TTB 109: Unendlichkeit x 5
steht ... Platen, George. Geboren am dreizehnten Februar 6492. Eltern: Peter und Amy Platen, wohnhaft in ...« Er las nicht weiter.
»Du kannst lesen, George«, sagte der Arzt. »Jetzt ist alles vorbei.«
»Für immer? Kann ich jetzt immer lesen?«
»Selbstverständlich.« Der Arzt schüttelte ihm die Hand. »Du kannst jetzt nach Hause gehen.«
George brauchte fast eine Woche, bis er diese herrliche neue Begabung voll erfaßte. Aber er las seinem Vater, Platen senior, so schwere Sätze vor, daß seine Eltern vor Begeisterung weinten und sämtliche Verwandten anriefen, um ihnen dieses freudige Ereignis mitzuteilen.
*
Mit achtzehn war George nur mittelgroß, aber hager genug, um größer zu wirken. Trevelyan, der kaum zwei Zentimeter kleiner war, hatte einen ungewöhnlich gedrungenen Körperbau, der den Spitznamen »Stubby« noch gerechtfertigter als zuvor erscheinen ließ. Aber in den letzten Jahren war er selbstbewußter geworden und bestand nun darauf, daß jedermann ihn einfach mit seinem Familiennamen anzureden hatte, weil ihm sein wirklicher Vorname ebenfalls mißfiel. Als weiteren Beweis seiner jungen Männlichkeit hatte er sich außerdem einen Schnurrbart stehenlassen, der vorläufig noch kümmerlich genug war.
Jetzt schwitzte er vor Aufregung, und George, der die Entwicklung der Ereignisse mit Gelassenheit betrachtete, machte sich innerlich über ihn lustig.
Sie standen in der gleichen Halle wie vor zehn Jahren, die sie in der Zwischenzeit nicht wieder betreten hatten.
Diesmal war die Halle nicht so gedrängt voll, denn heute waren nur junge Männer anwesend. Die achtzehnjährigen Mädchen versammelten sich an einem anderen Tag.
Trevelyan beugte sich zu George hinüber. »Allmählich habe ich die Warterei gründlich satt.«
»Bürokratie«, antwortete George. »Wahrscheinlich unvermeidlich.«
»Warum spielst du dich eigentlich so verdammt gelassen auf?« wollte Trevelyan wissen.
»Ich mache mir eben keine Sorgen.«
»Menschenskind, du ödest mich wirklich an. Hoffentlich wirst du ein Registrierter Miststreuer, damit ich sehe, was du dann für ein Gesicht machst.« Er sah sich neugierig um.
George ebenfalls. Diesmal wurde ein anderes System verwendet. Sämtliche Anweisungen wurden in Form von Drucksachen ausgeteilt. Die Namen Platen und Trevelyan kamen noch immer ziemlich spät an die Reihe, aber diesmal wußten sie Bescheid.
Junge Männer kamen aus den Erziehungsräumen, sahen sich unsicher um, runzelten die Stirn und gingen dann in das Analysenbüro, wo sie ihre Resultate erfahren würden.
Jeder von ihnen war sofort von einigen Neugierigen umgeben.
»Wie war es?«
»Wie fühlst du dich?«
»Glaubst du, daß du es geschafft hast?«
Die Antworten waren in jedem Fall ausweichend.
George stellte absichtlich keine Fragen. Damit erhöhte man nur seinen Blutdruck. Jeder wußte, daß man die besten Ergebnisse erzielte, wenn man möglichst ruhig blieb.
»Was soll der Unsinn überhaupt?« murmelte Trevelyan aufgebracht. »Zuerst heißt es immer, daß man sich nicht aufregen soll. Aber dann lassen sie einen warten, bis man ganz bestimmt aufgeregt ist.«
»Vielleicht ist das der Zweck der Übung. Wahrscheinlich treffen sie hier bereits eine Vorauswahl. Ruhig Blut, Trevelyan.«
»Halt den Mund.«
George war an der Reihe. Diesmal wurde sein Name nicht aufgerufen, sondern erschien in Leuchtbuchstaben auf einer Anzeigetafel.
Er winkte Trevelyan noch einmal zu. »Immer mit der Ruhe, es wird schon schiefgehen.«
Er war glücklich, als er den Testraum betrat. Richtig glücklich.
Der Mann hinter dem Schreibtisch fragte: »George Platen?«
Einen Augenblick lang fühlte George sich an den anderen Mann vor zehn Jahren erinnert, der die gleiche Frage gestellt hatte. Aber dann sah der Mann auf, und sein Gesicht paßte ganz und gar nicht zu Georges Erinnerungen. Die Nase war knollig, das Haar dünn und strähnig, während das schwabbelige Doppelkinn verriet, daß sein Besitzer eine Abmagerungskur hinter sich hatte.
Der Mann hinter dem Schreibtisch machte eine ungeduldige Handbewegung. »Nun?«
George faßte sich wieder. »Ich bin George Platen, Sir.«
»Dann sagen Sie es gefälligst auch. Mein Name ist Doktor Zachary Antonelli. Wir werden uns in der nächsten Viertelstunde noch näher kennenlernen.«
Er betrachtete einen Filmstreifen, den er gegen das Licht hielt.
George fuhr innerlich zusammen. Er erinnerte sich an den anderen Arzt, der ebenfalls einen Film angestarrt hatte. Konnte es sich
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