Turrinis Jagd: Kriminalroman
erst aus der Zeitung erfahren hat. Obwohl sie diese geschissene Journalistin 36 Stunden lang verhört hat. Obwohl sie der ihr Haus in St. Anton und die Redaktion der Mühlviertler Nachrichten in Freistadt auf den Kopf gestellt hat. Wie hat man da nur diesen Brief übersehen können? Weil alle Beamten der Kriminalpolizei OberÂösterreich einen Meter 90 groà sind, aber sonst strohdumm.
Und mit sowas soll sie jetzt die Frau Innenministerin beschützen! Da stehen sie auch schon blöd in der Gegend herum, vier Mordstrumm Lackel Männer, und keiner hat ein bisserl ein Hirn! Am allerwenigsten der Rammer. Den kennt sie nur zu gut, weil er ein Jahr lang ihr Vorgesetzter war. Dafür wird er jetzt aber nach Strich und Faden schikaniert!
âNicht anhalten!â, sagt die Frau Oberstleutnant Punzenberger zum Fahrer, wie sie zur Ortstafel von St. Anton kommen, wo schon die Kriminalbeamten warten. âSchrittgeschwindigkeit, aber flott!â
Das hat die Helli bei einem Personenschutz-Kurs gelernt, beim Deutschen Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Drum hat sie ja auch den Puch-Geländewagen bestellt, weil der Trittbretter hat, auf denen vier Beamte stehen können. Und jederzeit herunterspringen und sich auf den Attentäter stürzen. Nur müssen sie es zuerst einmal auf das Trittbrett hinauf schaffen. Unsere vier Kriminalbeamten haben ja geglaubt, der Puch bleibt stehen, und sie können kommod aufsteigen. Müssen sich also erst einmal von ihrer Ãberraschung erholen, bevor sie anfangen zu rennen. Ist dann auch gar nicht so leicht, das Rennen, weil ja St. Anton auf einem Hügel liegt. Sprich: bergauf!
âAufhupfen!â, denkt sich die Gucki, die das alles haargenau mitkriegt. Weil sie zwar oben bei der Raika steht, aber mit einem Fernglas bewaffnet ist. Hat sie sich ausgeborgt, vom Gerri, das ist einer von ihren Nachbarbuben, mit denen sie am Dienstag immer tarockiert. Weil der Gerri neben seiner Leidenschaft für die Tarockkarten auch noch ein leidenschaftlicher Jäger ist. Seine dritte Leidenschaft ist logischerweise der Alkohol. Die kann er dann mit den beiden anderen wirklich gut verbinden.
Die Gucki hat das Fernglas eigentlich nur für den Fall mit, dass wieder ein Heckenschütze auftaucht. So wie heute vor einer Woche, am Friedhof von WindÂgschlief. Trotzdem schaut sie sich jetzt ganz genau an, was sich da unten für ein Drama abspielt: Alle vier Kriminalpolizisten rennen zwar wie wild mit dem Geländewagen mit, aber keiner traut sich übers Aufhupfen drüber.
âAufhupfen!â Diesmal denkt sich die Gucki das nicht, diesmal schreit sie es. Wirklich höchste Zeit! Wenn sie nicht gleich springen, ist es zu spät. Dann haben sie vor lauter Rennen ja für den Sprung gar keine Kraft mehr.
Und wie wenn er die Gucki gehört hätt â schon ist der Erste gesprungen und steht am Trittbrett oben. Jetzt der Zweite â und dann noch der Dritte. Aber was ist mit dem Vierten? Der, der sowieso mehr hinkt als rennt? Der arme Oberstleutnant Rammer, der eigentlich noch mindestens 14 Tage im Krankenstand wär, wenn nicht die Soko Sparefroh jeden Mann brauchen tät?
Um es kurz zu machen: Der Rammer springt auch und landet sogar glücklich am Trittbrett. Wie er aber schon glaubt, er hat es geschafft, kracht er mit der Brust gegen den Puch. Ist gleich: drei gebrochene Rippen gegen feinstes Stahlblech aus der VOEST . Gibt es dem Rammer so einen Stich, dass seine Finger nimmer funktionieren. Kann er sich nicht festhalten, stürzt rücklings vom Trittbrett. Trotzdem sieht man gerade an diesem Fall, dass die Burschen von der Kriminalpolizei Oberösterreich wirklich sportliche Typen sind. Den Purzelbaum rückwärts soll dem Rammer erst einmal einer nachmachen!
Passiert ist eh nicht viel, nur ein Ellbogen und ein Schlüsselbein gebrochen. Und wenn er Glück hat, der Rammer, ist sogar sein Bett im Landeskrankenhaus Freistadt noch frei. Ist ja erst heut in der Früh entlassen worden.
Sicherheitstechnisch ist leider schon was passiert, eine Katastrophe nämlich. Weil die Frau Oberstleutnant Punzenberger natürlich nicht allein mit der Innenministerin im Mühlviertel spazierenfährt, sondern in einem Konvoi: vorn ein Streifenwagen, dann der Puch, dann noch einmal zwei Streifenwagen. Und genau die zwei sind jetzt zusammengekracht. Der erste hat voll gebremst, wie der Rammer heruntergepurzelt ist â das hat man ja kommen
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