das er schon als kleiner Junge wahrnahm und das er jetzt wieder wahrnimmt, klar, kraftvoll, mächtig, sanft...die Sterne, die ihn rufen, die sagen, wir lieben dich, komm heim, ruh dich aus, nun komm zurück... du hast soviel getan, es ist Zeit, nach Hause zu gehen. Und er genießt die Schwingung, wie er sie immer genossen hat, gibt sich ihr hin, während sich sein Bild in seiner so charakteristischen Pose am Bildschirm verewigt:
Michael im Scheinwerferlicht. Die Arme ausgebreitet, sein Herz offen, für uns, für die Welt, und endlich für sich.
The
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