Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
unternommen hatte, auf der Karte gezeigt. Er habe das Reisen schon immer geliebt, hatte er gesagt. Er habe schon immer die Welt sehen wollen, den Menschen begegnen, die in ihr lebten. Und die vielen Orte, an denen er gewesen war, hatten ihn gelehrt, dass Menschen in der Lage waren, alle möglichen Arten von normal zu akzeptieren.
Der Rest von Henris Wohnung war spartanisch eingerichtet, aber auf dem Tisch lagen immer Blätter, Notizblöcke und Aktenhefter verstreut, die mich an diejenigen erinnerten, die wir in Nornand gesehen hatten. Diejenigen, die uns Patienten auf Untersuchungsergebnisse und hastig gekritzelte Notizen reduziert hatten. Auf Fortschritt oder Misserfolg. Auf Experimente.
» Peter sagt, die Stadt habe sich wegen dem, was am Lankster Square passiert ist, wieder beruhigt « , sagte Henri. » Aber sie wissen immer noch nicht, wer es getan hat. «
Ich sah ihm in die Augen. » Glaubst du, das werden sie? Es herausfinden, meine ich. «
» Ich bin nicht sicher « , sagte er. Er musste meine Sorge missinterpretiert haben, denn er fuhr mit den Worten fort: » Du brauchst dir deswegen keine Gedanken zu machen, Eva. «
Was hatte Josie noch gleich gesagt? Dass die Regierung die Sache nicht einfach jemandem anhängen würde, weil sie blöd dastehen würden, wenn es sich als falsch herausstellte. Das ergab Sinn. Aber es niemals herauszufinden würde sie ebenfalls dumm aussehen lassen. Ihre einzige Rettung war, die wahren Täter zu finden.
Uns zu finden.
Sie würden uns nicht finden. Die Möglichkeit war zu beängstigend, um auch nur darüber nachzudenken.
» In Übersee « , sagte ich, » haben sie einen Weg gefunden, zum Mond zu fliegen. Haben sie auch einen Weg gefunden, Hybridität zu heilen? Einen, mit dem man nicht den Großteil der Patienten umbringt? «
Henri zögerte. Er nahm sich einen Moment Zeit, darüber nachzudenken, während er bedächtig die Hemdsärmel vom Ellbogen herunterrollte. Es war noch so früh am Morgen, dass Ryan nicht einmal aufgewacht war, aber Henri sah so herausgeputzt aus, als wäre er zu einem netten Abendessen verabredet. Er zog sich immer so gut an, auch wenn er das Gebäude nur selten verließ. » Noch nicht. Es gibt nicht viele Leute, die auf dem Gebiet forschen. Einige meinen, wir sollten mehr Forschung betreiben. Andere meinen, wir sollten damit aufhören. Und wieder andere meinen, wir sollten uns erst gar nicht auf die Hybriden konzentrieren, sondern auf die Menschen, die nicht hybride sind. Einen Weg finden, all die kleinen Kinder zu retten, die sterben, bevor sie ein zweistelliges Alter erreichen. «
All die rezessiven Seelen. Diejenigen, die kein Glück hatten, so wie ich.
» Vielleicht ist es besser, es nicht zu wissen « , sagte ich. » Vielleicht ist die Unwägbarkeit dessen, wer überlebt und wer nicht … warum manche Menschen hybride sind und manche nicht … vielleicht ist es einfach etwas, das wir nicht wissen sollen. «
Henri schwieg einen Moment und studierte mich sorgfältig. Ich kämpfte darum, mich unter seinem Blick nicht zu winden. » Warum sagst du das? « , fragte er.
Ich dachte an Eli und Cal. An Jaime mit seinen gebrochenen Sätzen und der verlorenen Hälfte.
» Zu großes Wissen kann Schreckliches bewirken « , sagte ich.
Einen langen Moment erwiderte Henri nichts. Sein Blick ruhte unentwegt auf unserem Gesicht. Unsere Lippen pressten sich aufeinander.
» Menschen tun schreckliche Dinge « , murmelte Henri. » Wissen ist bloß Wissen. « Er zögerte. » Was wäre, wenn sie ein echtes Heilmittel fänden? Wenn sie nicht einfach eine der Seelen töteten, sondern sie … transferierten? «
, wiederholte Addie.
Ich runzelte die Stirn. » Du meinst, wenn sie mich aus meinem Körper herausnähmen und mich einfach in einen anderen steckten? Das ist unmöglich. Wo sollte man überhaupt einen … einen leeren Körper herbekommen? «
» Ich spekuliere nur « , sagte Henri. » Aber Körper können geschaffen werden. «
» Geschaffen? «
» Ja. Geklont. Mit Tieren hat man es schon gemacht. Da scheint es nur logisch, dass es irgendwann auch mit Menschen möglich sein wird. «
Ich konnte ihn nur immer weiter anstarren.
, echote ich.
Addie erwiderte nichts. Undeutlich war mir bewusst, dass sie ihre Emotionen vor mir verbarg. Aber meine eigenen Gefühle – meine eigenen Gedanken – waren zu verworren, um mich auf ihre konzentrieren zu können.
Aus dem Nichts einen Körper
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