Turrinis Jagd: Kriminalroman
Parkplatz vor der Raiffeisenbank der Frau Innenministerin die Hand schüttelt. Wenn doch endlich der ganze Zirkus vorbei wär und er mit ihr in die Bank hineingehen könnt! Zur Sparbuch-Eröffnung. Weil sie zehn Euro einlegen muss. Weil wenn sie bei der Raiffeisenbank St. Anton kein Konto und auch kein Sparbuch hat, dann kann er nicht einmal der Frau Ministerin ein Weltspartag-Geschenk geben. Weil einfach nur so was herschenken, das geht beim besten Willen nicht.
Aber die Freiluft-Feierlichkeiten ziehen sich wie ein Strudelteig. Nach dem Bürgermeister kommen die Volksschulkinder mit Land der Berge dran, und auch die Blasmusik und der Kirchenchor warten noch auf ihren groÃen Auftritt, während der Wimmer Heli Zielscheibe spielen darf.
Die Gucki könnte eigentlich abreiÃen. Hat ja schon ein schönes Foto: Heli und Ministerin beim Händeschütteln. Hat aber so ein unbestimmtes Gefühl, dass irgendwas passieren könnt. Praktisch Journalisten-Jagdinstinkt. Weil eigentlich sollte die Gucki schon längst in der Redaktion in Freistadt sein, weil morgen Allerheiligen ist, da arbeiten die Drucker nix. Ist gleich: Sie muss die Mühlviertler Nachrichten noch heute Nachmittag fertigkriegen.
Gottseidank ist wenigstens die Renate wieder aus dem Urlaub zurück. Nur â die wird heute keine groÃe Hilfe sein, weil sie noch immer ganz im Bann der Lady Di steht. Hat der Gucki heut in der Früh feierlich eine Lady-Di-Puppe überreicht: Lady Di in schwarzen Jeans und schwarzer Lederjacke, wirklich ein liebevoll ausgesuchtes Urlaubs-Mitbringsel! Aber dann hat die Renate auch gleich mit den allertraurigsten Geschichten aus dem traurigen Leben der schönen Prinzessin losgelegt. Wenn es nach der Frau Redaktionssekretärin gehen tät, täten die Mühlviertler Nachrichten diese Woche sowieso nur über die Lady Di schreiben. Immerhin passt die Renate aber jetzt auf den Turrini auf. Der Turrini ist noch dazu ein wirklich ein guter Zuhörer â der Turrini ist stockÂtaub.
Kann sich die Gucki also ungehindert im Menschengewühl vor der Raika bewegen. Und sich sogar mit ihrem Fernglas anschauen, wie der Rammer in die Rettung verfrachtet wird. Weil sie dabei aber ziemlich grinst, dürfen wir ruhig annehmen, dass sich ihr Mitleid mit dem Rammer in Grenzen hält. âZu blöd zum Aufhupfen!â, sowas in der Art wird sie sich denken.
Hat sich aber wirklich ausgezahlt, dass die Gucki noch dageblieben ist: weil wirklich noch was passiert ist. Nein, kein Attentat auf die Innenministerin â so ein Glück hat die Gucki dann auch wieder nicht! Aber immerhin so eine gute Story, dass sie der Gucki eine halbe Seite wert ist.
Das war nämlich so: Wie dann endlich der Kirchenchor drangewesen ist â Meerstern, ich dich grüÃe, o Maria hilf wollte man singen, weil ja die Frau Innenministerin mit Taufnamen Maria heiÃt â, wie also der Kirchenchor drangewesen ist, besser gesagt: drangewesen wäre , hat die Frau Chorleiterin nicht das Zeichen zum Einsatz gegeben, sondern hat sich schluchzend in den Arm der Frau Innenministerin verkrallt. Die Frau Oberstleutnant Punzenberger hat zwar blitzschnell ihre Glock gezogen, aber: Darf man eine 75-jährige Frau im schwarzen Festtags-Dirndl erschieÃen? Noch dazu, wenn sie eine Goldhaube aufhat?
âHochwürdige Frau Minister!â, hat das Fräulein Aistleitner angefangen zu jammern. âMir haben da in St. Anton ein schwarzes Schaf in unserer Mitte. Mehr so ein räuberischer Wolf im Schafspelz! Ein Wolf, der Kreide gefressen hat! Weil reden tut er ja eh fromm, und gegen die ganzen neumodischen Lieder in der Kirchen ist er auch und gegen die Ministrantinnen sowieso und ââ
âMoment!â, hat da die Frau Innenministerin eingeworfen, hat sich ja hint und vorn nicht ausgekannt. âUm was geht es denn überhaupt?â
Hat aber noch eine halbe Ewigkeit gedauert, bis das Fräulein Aistleitner â das Fräulein hat sie betont, mehr noch als das Oberlehrerin in Ruhe, Leiterin des Kirchenchors, Obfrau der Katholischen Frauenbewegung, langjährige Pfarrgemeinderätin â, bis also das Fräulein Aistleitner auf den Punkt gekommen ist.
Der neue polnische Pfarrer â Neu? Na ja, seit einem guten halben Jahr ist er jetzt da â, der polnische Pfarrer halt, der stiehlt wie ein Rabe: eine unersetzliche spätbarocke Monstranz, zwei Messgewänder aus dem 18.
Weitere Kostenlose Bücher