Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Kanalisierung erhöht sich nicht nur die Fließgeschwindigkeit und somit die Gefährlichkeit des Tsunamis, er verhält sich auch in seiner Fließrichtung unvorhersehbar und kann plötzlich von unerwarteter Seite kommen.
Je nach Ausbreitung und Form werden verschiedene Typen von Tsunamis unterschieden:
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Lokale Tsunamis
haben ihren Auslöser nahe bei der Küste. Eine Vorwarnung ist kaum möglich, der Tsunami trifft wenige Minuten nach dem auslösenden Ereignis auf die Küste auf. Lokal kann er enorme Verwüstungen anrichten.
– Bei
regionalen Tsunamis
ist die Ausbreitung weiter als bei rein lokalen Ereignissen; sie bleibt jedoch auch begrenzt.
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Teletsunamis
dagegen pflanzen sich über den gesamten Ozean fort. Ein Schlüsselereignis für die Tsunamiforschung war der Tsunami, der am 22. Mai 1960 auf das Erdbeben von Valdivia («Großes Chile-Erdbeben») folgte. Über 22 Stunden breitete er sich vom Epizentrum an der chilenischen Küste über den gesamten Pazifikraum aus. Sein Verlauf konnte erstmals in der Beobachtung und Messung von Tsunamis Stunde für Stunde genau verfolgt werden (siehe Kapitel 2, S. 67ff.).
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Megatsunamis
sind demgegenüber primär lokale Ereignisse, die aber unter spezifischen Bedingungen Wellen von riesiger Höhe erzeugen. Die erste Welle, die durch eine gewaltige Hangrutschung oder einen Meteoriteneinschlag ausgelöstwird, ist ein Wasserschwall von enormer Höhe; in der Forschung spricht man auch von einem
splash tsunami
. Die charakteristische Wellenserie des Tsunamis folgt diesem ersten Wasserschwall: Stürzt das Wasser zurück in die Bucht oder den Ozean bzw. strömt Wasser in den durch den Wasserschwall entstandenen Freiraum nach (bei einem Meteoriteneinschlag verdampft nämlich der Wasserschwall zum größten Teil in der Atmosphäre), so entsteht ein starker Impuls auf die Wassersäule, der weitere Tsunamiwellen auslöst. Sie sind nicht mehr ganz so hoch, doch noch immer von beeindruckender, tödlicher Höhe. In historischer Zeit wurden Megatsunamis ausschließlich durch Hangrutschungen ausgelöst; Erdbeben sind nach dem aktuellen Stand der Forschung nicht in der Lage, derart hohe Tsunamiwellen zu erzeugen.
Die Auslöser: Erdbeben, Hangrutschungen, Vulkanausbrüche, Meteoriten, Meteotsunamis
Erdbeben. Die überwiegende Zahl aller Tsunamis entsteht durch starke Erdbeben unter dem Ozeanboden. Doch nicht alle Erdbeben lösen Tsunamis aus. Die Geowissenschaften nennen drei Faktoren für «tsunamigene» Erdbeben:
– Die Magnitude (siehe Kasten) des Bebens erreicht mindestens 7,0.
– Das Zentrum liegt in einer Tiefe von weniger als 30 Kilometern unter dem Meeresboden.
– Das Erdbeben erfolgt unter Wasser und führt zu einem vertikalen Versatz des Ozeanbodens (und somit zu einer Verdrängung großer Wassermassen). Je größer dabei die Bruchlinie, desto stärker der Tsunami.
Erdbeben dieser Art entstehen fast ausschließlich in Verbindung mit der Bewegung der tektonischen Platten, und zwar in den sogenannten Subduktionszonen. Hier trifft die Ozeanplatte (Lithosphäre) mit der Kontinentalplatte oder aber mit einer anderen, jüngeren Ozeanplatte zusammen. Durch ihre größere Dichte taucht die Ozeanplatte unter die kontinentale Platte und schiebt sich ins Erdinnere hinab (Subduktion). In diesem Aufeinandertreffenkönnen durch Verhakungen Spannungen entstehen, die sich über viele Jahre hin aufbauen (seismische Phase) und sich schließlich in einem stärkeren Erdbeben entladen. Die Energie, die dadurch schlagartig frei wird, überträgt sich von der quasi hochschnappenden tektonischen Platte auf die Wassersäule: Ein Tsunami entsteht. Derartige Erdbeben
(thrust earthquakes)
sind nicht punktuell, vielmehr kommt es zu langen Bruchlinien, die einen gewaltigen vertikalen Versatz am Meeresboden erzeugen, dieser überträgt sich auf die Wassersäule. Das Erdbeben, das am 26. Dezember 2004 den Sumatra-Andaman-Tsunami auslöste, verteilte sich etwa über eine Fläche von 100.000 Quadratkilometern.
Bei der Magnitude handelt es sich um die sogenannte Momenten-Magnitude M W , deren Werte bei Erdbeben in den Medien meist fälschlicherweise als Magnitude «auf der Richterskala» benannt wird. Die Magnituden der Richterskala sind allerdings nicht dazu geeignet, die Magnitude von größeren Erdbeben zuverlässig wiederzugeben. Ihre Bestimmung (M S ) basiert auf Seismogrammaufzeichnungen von Oberflächenwellen, die relativ nahe am Epizentrum vorgenommen werden. Sie ist daher für
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