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Turner 01 - Dunkle Schuld

Turner 01 - Dunkle Schuld

Titel: Turner 01 - Dunkle Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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Portemonnaie heraus.
    Der Barkeeper winkte ab. »Geht aufs Haus.«
    »Bist du sicher?«
    »Klar bin ich sicher.«
    »Danke, Kumpel. Weiß es zu schätzen.«
    »Pass auf dich auf, mein Freund.«
    Matrose Sammy wendete den Rollstuhl und segelte rückwärts Richtung Tür, während er auf seiner Panflöte pfiff.

    »Hat seine Pfeife geölt«, meinte Randy trocken zum Barkeeper, als dieser zurückkam, nachdem er die Tür offen gehalten hatte.
    »Das kannst du laut sagen. Bekommt ihr auch noch eins?«
    »Verdammt, warum nicht.«
    Ich nickte.
    Er brachte unsere Drinks.
    »Der Junge kommt jede Woche rein, manchmal Montag, manchmal Dienstag. Trinkt zwei Bier, so, wie ihr’s eben gesehen habt. Kippt sie runter, dann ist er auch schon wieder weg. Kein Schimmer, was das für ein Scheck ist, von dem er immer redet - Wohlfahrt, irgendeine staatliche Unterstützung -, aber er kommt um nichts auf der Welt hier rein, solange sein Scheck nicht da ist. Nicht, dass ich jemals Geld von ihm genommen hätte.«
    »Kennst du ihn?«, fragte Randy.
    »Nicht wirklich. Lebt in einer Garage hinterm Haus von irgendwem, glaube ich. Irgendwo die Fannin Street rauf, ganz in der Nähe der Pioneer. Irgendwo da.«
    »Was ist mit ihm passiert?«, fragte Randy.
    Der Barkeeper zuckte die Achseln, wobei sich die Schultern kurz von der Reihe der billigen Wodkas und Gins auf die der angesagten Scotch-Sorten hoben und wieder senkten.
    »Du hast eine Mitzwa begangen«, sagte ich.
    Der Barkeeper starrte mich an, während Randy breit grinste. In dieser Gegend und in dieser Zeit war der Judaismus ungefähr genau so exotisch wie Artischocken. Ich hätte ebenso gut von Freimaurer-Riten, Alchemie oder den Freuden eines köstlichen Ziegenkäses reden können.

    Die Türen der Lobby schwangen auf, dieses Mal, um eine sechsköpfige Gruppe von Büroangestellten hereinzulassen, in schlecht sitzenden Kleidern und Anzügen, die etwas von einem Joch an sich hatten, steife Kunstfaser-Krawatten, billiger Modeschmuck, abgelaufene Schuhe unter einer dicken Schicht Schuhwichse. Ihre Ausstrahlung breitete sich von einem der hinteren Tische, an dem sie Platz genommen hatten, schnell über den ganzen Raum aus. Als wäre die Zeit angehalten worden, quoll der Tisch plötzlich über vor leeren Flaschen und Gläsern, Zigarettenpäckchen, Handtaschen und Aschenbechern.
    Im Fernsehen wechselten sich die Wrestler Sputnik Malone und Billy Daniels damit ab, sich kunstvoll durch den Ring zu schleudern. Memphis Wrestling war seit Jahren eine Attraktion und zog immer noch Scharen von Menschen an. Es wurde im Lokalfernsehen übertragen; unter der Woche tourten Stars wie Malone und Daniels durch den Mittleren Süden und rangen in Highschool-Sporthallen, Vereinshäusern der American Legion und katholischen Gemeindehäusern.
    Während ich so da saß, fiel mir auf, dass die gute Verkleidung, mit der die Wand verhüllt war, und der schöne Teppich, der den Boden bedeckte, an der Bar aufhörten. Ein unerschlossenes Gebiet mit nacktem Boden dahinter, improvisierten Regalen, an Schranktüren und Schubladen genagelte Holzklötze als Griffe. Kabel baumelten aus Löchern in der Decke.
    Ein Korb mit Käsewürfeln, klein geschnittenen Gewürzgurken und Fleischwurst, alles auf Zahnstocher aufgespießt, tauchte vor uns auf. Ich sah zum Büroangestellten-Tisch
rüber. Drei Körbe dort. Ein weiteres halbes Dutzend auf dem Weg. Die Reste eines Astes von einem Baum beträchtlicher Größe hier bei uns im Raum. Zerstückelt. In feine Streifen zerlegt.
    »Gentlemen?«, fragte der Barkeeper.
    Randy doubelte ihn: »Ein letztes Glas im Gehen?«
    Ich warf einen Blick auf die Uhr - als ob ich irgendwo sein müsste.
    »Klar.«
    Für eine Weile bearbeiteten wir unsere neuen Drinks. Auf das Wrestling folgte eine drittklassige lokale Talentshow, mit einer Ausnahme alle weiblich und zu gleichen Teilen Sängerinnen, Hupfdohlen und Dilettanten, die sich in Schauspielerei versuchten. Der männliche Teilnehmer führte einen Stepptanz vor.
    »Du vertraust mir nicht«, meinte Randy.
    Auf eine nichtssagende Bemerkung zurückgreifend und mich dafür hassend, antwortete ich: »Ich bin mir nicht sicher, ob du dir selber vertraust.«
    »Sind aber zwei Paar Schuhe, findest du nicht?« Unsere Blicke begegneten sich im Spiegel hinter der Theke. »Ich liebe dich, Mann. Das weißt du.«
    Ich nickte.
    Diesen Gedanken nahm ich später mit nach Hause, und eine halbe Stunde später, im heißen Badewasser, nickte ich wieder. Countrymusic

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