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TS 96: Menschen auf fremden Sternen

TS 96: Menschen auf fremden Sternen

Titel: TS 96: Menschen auf fremden Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
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bildeten, und die zwanzig Kinder.
    Alle Dorfbewohner zeigten sich höflich und hilfsbereit. Martin wartete drei Tage, ehe er seine beiden Gefährten holte und mit ihnen zusammen ein Haus baute. Ernie und Bob fanden Gefallen an dem bequemen Leben und wanderten stundenlang herum. Ashley wurde automatisch ihr Führer. Sie hielten seine oft ausgesprochenen Bedenken für übertrieben und kümmerten sich bald nicht mehr darum. Es ging ihnen gut, sie hatten genug Nahrung und brauchten kaum zu arbeiten. Natürlich wollten sie Veränderungen einführen, nicht aus Eigennutz, sondern um den Dorfbewohnern die Vorzüge einer technisierten Lebensart zu zeigen. Die Eingeborenen standen noch ganz am Anfang; selbst das Rad war ihnen noch unbekannt.
    Die Zukunft lag vor ihnen. Sie konnten ihren Gastgebern helfen und sich selber in führende Positionen bringen. Sie ließen sich aber Zeit, um sich erst einmal an die bestehenden Verhältnisse zu gewöhnen.
    Martin Ashley nahm das Leben nicht so leicht. Er mußte immer wieder nachdenken. Wenn seine beiden Gefährten ruhig schliefen, grübelte er. Es gab Dinge, die er nicht begriff, die er einfach nicht verstehen konnte.
     
    *
     
    Der Eingeborene, von dem Martin die Elementarbegriffe der fremden Sprache gelernt hatte, hieß Rondol. Er war ein besonderer Mann im Sozialgefüge des Dorfes, denn er besaß beachtliche Fähigkeiten. Rondol war mitunter etwas aufbrausend und angeberisch, aber er war zweifellos ein sehr guter Lehrer. Ashley sah bald ein, daß sein Lehrer ihm eine vereinfachte Form der Eingeborenensprache beibrachte, um überhaupt erst ein gegenseitiges Verstehen möglich zu machen.
    Das Erkennen dieser Tatsache war ein gehöriger Schock gewesen.
    „Den Rest bringe ich dir bei, wenn du genügend vorbereitet bist“, hatte Rondol erklärt und sich dabei sehr überlegen gebärdet. „Um etwas richtig verstehen zu können, muß man erst die Grundlagen beherrschen.“
    Martin fand seitdem nur selten Schlaf. Es ärgerte ihn, daß er die Kultur der Eingeborenen nicht sofort begreifen lernen sollte.
    Oberflächlich gesehen war diese Kultur sehr unkompliziert. Die Leute nannten sich Nern, was ganz einfach „Menschen“ bedeutete. Die Nern pflanzten eine kartoffelähnliche Frucht an und ernteten sie, wenn die Vorräte knapp wurden. Ab und zu schossen sie hirschähnliche Tiere, die sich aus dem Wald aufs Grasland wagten. Außerdem fischten sie und sammelten wilde Früchte. Die Nern lebten in Monogamie und hatten starke verwandtschaftliche Bindungen. Das Dorf war in zwei Hälften aufgeteilt, die zwei voneinander unabhängige wirtschaftliche Einheiten bildeten. Die Ehepartner wurden stets aus der anderen Gruppe gewählt.
    Beide Geschlechter hatten gleiche Rechte und Pflichten, so daß auch die Frauen Waffen trugen. Es gab einen Häuptling, einen netten Burschen namens Catan, aber dieser Häuptling besaß wenig Autorität. Die wirkliche Macht lag bei einem aus fünf alten Männern und fünf alten Frauen gebildeten Rat. Rondol war eine Art Medizinmann und nur für übernatürliche Dinge zuständig.
    Das alles war nicht ungewöhnlich.
    Die Dorfbewohner betonten ihre Mythologie und hielten sich streng an eigenartige Riten. Alle beteiligten sich an den regelmäßig wiederkehrenden Festen.
    Auch das war verständlich, denn Feste werden überall gefeiert, besonders Erntedankfeste oder Erinnerungen an bedeutende Ereignisse.
    Eines Nachts standen Rondol und Ashley auf dem Platz zwischen den Hütten, die von den flackernden Feuern gespenstisch erhellt wurden. Rondol zeigte zum Himmel. „Du sagst, ihr kommt von dort oben, Martin?“
    Ashley nickte. „Wir sind von dort oben gekommen, von der Erde. Unser Planet gehört zu einer der vielen Sonnen.“
    Rondol lächelte. „Wir nennen die Lichter dort oben die Lagerfeuer des Himmels“, erklärte er. „Unsere Vorfahren und die noch Ungeborenen leben dort. Wir nennen die Sterne unsere Brüder. Sind sie nicht unsere Brüder?“
    Der Wind raschelte durch das Gras und warf Funken auf. Martin blickte zu den Sternen empor. Die Eingeborenen hatten eine eigene Philosophie. Er hielt es nicht für angebracht, ihren Glauben zu stören.
     
    *
     
    Nach zwei Monaten wurden sie aufgefordert, das Dorf zu verlassen. Lange Zeit war alles Treiben im Dorf auf ein bestimmtes Ereignis ausgerichtet gewesen, auf eine Feier, die zwei jungen Mädchen und zwei jungen Männern galt. Die beiden Paare sollten in das Leben der Erwachsenen eintreten und das Lager der Kinder

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