Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
bei Berringer. Sie hatte die Adresse eines ehemaligen führenden Mitarbeiters der Gerndorf GmbH ermitteln können: Dr. Dr. Ingomar Ferenczy – ein Name, der am ganzen Niederrhein wahrscheinlich nur ein einziges Mal vorkam.
„ Ferenczy hat damals im Prozess als Zeuge ausgesagt“, berichtete Vanessa. „Er hat später an der Uni Düsseldorf gelehrt, wie ich im Internet herausfinden konnte. Jetzt ist er in Pension. Er wohnt im Krefelder Stadtteil Hüls. Warte, ich geb dir die Adresse durch. Ich habe übrigens schon mal dort angerufen, um deinen Besuch anzukündigen. Ich hoffe, das war dir recht“
Ingomar Ferenczy bewohnte einen schmucken Bungalow mit Flachdach. Seine Frau führte Berringer ins Wohnzimmer.
„ Mein Mann kommt gleich. Er ist im Keller und bastelt an seinem Modellsegelboot.“
„ Scheint hier in der Gegend ein weit verbreitetes Hobby zu sein“, stellte Berringer fest.
„ Früher hat er sogar an Regatten teilgenommen. Aber heute tut er sich diesen Stress nicht mehr an und betreibt das nur noch zu seinem Vergnügen. Ein Sport für erwachsene Kindsköpfe, wenn Sie mich fragen.“
Frau Ferenczy servierte Berringer einen Kaffee, der so dünn war, dass man das Blümchenmuster im Inneren der Tasse sehen konnte. Berringer war jedoch höflich und trank ihn trotzdem. Schließlich erschien Ingomar Ferenczy, ein stattlicher Mann von Mitte sechzig. Das Haar war schlohweiß, aber noch immer voll, der Bart grau durchwirkt, sein Händedruck war sehr kräftig.
„ Sie sind also ein richtiger Detektiv?“
„ Ja.“
„ Ihre Mitarbeiterin hat bereits angerufen. Eine patente Frau, wie mir scheint.“
„ Ich bin zufrieden mit ihr.“
„ Sie wollen etwas über die Gerndorf-Pleite erfahren, war das richtig?“
„ Ja. Und über die Hintergründe des Patentstreits, der offenbar damit zu tun hatte.“
Ferenczy machte eine wegwerfende Handbewegung. „Der Gerndorf war schon eine tragische Figur. Ich habe noch lange Kontakt zu ihm gehalten, aber irgendwann ist das dann abgerissen. Heute soll er ein ziemlich wunderlicher Kauz sein, der so ziemlich alle sozialen Bindungen hinter sich abgebrochen hat und in seiner eigenen Welt lebt. Aber das weiß ich nur vom Hörensagen. Aus irgendeinem Grund wollte er irgendwann nichts mehr mit mir zu tun haben.“ Er zuckte die breiten Schultern. „Mag der Teufel wissen warum, ich habe ihm nichts getan und ihm auch keine Patente geklaut.“
„ Wie Severin.“
Ferenczys Gesicht wurde ernst. „Ja, wie Severin. Wir waren damals eine junge, aufstrebende Firma. Ich war der Älteste im Team, die anderen deutlich jünger. Das ist so zwanzig Jahre her. Es ging steil bergauf. Die ersten Produkte, die wir auf den Markt brachten, waren Renner. Für die damalige Zeit richtige Hightech-Fasern – heute natürlich Abfall. Der Fortschritt ist rasend geworden, kann ich Ihnen sagen. Gerade auf diesem Gebiet. Wenn Sie da nicht Schritt halten und ständig mit neuen Innovationen auf den Markt kommt, dann gehen Sie unter.“
„ Aber mit der Gerndorf GmbH ist noch etwas anderes schiefgelaufen, nicht wahr?“
Ferenczy nickte. „Severin war der kreative Kopf des Teams. Er hat die Neuerungen vorangetrieben wie kein anderer. Wir haben oft beim Modellsegeln am Elfrather See beieinander gestanden, unsere Boote gelenkt und dabei Ideen ausgetauscht. Sie verstehen, wie ich das meine: Man wirft sich gegenseitig die Bälle zu, und plötzlich ist was Großartiges geboren. So war das damals. Dann wurde Severin abgeworben. Wir hatten gerade ein Projekt beinahe bis zur Patentreife gebracht, aber dann brachte es Avlar Tex heraus, Severins neuer Brötchengeber. Das war natürlich sehr verdächtig, aber die Gerichte sahen das anders. Gerndorf ging mit Pauken und Trompeten unter.“
„ Ist daran wirklich die ganze Firma zugrunde gegangen? Warum hat man nicht etwas Neues entwickelt?“
„ Wir standen vor dem Durchbruch. Die Gerndorf GmbH wäre für Jahre Marktführer in einem ganz speziellen Segment gewesen. Das konnte Matthias einfach nicht verwinden.“
„ Wahrscheinlich hätte er sich besser mit den Gegebenheiten abgefunden“, mischte sich Frau Ferenczy ein. „Dann wäre vielleicht nicht alles den Bach runtergegangen. Aber der Gerndorf, das ist einer, der sich schlecht trennen kann.“
„ Ja, nachdem er Insolvenz anmelden musste, hat ihn seine Frau verlassen. Danach hat er noch ein paar Jahre in einer Seidenstickerei gearbeitet, fragen Sie mich nicht, was genau. Aber es ist nicht so
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