Twin Souls - Die Rebellin: Band 2 (German Edition)
Kontrolle, wandte den Blick ab und bemerkte, dass Nina uns anstarrte.
Das kleine Mädchen runzelte die Stirn. » Geht es dir gut, Addie? «
Als sie das hörten, drehten Peter und Emalia sich natürlich ebenfalls zu uns um.
» Ja « , sagte Addie schnell und täuschte ein Husten vor. Sie sah allen in die Augen, lächelte dabei und zählte stumm einundzwanzig, zweiundzwanzig, ehe sie unseren Kopf senkte und sich einen Bissen des Abendessens in den Mund schob. Sie wurde immer besser im Lügen. Oder vielleicht war sie schon immer gut darin gewesen. Immerhin hatte sie unsere Eltern drei Jahre lang angelogen. » Mir geht es gut. Ich habe mich nur verschluckt. «
» Du musst dir wegen Jenson keine Sorgen machen, Addie. « Peters Stimme war fürsorglich. » Er ist nur ein Mann. «
» Ich weiß « , erwiderte Addie.
Peter hatte in gewisser Weise recht. Jenson war nur ein Mann, ein Mensch aus Fleisch und Blut. Aber er war ein Mann, der Macht über unser Leben besaß. Macht sorgte dafür, dass eine Person mehr war als nur eine Person.
» Steht er der Kommission schon lange vor? « , fragte Addie.
Peter legte seine Gabel hin. Alle hatten aufgegeben, so zu tun, als würden sie essen, selbst Nina. » Ein paar Jahre. Früher war er der Leiter einer einzelnen Anstalt, ein bisschen so wie Daniel Conivent. « Er blickte kurz zu Emalia, dann zurück zu uns. » Emalia hat erzählt, du hättest dich mit Sabine angefreundet. «
Versuchte er, das Thema zu wechseln? Es sah Peter gar nicht ähnlich, so offensichtlich zu sein, so unbeholfen mit Worten. Aber Addie zuckte bloß mit den Achseln. Ich hatte ihr von unserem Gespräch mit Sophie am Abend des LOX -Coups erzählt. » Mehr oder weniger. «
Peter nickte. » Sabine und Christoph kennen Jenson aus der Zeit, bevor er Leiter der Kommission wurde. Er war der Direktor ihrer Anstalt. «
, sagte ich.
Aber Addie war ganz still geworden, so als hätte sie sich bis jetzt nicht mehr daran erinnert.
» Ich glaube nicht, dass Sabine mitbekommen hat, dass Jenson hier ist « , sagte Peter mit ruhiger Stimme. » Es gibt keinen Grund, sie mit der Nachricht zu beunruhigen, einverstanden? «
Ich wusste, er wollte nur nett sein und uns nicht bevormunden, aber ich konnte mir trotzdem nicht helfen, ich war aufgebracht.
» Hm, ist gut « , murmelte Addie. Sie war mit den Gedanken woanders; das merkte ich. Aber sie bot mir keine Erklärung.
Schweigen senkte sich über den Tisch, drückend und undurchdringlich. Peter nahm seine Gabel wieder auf, starrte aber bloß den Teller an. Emalia suchte kurz unseren Blick, wandte ihn dann jedoch wieder ab. Nina schob ihr Essen auf dem Teller herum und säbelte es in immer kleinere Stückchen. Es war wie die reinste Parodie eines Familienessens, nichts war so, wie es hätte sein sollen. Ich hatte plötzlich so großes Heimweh, dass es körperlich wehtat.
Ich wollte meine Familie wiederhaben. Ich wollte die Familie, die ich gehabt hatte, bevor Mr Conivent gekommen war, um uns mitzunehmen.
Nein. Ich wollte die Familie, die ich gehabt hatte, bevor Addie und ich zehn Jahre alt geworden waren. Bevor wir sechs geworden waren. Bevor unsere Eltern begonnen hatten, sich Sorgen zu machen. Bevor Untersuchungen und Krankenhausbesuche und Medikamente und Beratungslehrer alles verändert hatten.
Ich wollte eine Familie, an die ich mich kaum noch erinnern konnte, die zur Hälfte ein Traum war.
» Ich habe übrigens eine sichere Möglichkeit aufgetan, deine Filme zu entwickeln « , sagte Emalia ein wenig zu fröhlich. Sie lächelte Nina zu. » In ein paar Tagen wird es erledigt sein. «
Addie senkte unseren Kopf und aß weiter. Es löste in mir das merkwürdige Gefühl aus, selbst nach so vielen Minuten immer noch in jenem desorientierten Zustand festzustecken, als sei ich gerade erst in einer mir fremden Welt aufgewacht.
Addie sagte, es sei nur fair, wenn ich den Rest des Abends für mich hätte, da ich ihr den Nachmittag überlassen hatte. Ehrlich gesagt interessierte mich das in diesem Moment überhaupt nicht. Ich verspürte nicht den dringenden Wunsch, allein zu sein. Aber Addie verschwand und überließ mich meinen Gedanken.
Jenson war in Anchoit.
Das Plakat von Jaime war immer noch unter unserer Matratze versteckt. Ich zog es hervor, strich Jaimes zerknittertes Gesicht glatt. Wusste Jenson, dass Jaime hier war? War er deshalb früher eingetroffen?
Was würde er
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