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TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde

TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde

Titel: TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredric Brown
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einen kräftigen Schluck von der brennenden Flüssigkeit. Er setzte sich auf und fühlte sich schon wohler. Mit einem raschen Blick vergewisserte er sich, daß der Raumer noch da war, und spontan fühlte er sich himmlisch.
    Der junge Mann sagte: „Na, Alter, reißen Sie sich zusammen; wir starten in dreißig Minuten. Bis nach Carthage sind es nur etwa sechs Stunden. Wollen Sie mir Ihr Herz ausschütten, bis Sie wieder auf dem Damm sind? Wollen Sie mir erzählen, was sich alles ereignet hat?“
    Sie saßen im Schatten eines braunen Gestrüpps, und McGarry erzählte ihm alles, was es nur zu erzählen gab. Die Landung, bei der sein Schiff in die Brüche gegangen war … Die fünf Jahre währende Suche nach dem anderen Raumer, von dem er gehört hatte, daß er auf demselben Planeten abgestürzt sei … Die Hoffnung, einige noch intakte Teile vorzufinden, die er für die Reparatur seines eigenen Schiffes brauchte … Die lange, lange Suche … Dorothy, wie sie auf seiner Schulter hockte, wie man zu ihr reden konnte …
    Aber während er sprach, veränderte sich irgendwie das Gesicht von Leutnant Archer. Es wurde noch ernster, noch mitfühlender.
    „Sagen Sie, Alter“, meinte der junge Mann sanft, „welches Jahr schrieb man, als Sie hier landeten?“
    McGarry sah es kommen. Wie soll man sich auch einen Sinn für die Zeitrechnung bewahren – hier auf einem Planeten, dessen Sonne und Jahreszeiten stets gleichblieben? – Auf einem Planeten des ewigen Tages, ewigen Sommers …
    Schwach sagte er: „Ich kam hierher im Jahre 2242. Wie weit habe ich danebengeraten, Leutnant? Wie alt bin ich wirklich – statt dreißig, wie ich dachte?“
    „Wir haben jetzt das Jahr 2272, McGarry. Aber machen Sie sich um Himmels willen keine Sorgen; die Medizin ist ziemlich fortgeschritten. Sie haben noch immer eine ganz schöne Lebensspanne vor sich.“
    „Fünfundfünfzig. Dreißig Jahre!“ Er hauchte es fast.
    Leutnant Archer sah ihn mitleidsvoll an. Er sagte: „Alter, wollen Sie es auf einmal, den ganzen Pack von schlechten Nachrichten? Es gibt so einige. Ich bin kein Psychologe, aber es wäre vielleicht am besten für Sie, es jetzt zu erfahren, und alles auf einmal – jetzt, wo Sie der Tatsache, daß Sie heimkehren, mehr Gewicht beimessen können. Glauben Sie, es zu ertragen, McGarry?“
    Es konnte nichts Schlimmeres geben als das, was er bereits erfahren hatte – nämlich, daß dreißig Jahre seines Lebens hier vergeudet worden waren. Sicher, er konnte auch den Rest ertragen – solange er heim zur Erde kam, zur grünen Erde.
    Er starrte empor in den violetten Himmel, dann auf die rote Sonne und auf die braune Ebene. Ruhig sagte er: „Ich schaffe es, Leutnant. Nur zu.“
    „Sie haben sich wunderbar gehalten, all die dreißig Jahre, McGarry. Sie können Gott danken, daß Sie so fest glaubten, der andere Raumer sei auf Kruger III abgestürzt. Es war nicht Kruger III; es war Kruger IV. Sie hätten ihn hier nie gefunden, aber die Suche hielt Sie, wie Sie sagten – nun, halbwegs bei Vernunft.“ Er machte eine kurze Pause. Seine Stimme war sanft, als er wieder sprach: „Es gibt gar nichts auf Ihrer Schulter, McGarry. Diese Dorothy ist ein Produkt Ihrer Einbildungskraft. Aber das soll Sie nicht weiter beunruhigen; dieser ganz speziellen Illusion haben Sie es wahrscheinlich zu verdanken, daß Sie nicht ganz überschnappten.“
    Langsam legte McGarry die Hand auf seine linke Schulter. Sie berührte – seine Schulter. Nichts anderes.
    Archer sagte: „Mein Gott, es ist kaum zu fassen, daß Sie sonst okay sind, Mann. Dreißig Jahre ganz allein … Es grenzt an ein Wunder. Und sollte diese eine Illusion von Ihnen weiterbestehen, jetzt wo ich Ihnen gesagt habe, daß es eine Illusion ist, kann ein Psychiater auf Carthage oder Mars Sie im Nu davon befreien.“
    McGarry sagte dumpf: „Sie besteht nicht weiter, Leutnant. Jetzt ist sie nicht mehr da. Ich – ich bin mir gar nicht sicher, ob ich jemals an Dorothy glaubte. Ich erschuf sie wahrscheinlich mit der Absicht, zu ihr zu reden, erschuf sie, damit ich bei Verstand blieb. Sie war – sie war wie eine Frauenhand, Leutnant. Oder sagte ich das schon?“
    „Sie sagten es. Wollen Sie jetzt den Rest hören, McGarry?“
    McGarry starrte ihn an. „Den Rest? Was für einen Rest kann es noch geben? Ich bin fünfundfünfzig statt dreißig. Ich habe dreißigJahre damit verbracht, nach einem Raumer zu suchen, den ich niemals gefunden hätte, da er sich auf einem ganz anderen Planeten befindet.

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