TS 15: Der Unheimliche
Die Kugel hatte ihn zwischen die Augen getroffen. Die Pistole entglitt der leblosen Hand und polterte zu Boden. Sie hatte ihren Besitzer schmählich verraten. Die grenzenlose Überraschung, die in Colonel Johns’ letztem Gedanken lag, würde mit ihm in die Ewigkeit eingehen.
Paul stand von seinem Sessel auf. Er schaute nur flüchtig zu der gekrümmt am Boden liegenden Gestalt hinüber. Mit leisen Schritten ging er zu der Verbindungstür, die zu Marthas Appartement führte. Vorsichtig drückte er die Klinke nieder, riß die Tür blitzschnell auf.
„Kommen Sie ‘rein, Slater. Sie haben hier gerade noch gefehlt.“
Slater zögerte, starrte in fassungslosem Erstaunen von dem lebenden Breen zu dem toten Johns hinüber.
„Er ist tot“, versicherte ihm Paul. „Er hat sich selbst erschossen.“
„Sie lügen!“
„Schauen Sie selbst.“
Mit unsicheren Schritten durchquerte Slater das Zimmer, ließ sich auf ein Knie nieder, bemühte sich ängstlich, der Blutlache auszuweichen. Er sah das zerfetzte Gesicht.
„Wie haben Sie das fertiggebracht?“ sagte er schweratmend.
Paul zeigte ein kaltes Lächeln. „Das müßten Sie eigentlich wissen. Sie haben doch Roy und Grennell nach Telekinese gefragt und Carnell mit der gleichen Frage zu mir geschickt. Schauen Sie es sich nur gut an.“ Er deutete mit dem Kopf auf den Toten. „Telekinese.“
„Sie haben ihn sich selbst erschießen lassen?“
„Ich habe bewirkt, daß sich die Pistole herumdrehte. Sie sind als nächster dran.“
„Was?“ Slater war mit einem Satz auf den Beinen und wich ein paar Schritte zurück. „Sie können mich nicht dazu bringen, daß ich mich selbst erschieße!“
Paul gab keine Antwort. Nur in seinen Augen blitzte es auf. Slater folgte dem Blick und starrte mit offenem Mund. Wie von Geisterhand bewegt glitt die Pistole, die der Hand des Colonels entfallen war, über den Hartholzboden. Auf Slater zu. Rutschte ihm vor die Füße. Berührte seinen Schuh. In Slaters Gesicht stand ungläubiges Entsetzen. Er sprang mit einem Satz zurück.
„Telekinese“, sagte Paul barsch.
„Sie fahren noch vor mir zur Hölle!“ Slater griff nach seinem Schulterhalfter. Als seine Hand wieder erschien, hielt sie einen Zwilling der Armeepistole, die am Boden lag. Er hob sie in Augenhöhe, versuchte zu zielen, und sein Gesicht wechselte die Farbe. An seinem Hals quollen die Venen heraus. Er sah, wie sich der Lauf der Pistole herumdrehte. Vergeblich versuchte er es zu verhindern. Er war unfähig, seine Hand zu bewegen, noch seinen Kopf oder seinen Körper.
„Nehmen Sie sie weg!“ flüsterte er heiser und starrte in die Mündung seiner eigenen Pistole.
„Noch nicht – nicht, bis Sie gehört haben, was ich Ihnen zu sagen habe.“
„Ich höre ja! Nehmen Sie sie weg!“
„Nein.“ Paul setzte sich wieder in seinen Sessel und fixierte den Mann mit kalten Blicken. „Ich hasse dramatische Szenen, und ich hasse Intrigen. Was ich zu sagen habe, werde ich so schnell wie möglich sagen. Und dann werden wir dem Ganzen ein Ende machen.“
„Ich will ja zuhören“, jammerte der CIC-Chef verzweifelt.
„Slater, vor Jahren habe ich einmal einen Fehler begangen; Sie, ja Sie, haben all die übrigen gemacht. Ich habe zugelassen, daß ich als das entdeckt wurde, was ich in Ihrer Welt bin: ein Monstrum. Wenn ich älter und verständiger gewesen wäre, hätte ich das um jeden Preis verhindert. Aber ich ließ es zu und kam nach Washington mit dem Vorsatz zu helfen, wie immer ich nur helfen konnte. Sie wußten das und entschlossen sich sofort, mich bis zum letzten auszunutzen. Und dann begannen Sie, Fehler zu machen, die ich Ihnen nie verzeihen werde.
Sie waren es, der an jenem Abend den Gangster in das Haus gegenüber der Botschaft schickte. Sie wollten mich beseitigen, weil Sie herausgefunden hatten, daß ich einem Mann namens Willis auf der Spur war, und weil ich mich von Ihnen nicht kleinkriegen ließ. Aber Ihr Vorhaben mißlang.“ Paul beugte sich vor. „Schon vorher hatten Sie jemand auf mich angesetzt. Karen. Gleich am ersten Abend, als wir im Hotel unsere kleine Party gaben. Später dann, Jahre später, als ich mich mit ihr angefreundet hatte, zwangen Sie sie, einen schriftlichen Bericht über ganz persönliche und private Vorgänge abzugeben. Sie wußten genau, was Sie ihr damit antaten. Das war der zweite Fehler, den ich Ihnen nicht verzeihen kann.
Und dann raubten Sie mir einen Freund nach dem anderen. Peter Conklin schickten Sie nach Rußland. Als
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