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TS 21: Die Überlebenden

TS 21: Die Überlebenden

Titel: TS 21: Die Überlebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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Fluchen – daranging, die Kabel zu flicken. Es hätte schlimmer sein können.
    Wesentlich mehr erschreckte mich die Tatsache, daß ich Gloria zu vergessen begann. Zumindest gelang es mir, den Verlust leichter zu verschmerzen als gestern.
    Ginette hatte ein beachtliches Frühstück vorbereitet. Meine gebratenen Kaninchen und von ihr mitgebrachte Wurst und Brot dienten als Grundlage. Wir fühlten uns wie neugeboren.
    Trotz allem, was seit gestern geschehen war, sah sie heute wieder so aus, als sei sie soeben erst aus einem Pariser Modesalon gekommen. Ein neues Kleid, mehr elegant als zweckmäßig, umhüllte ihre zarten Glieder, in denen wahrhaftig mehr Energie verborgen lag, als man auf den ersten Blick annehmen mochte. Typisch weiblich hatte sie es vorgezogen, in dem zerrissenen Kleid zu schlafen, um das neue zu schonen.
    „In einigen Stunden sind wir in England“, bemerkte ich.
    Mit ihren halb mißtrauischen, halb sarkastischen Blicken musterte sie mich etliche Sekunden, ehe sie antwortete:
    „Das habe ich mir fast gedacht. Warum kommen Sie eigentlich erst jetzt auf den Gedanken, auch nach England zu gehen?“
    Ich beschloß, sie ein wenig einzuweihen.
    „Lange bevor wir uns trafen stand es fest, daß ich nach dort reisen würde. In Rutland wohnt eine Schwester von mir. Was haben Sie übrigens vor, Ginette? Wollen Sie nicht mit mir zusammen bleiben? In Rutland wäre Platz, auch für Sie.“
    Sie zögerte. Unwillkürlich erhielt ich den Eindruck, als wäre sie zwar geneigt, den Vorschlag eingehend zu überlegen, wolle es mir aber nicht zeigen.
    „Nein“, erwiderte sie kurz.
    Ich hob die Schultern, um sie langsam wieder sinken zu lassen.
    „War nur ein Vorschlag, aber die Entscheidung liegt natürlich bei Ihnen. – So, ich denke, es ist Zeit zum Aufbruch.“
    Noch in der Frühe hatte ich das Reserverad gegen den beschädigten Vorderreifen ausgetauscht. Die Zündkabel funktionierten wieder.
    Boulogne sah am frühen Morgen noch schmutziger aus als am Abend zuvor. Die Fähre stand bereit, und wir fuhren geradewegs auf sie hinauf.
    Nach all meinen Befürchtungen und düsteren Ahnungen traf es mich bald wie ein Schlag, daß keine Paßkontrolle stattfand. Ebenso konnte man die Zollkontrolle absolut nicht als solche bezeichnen. Vielleicht arbeitete man aber auch nur nach dem System der Stichproben, und wir hatten eben Glück gehabt. Immerhin, wenn es eine Chance gäbe, daß dieses Verfahren auch auf den Passagen nach Amerika angewandt würde, vielleicht versuchte ich, nach dort zu gelangen.
    Aber England war doch besser, überlegte ich mir. In Amerika würde ich nie meines Lebens sicher sein. Außerdem kann ich nicht behaupten, Amerika zu irgendwelchem Dank verpflichtet zu sein. Ganz im Gegenteil!
    Die Überfahrt war stürmisch und rauh. Wir hielten uns an Deck auf, gegen das Holzgeländer gelehnt, die Reling, wie Ginette mich belehrte. Keiner von uns gab sich die Blöße, in den Wagen zurückkehren zu wollen.
    Der Wind blies uns ins Gesicht und zerzauste die Haare. Wie aus dem Nichts heraus, sagte Ginette plötzlich:
    „Ich überlege mir oft, ob wir die Paggets nicht überschätzen.“
    Entschieden schüttelte ich mit dem Kopf.
    „Was sie uns anhaben können“, fuhr sie unbeirrt fort, und es war, als spräche sie mehr zu sich selbst, „ist und bleibt irgendwie in Grenzen. Auf keinen Fall hätten wir es zulassen dürfen, daß sie uns in das jetzige Chaos stürzten.“
    „Sagen Sie mir, was man dagegen hätte tun sollen, Ginette!“ forderte ich sie auf. „Oder besser: zählen Sie mir auf, wozu die Paggets fähig sind.“
    „Sie töten hier und da einen einzelnen Menschen, unterbrechen die Strom- und Telefonleitungen, zerstören hier und da eine Brücke und erschrecken ängstliche Leute – das ist eigentlich alles.“
    „Sie fressen unsere Nahrungsmittel!“
    „Richtig“, gab sie zu.
    „Allein das ist ernst genug. Es ist allgemein bekannt, daß ein Mensch verhungert, wenn er nicht ißt.“
    „Nun werden Sie nicht auch noch sarkastisch“, schnappte sie wütend, als besitze sie das Vorrecht, sarkastisch sein zu dürfen. „Nehmen Sie einmal an, wir würden unsere Lebensmittel besser bewachen, was bliebe den Paggets dann noch übrig?“
    „Sich so lange zu vermehren, bis wir einfach der Übermacht erliegen.“
    „Dann müssen wir sie eben daran hindern!“
    „Und wie?“
    „Was meinen Sie?“
    „Sagte ich schon! Wie können wir die Paggets daran hindern, sich zu vermehren? Wir kennen keine Seuche, die

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