Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
der Detektiv und lächelte dabei milde.
„ Also Segelboote liegen ja meistens am Wasser, oder?“
„ Ja, würde ich auch sagen.“
„ An einem See zum Beispiel. Und da befinden sich häufig auch Campingplätze. Ich weiß, dass mir das Fräulein Meyer – die beiden lebten ja in wilder Ehe zusammen, so ganz modern, wie man das zu unserer Zeit noch nicht gemacht hat – also die Meyer hat mal auf dem Flur zu der Studentin von ganz oben, die inzwischen schon wieder ausgezogen ist, der gegenüber hat sie erwähnt, dass sie zu einem Campingplatz führen. Dort könnten sie den Wohnwagen ihrer Eltern benutzen, die einen festen Dauerplatz hätten. Aber das ist nun auch schon eine ganze Weile her …“
„ Wissen Sie noch, wo dieser Platz war? Wurde irgendein Ortsname erwähnt?“
Sie rieb sich mit ihren knorrigen Fingern die Schläfe und schüttelte schließlich mit einer bedauernden Miene den Kopf. „Nein, tut mir leid. Ich erinnere mich einfach nicht mehr.“
„ Haben Sie sonst noch irgendetwas über ihn? Welchen Job er hatte oder …“
„ Der hatte keinen!“, unterbrach ihn die alte Dame sofort. „Allerdings soll er studiert haben und irgendwas Besonderes gewesen sein. Ich weiß auch nicht mehr so genau. Aber viel getrunken hat er, das steht fest. Und dann wurde er laut.“
„ Verstehe.“
„ Und da fällt mir noch etwas ein, weil Sie doch vorhin ein Segelboot erwähnten.“
„ Immer raus damit. Vielleicht kann mir das weiterhelfen.“
„ Sie sollen ja schließlich Ihr Geld von diesem Betrüger kriegen, nur fürchte ich, dass Sie sich da in einer langen Schlange ganz hinten anstellen müssen.“
„ Sie sagten etwas von einem Boot“, erinnerte Berringer sie eine Spur ungeduldiger, als er es eigentlich beabsichtigt hatte.
Sie nickte heftig. „Aber es war ein kleines Boot!“ Mit ihren Händen deutete sie eine Länge von gut achtzig Zentimetern an. „Aber mit Segel drauf. Ein Modell, so sagt man, glaube ich. Gerndorf hat es in die Wohnung getragen, als er einzog. Es ist mir gleich aufgefallen. Aber der Mast war gebrochen. Ich glaub nicht, dass das noch funktioniert hat.“
Er nickte ihr zu und stand auf. „Trotzdem danke für Ihre Mühe.“
„ Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen.“
„ Das denke ich schon. Aber jetzt muss ich dringend weiter.“
„ Ja, so ist das, wenn man jung ist. Keine Ruhe, keine Geduld. Wenn Sie erst mal in mein Alter kommen, dann wissen Sie, dass Sie sowieso bald sterben und dass es deswegen keinen Sinn macht, sich vorher schon für irgendwas umzubringen!“
Berringer fuhr in die Altstadt und aß etwas in einer Snack Bar. Die Pommes waren sehr fettig, und vor allem war das Fett sehr alt, aber im Moment hatte Berringer keine Lust, größere Mühe auf die Suche nach einem besseren Lokal zu verwenden. Also aß er, was angeboten wurde, ließ aber die Hälfte stehen.
Er dachte nach. Zwischen Gerndorf und Severin gab es immerhin schon eine wenn auch sehr lose Verbindung. Beide waren zumindest zeitweise Anhänger der Modellsegelei gewesen, und vielleicht kam man auf diese Weise Gerndorf auf die Spur.
Möglicherweise kannten sich beide, schloss Berringer. Und wie sah dann die Verbindung zu den Geraths aus?
Kurz entschlossen zog Berringer das Handy hervor und wählte Geraths Nummer.
Fehlanzeige. Es meldete sich nur die Mailbox. „Herr Gerath, hier ist Berringer. Ich muss Sie dringend sprechen“, sagte er und hoffte, dass der Unternehmer die Mailbox in nächster Zeit auch abhören würde. „Es geht um einen Mann namens Matthias Gerndorf.“
Berringer unterbrach die Verbindung.
Als er das Handy in der Jackentasche verschwinden ließ, spürten seine Finger das Streichholzbriefchen, das die Gestalt zurückgelassen hatte, der er in der vergangenen Nacht begegnet war.
Kreuzherreneck.
Warum nicht mal in diesem Lokal einen Abend verbringen und sich gleichzeitig nach dem Typen mit der befleckten Kargohose erkundigen. Der Kerl hatte zwar nicht wie einer der Schläger ausgesehen, die Leute wie Ferdinand Commaneci zur Durchsetzung ihrer Interessen auszuschicken pflegten. Aber andererseits glaubte Berringer schon, dass das neugierige Herumlungern dieses jungen Mannes ihm oder dem Fall gegolten hatte.
Verdammt, glaubte er denn wirklich, dass sich alles immer nur um ihn dreht? Oder mit irgendeiner Sache, in deren Zentrum Robert Berringer stand, von manchen auch Berry genannt? Ziemlich abgedreht, so eine Haltung. Das nannte man wohl Zwangshandlung, wenn er die
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