Tu dir weh
Schulden abzuzahlen.
Sie geht mit weit aufgerissenen Augen rückwärts, als ob er ihr gesagt hätte, dass er sie töten wolle.
»Du darfst keine Angst haben, dich zu verlieren, dich auszuprobieren ...«
»Ich hab’ mich schon verloren«, unterbricht sie ihn.
Stella spürt den Bauch, der wie ein Herz klopft, und den Schmerz, der den rechten Unterleib durchzuckt.
»Komm heute Abend mit mir, Stella.«
Sie geht weiter zurück, während sie die Hände auf den Bauch drückt, unterhalb des Nabels, um den Schmerz aufzuhalten.
»Nein.«
»Wir nehmen keine Drogen, wir gehen auf eine Party, aber ohne irgendwelche Drogen, ich hab’ aufgehört.«
Hast du das heute nicht schon zu oft gehört?
»Ich nicht.«
Marco wirft ihr einen enttäuschten Blick zu und kniet sich dann vor ihr hin: »Ich bitte dich, Stella, bleib bei mir heute Nacht.«
Gottverdammt, Stella, hau ab.
»Marco, lass mich in Ruhe.«
»Ich bitte dich.«
Sie schüttelt den Kopf und schließt die Augen, wie um sich zu zwingen, nicht nachzugeben.
Dann schaut sie ihn mit katzenartigen, boshaften, falschen Augen an.
Diese Nacht wird die letzte sein.
»Ok, Marco, aber ich will Drogen, und zwar große Mengen.«
DIE LETZTE NACHT
»Der einzige Ort, wo du sie bekommen kannst, ist auf der Party.«
Sie machen sich auf den Weg. Marco hat das Auto direkt hinter dem Park abgestellt bei den Gleisen der Bahnstation Parco Sud. Sie steigen ein, er macht den Motor an, und los geht’s.
Stella presst noch immer die Hände auf den Bauch.
»Was hast du?«
»Nichts.«
Ich muss auf die Toilette, verdammt!
Die Party ist nicht weit entfernt, nach zehn Minuten sind sie schon da. In diesen zehn Minuten – eisiges Schweigen.
Der Fiesta biegt in eine Landstraße ein, kaum ein Licht in der Umgebung. Ein verlassenes Landhaus am Meer bei San Giorgio, wo die Nigerianerinnen auf den Strich gehen. Die Bässe dröhnen zu ihnen herüber. Eine Reihe Autos steht am Straßenrand, zwischen der Straße und den Klippen.
»Jetzt machen wir es so«, sagt Stella angestrengt, ihre Eingeweide grummeln und stechen. »Du gehst da rein, besorgst MDMA, Speed, Ketamin, Trips, keine Ahnung, was auch immer du findest.Dann gehen wir aufs Meer und ziehen uns das Zeug zusammen rein, du und ich.«
»Aber, sorry, ich meine, jetzt, wo wir schon hier sind, lass uns mal die Lage checken, wenn wir eine finden, die ...«
Die Dreier-Nummer kannst du heute vergessen.
»Nein«, unterbricht ihn Stella, »ich will keine Frau heute Nacht, hast du das verstanden? Niemand anderes, nur du, ich und viele Drogen, Exzess, erinnerst du dich? Wir müssen bis an die Grenzen gehen, wir müssen darüber hinaus. Besorg so viel, wie du kannst. Mal sehen, wo uns das hinführt.«
Vielleicht werden wir den Sinn dieser Geschichte begreifen oder uns das Gehirn endgültig wegpusten.
Sie schaut ihn an.
Marcos Nacken hat eine Gänsehaut, als ob das Gewicht dieser Worte ihn erfasst hätte. Sie sieht etwas in seinen Augen, etwas, das es vorher nicht gab oder vielleicht einmal gab und jetzt nicht mehr gibt. Stellas Augen hingegen sind leer, ausdruckslos, vollkommen schwarz.
Sie wirft ihm einen letzten warnenden Blick zu, sie weiß, dass er, egal was passiert, nie durch ihre Augen wird sehen können, und umgekehrt.
Marco steigt unbeholfen aus dem Auto, stößt mit dem Kopf gegen die Autotür, sein Handy fällt auf den Boden. Er hebt es auf.
»Scheiße, es ist ausgegangen.«
Er versucht, es einzuschalten. Nichts. Er versucht, den Akku rauszunehmen und wieder einzulegen. Nichts.
Oh, wie schade, langsam beginnen auch dir, die Dinge zu misslingen.
»Los, beeil dich«, sagt Stella, »sonst ist nachher schon alles weg.«
Marco geht in Richtung der Party.
Stella verspürt noch immer Stiche in der Magengegend. Sie schaut sich um: Hier und da ziehen ein paar Typen im Auto ihre Lines, aber sie sind alle ziemlich weit entfernt.
Sie steigt aus dem Auto. Es geht eine leichte Meeresbrise, die sich in dunklen, abgeschiedenen Gegenden wie dieser schlicht in Kälte verwandelt. Stella hat eine Gänsehaut.
Perfekt, in diesem Fall kann es das Allheilmittel sein.
Sie geht die Leitplanke entlang. Klettert darüber, hebt ihr Kleid und zieht den Slip runter. Schließt die Augen und beißt die Zähne zusammen. Sie presst so fest, dass ihr Kopf rot anläuft.
Komm schon, dann ist diese nervtötende Sache endlich vorbei.
Sie riecht den Gestank von Algen, spürt den Wind auf den Beinen und verkrampft. Sie kann nicht. Dann das Dröhnen eines
Weitere Kostenlose Bücher