TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff
ihn suchen!« sagte ich.
Belopolski erwiderte mit sonderbar tonloser Stimme: »Gut! Das Schiff wird seinen Kommandanten noch zehn Minuten lang suchen. – Kein Wort mehr!« Fast schreiend stieß er den Befehl hervor.
»Alles in die Netze!«
Im Observatorium waren Hängematten zur besonderen Verwendung aufgespannt worden. Da es auf dem Mars keinen Startturm gab, mußte das Schiff die Flugrichtung ändern.
Belopolski nahm den Platz am Steuerpult ein. Sein Netz blieb leer.
Selbst bei meinem ersten Start auf der Erde hatte ich keine so qualvolle Unruhe empfunden. Ich ließ kein Auge von unserem neuen Kommandanten. Sein Gesicht war sehr blaß, schien jedoch ruhig und konzentriert. Welche übermenschliche Anstrengung mochte es ihm kosten, sich zur Ruhe zu zwingen!
**
*
Der Schiffsleib erzitterte. Das immer stärker anschwellende Dröhnen der Motoren schien die ganze Welt, das ganze Universum zu füllen …
Das Raumschiff rollte an. Noch war es auf der Oberfläche des Mars. Aber da drückte Belopolski auf den wohlbekannten Knopf: Die Räder rutschten weg. Wir waren in der Luft.
Eine schnelle Handbewegung … Die mächtigen Raketenantriebe verstummten, sofort setzte der Atmosphärenmotor ein. Der jähe Aufstieg des Schiffes wurde unterbrochen, und es flog, willig seinem Kommandanten gehorchend, genau wie vor fünf Tagen, über dem Planeten dahin.
Sowohl Paitschadse als auch ich sprangen aus unseren Netzen und stürzten zu den Fenstern. Das Schiff beschrieb einen weiten Kreis und kehrte zu der Stelle zurück, von der wir kurz zuvor aufgestiegen waren. Im Scheinwerferlicht war das Gelände zu erkennen. Der See und der Platz, auf dem unser Schiff gestanden hatte, huschte vorüber.
Wir flogen südwärts, in der Richtung, die Kamow mit seinem Wagen eingeschlagen hatte. Nach vier Minuten hatte das Schiff über hundert Kilometer zurückgelegt und kehrte wieder um. Weiterzufliegen hatte keinen Sinn. Der Geländewagen konnte sich höchstens achtzig Kilometer von unserem früheren Standort entfernt haben.
Hundert Kilometer hin, hundert Kilometer zurück – und wieder hundert Kilometer in derselben Richtung.
Nichts … Die Marswüste war dunkel und leblos.
Alles vorbei! Sergej Alexandrowitsch war rettungslos verloren.
Das Raumschiff drehte scharf ab. Wir flogen in einer anderen Richtung davon.
Ich warf einen Blick auf Belopolski. Er beugte sich über das Periskop. Die fest zusammengepreßten Lippen bewiesen seine Entschlossenheit. Er beachtete uns nicht. Mir schien, er hatte uns in diesem schrecklichen Augenblick völlig vergessen.
Paitschadse wandte sich vom Fenster ab und begab sich auf seinen Platz. Ich folgte ihm mechanisch. Über sein Gesicht rannen unaufhörlich Tränen. Ich kam nicht mehr dazu, mich niederzulegen. Ein heftiger Stoß warf mich ins Netz. Lähmend erfaßte das bekannte Gefühl der doppelten Schwerkraft den Körper. In meinen Ohren war ein mächtiges, schier unerträgliches Dröhnen.
Allein geblieben
Braune Granitfelsen ragen düster in die regungslose, kalte Luft. An ihrem Fuße schleichen langgestreckte, zottige Tiere umher, die kümmerlich entwickelten Vorderbeine träge voreinandersetzend. Ihr silbriges Fell glänzt in den Strahlen der untergehenden Sonne. Hin und wieder nähert sich das eine oder andere einem hohen Felsen, duckt sich wie zum Sprung zu Boden und starrt mit unbeweglichen graugrünen Augen zum Gipfel hinauf.
Auf dem Gipfel des Felsens liegt ein Mensch. Er hat den Kopf auf den gewinkelten linken Arm gelegt. Die Rechte umklammert den blitzenden Stahl eines Revolvers.
Der Mensch liegt schon lange dort. Er ist sterbensmüde. Längst hat er die Hoffnung auf Rettung aufgegeben. Er kann nicht hinuntersteigen, kann nicht zu dem weißen Wagen mit den blanken Fenstern gelangen, der Rettung und Leben bedeutet. Verlockend nahe steht der Wagen, aber auf dem Weg dorthin lauert der Tod, der grauenvolle Tod im Rachen eines Ungeheuers.
Nein, alles, nur das nicht! Mag lieber der Sauerstoff ausgehen, der die Maske speist, die der Mensch auf dem Gesicht trägt.
Die Sonne steht ganz niedrig über dem Horizont. Gleich wird die rasch hereinbrechende Tropennacht alles verdunkeln. Die Luft wird noch kühler werden, eisig kalt.
Aber daran denkt der Einsame nicht. Was kümmert ihn der Frost, wenn der Sauerstoff nur noch eine Stunde reicht. Dort in dem weißen Wagen, fünfzig Meter von ihm entfernt, liegen Flaschen mit dem belebenden Gas, doch was nützt ihm das? Sie sind ihm ebenso
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