Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
zuschritt, bis sie fast bei uns war.
» Hallo, ihr « , sagte sie zu uns und Devon. Es lag eine beiläufige Wärme in ihrer Stimme, als wären wir uns schon öfter als nur einmal begegnet. » Ich bin froh, dass ihr doch noch kommen konntet. «
» Hm. « Addie bemühte sich gar nicht erst, unsere Stimme anders als dumpf klingen zu lassen.
Der Ausdruck in Sabines Augen verriet, dass sie verstand. Hally brach das unbehagliche Schweigen, das folgte, indem sie sich lächelnd vorstellte. Während die zwei sich unterhielten, warf ich Peter einen weiteren verstohlenen Blick zu. Er saß nach wie vor am Esstisch, tief ins Gespräch mit Henri und Emalia vertieft.
, sagte ich.
Wie konnten wir nach dem, was in Hahns passiert war, von Peter verlangen, ihnen zur Rettung zu eilen?
Trotzdem konnte ich nicht anders, als ungeduldig zu sein. Jeder Tag, an dem wir nichts unternahmen, war ein weiterer Tag, an dem diese Kinder leiden mussten. Wir hatten Nornand überlebt. Wir wussten, wie es war.
Peter fielen unsere heimlichen Blicke nicht auf, aber Henri, der ihm gegenübersaß, sah uns in die Augen. Er lächelte und nickte uns grüßend zu.
Jackson hatte uns Henris Geschichte schon früh erzählt. Ryan und Hally sahen fremd aus, aber Henri war ein wahrhaft Fremder. Er war nicht hier geboren, war nicht in den Americas aufgewachsen, hatte noch nicht einmal Englisch gelernt, ehe er in den Zwanzigern gewesen war.
Peter und er hatten sich vor knapp fünf Jahren kennengelernt, als Peter seine erste Reise nach Übersee unternahm. Henri, der damals noch ein Neuling als Journalist war, hatte aus erster Hand von einem abgeschotteten Land erfahren, das seit Jahrzehnten nur wenige betreten oder verlassen hatten, seit den ersten paar Jahren der Großen Kriege. Die zwei hielten ihre geheime Korrespondenz selbst nach Peters Rückkehr in die Americas weiter aufrecht. Und ein paar Monate zuvor hatte Henri dann selbst die Reise hierher unternommen.
Ich konnte mir die Gefahr, in die er sich begeben hatte, kaum vorstellen. Sich in ein Land zu stehlen, das ihn hasste, wo der dunkle Schimmer seiner Haut und der fremde Zungenschlag in seinen Worten ihn so leicht verraten konnten. Letzteres war das eigentliche Problem. In den Americas gab es durchaus Menschen, die so aussahen wie Henri – sehr viel mehr, tatsächlich, als Menschen, die so aussahen wie Ryan und Lissa. Aber niemand sprach so wie Henri. Er konnte den Mund nicht aufmachen, ohne die Täuschung auffliegen zu lassen.
Henri war nicht einmal hybride. Und trotzdem war er den weiten Weg über den Ozean gekommen, um den Versuch zu unternehmen, uns zu helfen. Addie und ich hatten die Entwürfe seiner Artikel gesehen. Seiten, gefüllt mit seltsamen Buchstabenfolgen, manche davon mit komischen Akzentuierungen – extra Markierungen, wo keine hingehörten. Französisch, hatte Henri erklärt und uns ein wenig vorgelesen, die Silben tanzten und flossen ineinander.
In einigen Teilen der Americas wurde einst Französisch gesprochen, besonders weit oben im Norden. Aber andere Sprachen als Englisch waren offiziell ausgemerzt worden, bevor Addie und ich geboren wurden.
» Wie oft gehen Peters Pläne dermaßen schief? « , fragte Devon plötzlich. Er sah ebenfalls zum Esstisch hinüber.
Hally seufzte. » Devon. «
» Nicht oft « , erwiderte Sabine. » Er ist extrem akribisch. «
» Peter weiß, was er tut. « Hally warf Sabine einen Blick zu, als suche sie Bestätigung bei ihr. » Er macht das schon seit Jahren. «
» Fast fünf inzwischen. « Sabine lächelte, nur ein wenig. » Ich gehörte zu der ersten Gruppe, die er je befreit hat – genau wie Christoph. «
» Eine lange Zeit « , sagte Devon.
Eine lange Zeit, um frei zu sein und dennoch nicht wirklich frei.
Sabine und Devon musterten einander wie zwei Statuen in Lauerstellung. Devon war ein paar Zentimeter größer, aber irgendwie gelang es Sabine, es aussehen zu lassen, als wären sie genau auf Augenhöhe.
» Ja « , sagte sie schließlich. Und während ich diesem einen Wort lauschte, vernahm ich die langen, zitternden Echos eines jeden einzelnen dieser fünf Jahre.
Kapitel 6
Addie und ich lagen in jener Nacht immer noch wach, in Gedanken an Hahns und Nornand und sterbende Kinder versunken, als die Albträume Kitty heimsuchten.
Anfangs war es nur eine Unruhe, die ihre Glieder erfasste. Die Unfähigkeit, still zu liegen. Dann stieß sie einen Laut aus –
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