TS 56: Sternenstaub
leuchtende Tunika glühte auf wie eine Fackel in der Nacht.
„Es ist der Sternenmann“, sagte eine Frauenstimme.
„Ich nahm deine Tochter zum Schwimmen mit“, sagte er, „ich hoffe, es macht nichts aus.“
„Und selbst, wenn es etwas ausmachen würde, was hätte es noch zu bedeuten?“ Ein Baß brummte. Jorun erkannte Kormt. Der Alte mußte hier zu Gast sein. „Was könnten wir jetzt noch dagegen unternehmen?“
„Alter, das ist keine Art, mit einem Herrn zu sprechen!“
„Er ist sehr freundlich gewesen. Möchtest du nicht kommen und mit uns essen, guter Herr?“ Jorun verweigerte zweimal, im Falle, daß es sich nur um höfliche Floskeln handelte, dann nahm er freudig an. Er war die Kost der Gasthäuser müde, in denen er und Zarek wohnten. Er trat ein, bückte sich unter der niedrigen Tür. Es war ein rauchgeschwärzter Raum – Küche, Eßzimmer und Wohnzimmer zugleich. Er war in einer unbeholfenen Eleganz eingerichtet, Eichenvertäfelung mit geschnitzten Ornamenten, gehämmertem Kupfer. Eine unglaublich alte Radiumuhr stand über dem Kamin und eine chemische Flinte hing darüber.
Juliths Eltern – ein ruhiges Handwerkerpaar – führten ihn an das Ende des Holztisches, während ihn ein halbes Dutzend Kinder mit großen Augen beobachtete. Sie schienen die Einzigen zu sein, denen die Auswanderung nichts ausmachte.
Das Essen war reichlich und gut. Sie aßen, was die Höfe produzierten. Es gab sogar Eis und Bier. Als sie fertig waren, wollte Jorun gehen, aber es wäre unhöflich gewesen. Er setzte sich auf einen Stuhl am Feuer, gegenüber Kormt, der eine großkopfige Pfeife stopfte. Schatten huschten über sein zerfurchtes Gesicht, die Augen schimmerten.
„Ich gehe bald mit dir hinunter in die Stadthalle. Das ist der Ort, denke ich, an dem die Registrierung weitergeht?“
„Ja“, sagte Jorun leise, „ich kann Zarek ablösen. Ich würde es begrüßen, wenn du mitkämst. Dein Einfluß ist sehr beruhigend auf die Gemüter.“
„So sollte es sein, ich bin schon seit hundert Jahren ihr Sprecher. Gerlaug, mein Vater, war es vor mir, sein Vater Kormt vor ihm.“
Er nahm einen Ast aus dem Feuer, hielt ihn über die Pfeife und sah ihn aus verwirrten Augen an.
„Wer war dein Großvater?“
„Ich weiß es nicht, ich denke, er lebt noch irgendwo, aber …“
„Ich dachte es. Keine Heirat, keine Familie, kein Heim, keine Tradition.“ Er schüttelte seinen wuchtigen Kopf.
„Ich bedaure euch Galaktiker.“
Jorun holte tief Atem. Der alte Kerl konnte ihn ärgerlich machen.
„Wir haben Aufzeichnungen, die in eine Zeit zurückgehen, noch bevor hier Menschen diesen Planeten verließen. Aufzeichnungen von allem. Du bist es, der vergessen hat.“
Kormt lachte und blies den Rauch in seine Richtung.
„Das ist es nicht, was ich meine.“
„Denkst du, es ist ein Fortschritt für die Menschheit, ein unveränderliches Leben zu führen, starr, gleichförmig von Jahrhundert zu Jahrhundert, ohne neue Träume, ohne neue Triumphe, immer derselbe Kreislauf des Gewöhnlichen? Ich kann dir nicht zustimmen.“
– Einst war Terra das Zentrum des Universums gewesen, aber die lange Wanderung sternwärts nach dem Zusammenbruch des Ersten Empires zog die dynamischen Elemente der Bevölkerung hinweg, die Entwicklung dauerte jahrtausendelang. Die Zeremonien des Familienlebens, die Werte der Volkskunst und der Musik, der Religion waren den Galaktikern in dieser Spanne verlorengegangen. Aber für einen, der zwischen den Sternen flog, war dies eine vorüberhuschende Passage.
Kormts Stimme unterbrach Jorun in der Träumerei.
„Triumphe, Träume, Arbeit, Liebe und Leben, endlich der Tod und langer Schlaf in der Erde, diese Begriffe haben keineswegs die Notwendigkeit in sich, geändert zu werden. Für jedes neugeborene Kind sind sie bestimmend.“
Jorun konnte auf dieses Argument nichts erwidern.
„Schön“, begann er nach einer Weile. „Wie du weißt, wurde uns diese Evakuierung aufgezwungen, wir wollten euch nicht aussiedeln; wir mußten.“
„Oh“, sagte Kormt, „in diesem Punkte wart ihr sehr nett. Es würde uns wahrscheinlich in gewisser Hinsicht weniger schwerfallen, wenn ihr mit Ketten und Gewehren gekommen wärt.“
„In jedem Falle wird es für dein Volk sehr hart sein. Es ist ein Schock, und sie brauchen Führer, die sie durchbringen. Du hast die Pflicht, ihnen zu helfen.“
„Vielleicht.“ Kormt blies Rauchringe auf seinen jüngsten Enkel, dieser krähte vor Freude und kletterte auf seine
Weitere Kostenlose Bücher