TS 75: Einzelgänger des Alls
aus welchem Grund er dies auch immer tun mochte.
Wo war Gardin überhaupt, was trieb er? Er hatte von einem Job gesprochen, aber nichts Näheres darüber verlauten lassen. Was hätte er, Crag, gemacht, wenn er, wie Gardin, knapp bei Kasse gewesen wäre? Hätte er ein eventuelles Angebot Gardins, mit ihm gemeinsame Sache zu machen, angenommen oder ausgeschlagen? Er glaubte Gardin soweit trauen zu können, aber …
Aber er war weit davon entfernt, eine Ausrede für einen neuen Job zu haben. Er besaß noch immer über neun Zehntel dieser halben Million. Ja, eine halbe Million Dollar war ein Haufen Geld, einfach zuviel Geld. Verdammtes Geld, dachte Crag wütend.
Diese Nächte fand er wenig Schlaf, und erst nachdem er sich genug mit Alkohol betäubt hatte, versiegten seine Gedanken in tiefem Schlummer, der dann zumeist von wilden Träumen begleitet war. So auch diesmal. Er wälzte sich im Bett, sah im Traum seine frühere Frau vor sich und stöhnte dabei: „Judeth! Judeth!“ Dann hielt er sie in den Armen, die schönste Frau der Welt, mit golden blitzendem Haar. Und plötzlich, in völlig widersinniger Weise – wie es eben bei Träumen oft der Fall ist –, hielt er eine Tote umklammert und –
Das Telefon läutete.
Er schwang seine Füße über die Bettkante und hob ab. „Hallo?“
„Äh – Mr. Äh. Ein Gespräch für Sie. Eine Dame, die ihren Namen nicht angeben möchte. Sie sagt, es sei sehr wichtig, handle sich um Leben oder Tod. Soll ich …?“
„Verbinden Sie“, verlangte er, ohne lange Fragen zu stellen. In ganz Mars City gab es nur eine Frau, die ihn hier anrufen konnte.
„Ja?“ fragte er.
Er hatte richtig vermutet; es war Bea. Sie sagte: „Ich kann dir meinen Namen nicht nennen, aber du wirst mich erkennen, wenn ich dir sage, daß wir uns im …“
„Ich weiß, wer du bist“, unterbrach er. „Was ist los?“ Er fragte es, obwohl er auch dies ahnte.
„Unser – gemeinsamer Freund befindet sich in einer verteufelten Lage; ich weiß zwar nicht, wie man ihm helfen kann, aber …?“
„Wo bist du jetzt? Aber nenn’ keinen Ort.“
„In unserem Appartement. Aber ich glaube nicht, daß es hier noch sicher sein wird. Am besten verschwinde ich. Kannst du mich im – dort treffen, wo ihr beide einmal mit drei Raumfahrern Mara gespielt habt?“
„Ich bin in zehn Minuten dort“, sagte Crag und hing auf.
Er kleidete sich hastig an und goß kaltes Wasser in sein Gesicht. Sekunden später fühlte er sich wieder frisch und hellwach.
Crag schaffte es bis zur Bar in zehn Minuten, aber Bea war vor ihm da. Sie glitt gerade in ein Separee an der Wand, und Crag durchquerte schnell den Raum. Seine erste Frage lautete:
„Zählen Minuten – oder Sekunden?“
Sie neigte sich nach vorne, und er sah, daß sie geweint hatte. „Ich glaube nicht“, sagte sie. „Nur habe ich keine Ahnung, was du, wenn überhaupt, unternehmen könntest, aber …“
„Einen Augenblick.“ Crag holte Münzen heraus und warf einige davon in den Schlitz eines kleinen Musikautomaten. Er drehte die Lautstärke auf; es war hier zu ruhig, und man mochte ihre Unterhaltung mithören. Die Stimme eines billigen Schlagersängers begann zu plärren. Crag zuckte zusammen, aber er drehte nicht leiser. Er sagte: „Okay, aber mach schnell.“
„Ein Juwelenjob. Bei Curmses im obersten Stockwerk, zehn Häuser hinter …“
„Ich weiß, wo. Erzähl weiter.“
„Er ist eingeschlossen; sie haben einen Kordon um den ganzen Block gezogen und Helikopter über dem Dach. Er muß einen Alarm betätigt haben oder …“
„Ist er allein?“
„Ja, er arbeitet solo. Schon seit zwei Wochen.“
„Und keiner wußte davon – außer dir?“
„Keiner. Er muß über einen Alarm gestolpert sein. Anders ist es einfach nicht möglich …“
„Woher weißt du davon? Ich meine, daß er eingeschlossen ist?“
Sie öffnete ihre Handtasche und nahm etwas heraus, das aussah wie eine etwas zu groß geratene Puderdose. Sie sagte: „Es ist zweibahnig; er trägt das Gegenstück bei sich, nur gleicht es einer Zigarettenpackung.“
„Ich habe es gesehen. Er rief dich damit an, von Curmses?“
„Ja. Es gibt einen Summton von sich, wenn er anruft. Ich habe es immer bei mir, wenn er ein Ding dreht, für den Fall, daß er mich sprechen will oder …“
„Was wollte er von dir? Daß du mich benachrichtigst?“
„Nein, diesmal wollte er überhaupt nichts – nur mir Lebewohl sagen. Er meinte, es wäre hoffnungslos, sie hätten jeden Ausgang blockiert
Weitere Kostenlose Bücher