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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Bilton
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langen Holztisch verbrachten. Mittendrin waren Noah, Jack, Crystal und die Übrigen, die bald unzertrennliche Freunde wurden. Manchmal gingen sie gemeinsam zu Konzerten oder sahen sich im Kino ausländische Filme an. Sie besuchten Weinlokale und Kellerbars, unternahmen lange Spaziergänge und kurze Fahrradtouren. Sie waren beste Freunde, zogen gern zusammen durch die Clubs, tranken Sake aus Pappschachteln und tanzten bis tief in die Nacht zu Musik, die sich anhörte wie ein Faxgerät.
    Manchmal gab es zwar Überschneidungen zwischen diesen Grüppchen, wenn etwa Noah zu Evs Partys ging oder Ev mit Noah ein Bier trank, aber meist blieben sie für sich. Sie ahnten noch nicht, dass sie zunehmend in Turbulenzen und Chaos geraten sollten und letztlich die Hälfte der Odeo-Besatzung über Bord gehen würde.

Status
    »Ich glaube, ich gehe von Odeo weg«, sagte Jack, als Noah am Rand der Valencia Street hielt. Der Regen prasselte so heftig gegen die Autoscheiben, dass es klang, als prallten eimerweise Murmeln gegen das Glas. Als der Wagen zum Stehen kam, war die Straße menschenleer. Das bläuliche Licht der Stereoanlage erinnerte sie daran, dass es 2:00 Uhr in der Nacht war und sie in einigen Stunden nach zu wenig Schlaf mit dem üblichen schweren Kater aufwachen würden.
    Es war Ende Februar 2006, und ein weiterer langer Abend, den sie mit Tanzen, Wodka, Red Bull und ausgedehnten Gesprächen über Liebe, Verlust und Einsamkeit verbracht hatten, neigte sich dem Ende zu.
    Noahs Beziehung zu seiner Frau Erin drohte zu zerbrechen. Sie war Anwältin, er Künstler: Sie hatten völlig unterschiedliche Einstellungen zum Leben. Die Grundlagen ihrer Ehe stürzten in sich zusammen, und er hatte Jack erzählt, wie einsam und traurig er war. Jack konnte das nachempfinden. Er hatte zwar Freunde in San Francisco, fühlte sich aber ebenfalls verloren, war teils Punk, teils Rocker, teils Tüftler, träumte vom Segeln und hoffte, dass Crystal sich doch noch in ihn verlieben würde. Oder dass er seine Computerarbeit ganz aufgeben könnte.
    »Und was willst du dann machen?«, fragte Noah und schaute auf die leere Straße. Sein Atem stank nach Wodka.
    »Ich gebe das Programmieren auf und werde Modedesigner«, sagte Jack. »Außerdem ist Odeo ein einziger Murks.« Keiner der Mitarbeiter benutzte den Dienst, stellte Jack fest.
    Noah seufzte, da er dem nichts entgegenhalten konnte. Er hatte seine Leute zu bewegen versucht, Odeo mehr zu nutzen, und hatte Evs altes beigefarbenes Sofa mitten in den Raum gestellt, damit die Mitarbeiter Plattitüden in ein Mikrofon sprachen. Aber die Mikros standen unbeachtet da, Relikte der Vergangenheit in einer Firma, die die Zukunft neu zu erfinden versuchte.
    Jacks Feststellung, dass die Firma ein einziger Murks war, reichte weit über die traurige Realität hinaus, dass keiner der Odeo-Mitarbeiter den Dienst nutzte, den sie aufbauten. Es gab noch weitaus größere Probleme.
    Zum einen hatten sich die Spannungen zwischen Ev und Noah verschärft. Mehrmals waren die persönlichen Konflikte zwischen den beiden so hochgekocht und im Büro explodiert, dass alle es mitbekommen hatten.
    »Ich müsste diese verdammte Firma leiten«, hatte Noah mehr als einmal Ev vor Angestellten angebrüllt. »Ich würde es viel besser machen als du! Du hast doch keine Ahnung, was du tust.« Ev hatte in seiner konfliktscheuen Art nur dagestanden, den Ausbruch über sich ergehen lassen und versucht, seinen aufbrausenden Mitbegründer durch sein Schweigen zu beruhigen, aber häufig hatte Noah nur weiter mit einer seiner Tiraden auf ihn eingedroschen. Auch die Investoren waren verunsichert und wussten nicht recht, wer die Firma eigentlich leitete, der häufig abwesende Ev oder der launische Noah. Sie befürchteten, ihre bei Odeo investierten 5 Millionen Dollar für den Aufbau einer Internetseite, die sich zum Knotenpunkt für Podcasts im Netz hatte entwickeln sollen, würden den Start-up-Bach hinuntergehen.
    Das Einzige, worauf Noah und Ev sich in den vergangenen Monaten hatten einigen können, war der Umzug in ein neues, großes Büro im Erdgeschoss des Gebäudes South Park 164, unmittelbar am Park.
    Aber die Streitigkeiten der beiden Firmengründer waren nur ein Aspekt des Odeo-Dramas. Ein weiterer war die anarchistische Kultur, die Odeo vom ersten Tag an geprägt hatte, was besonders den für die Programmierung der Webseite eingestellten Hackernzu verdanken war. Rabble und Blaine hießen im Büro nur »die Anarchos«, ein Spitzname, dem

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