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Tyrann Aus Der Tiefe

Tyrann Aus Der Tiefe

Titel: Tyrann Aus Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewachsen.«
    Behutsam löste ich ihre Hände von meinem Nacken, schob sie auf Armeslänge von mir und versuchte zu lächeln. »Die anderen hatten vielleicht nicht die gleichen Möglichkeiten wie ich«, sagte ich leise. »Du hast gesehen, was geschah, als der Unsichtbare uns angegriffen hat. Ich habe Mittel und Wege, mich zu wehren, über die Donhill nichts weiß.«
    »Aber das war etwas anderes!«, sagte Priscylla verzweifelt. »Du hast es selbst gesagt – es waren nicht deine Kräfte, die dieses Wesen besiegten. Woher willst du wissen, dass sie dir wieder helfen?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Ich kann nur hoffen, dass mir mein Vater auch diesmal hilft.«
    »Und wenn er es nicht tut?«
    »Dann«, antwortete ich nach einer winzigen Pause, »sterben wir alle, Priscylla.«
    Es war noch dunkler geworden, während wir zum Stadtzentrum zurückgegangen waren. Die Wolken hingen wie eine kompakte Wand über dem Ort und verschluckten das Licht von Mond und Sternen vollends. Trotzdem war der halbrunde, an einer Seite abgeflachte Platz im Herzen der Stadt beinahe taghell erleuchtet. Ein Kreis mannshoher, hellauf brennender Holzstapel war rings um den ungepflasterten Platz errichtet worden, und ein Großteil der Männer und Frauen, die sich in seinem Inneren aufhielten, trugen blakende Fackeln, deren Licht die Nacht mit flackernder roter Glut erhellten.
    Es war ein bizarrer Anblick. Es mussten drei-, wenn nicht vierhundert Menschen sein, die sich auf dem Marktplatz versammelt hatten, viel mehr, als ich überhaupt geglaubt hatte, dass Goldspie Einwohner hatte; Männer, Frauen, ja, selbst Kinder. Sie waren fast alle einheitlich gekleidet, in die gleichen, einfachen braunen Umhänge, wie sie auch Priscylla und wir trugen. Ihre Gesichter waren unter den hochgeschlagenen Kapuzen nicht zu erkennen. Und trotzdem spürte ich die Furcht, die wie eine erstickende unsichtbare Wolke über dem Platz hing. Diese Menschen waren nicht aus freiem Willen hier, sondern weil man sie dazu gezwungen hatte.
    »Diese Bestien«, stöhnte Bannermann. Ich warf ihm einen raschen, warnenden Blick zu, legte die Hand auf seinen Unterarm und schüttelte unmerklich den Kopf. Ich konnte seinen Zorn verstehen; nur zu gut. Die Bewohner Goldspies waren nicht allein auf dem Platz. Im Zentrum des weit auseinandergezogenen Kreises, den die braunen Kapuzenmäntel bildeten, waren drei hölzerne Podeste errichtet worden, kniehohe, roh zusammengezimmerte Sockel, auf denen eine Art Bock aus armdicken Balken stand.
    Und an jeden von ihnen war ein Mann gefesselt.
    »Alle drei«, murmelte Bannermann. »Diese Schweine haben alle drei erwischt. Diese verdammten …« Seine Stimme versagte.
    »Beruhigen Sie sich, Bannermann«, flüsterte ich. »Wir müssen vor allem einen klaren Kopf behalten. Ein Fehler, und wir stehen neben ihnen.«
    Bannermann starrte mich an. In seinen Augen blitzte es auf, aber er sagte nichts, sondern wandte mit einem Ruck wieder den Kopf und blickte auf den Platz hinaus.
    Priscylla hatte uns auf Umwegen hierhergeführt. Wir hatten den Marktplatz in weitem Bogen umgangen und uns von der gegenüberliegenden, flussabgewandten Seite genähert, sodass zwischen uns und den ersten Männern und Frauen gute dreißig Schritte lagen. Zudem standen wir im Schatten eines Hauses und waren so gut wie unsichtbar.
    Aber auch so gut wie hilflos. Selbst wenn wir mehr als nur zwei und bewaffnet gewesen wären, hätten wir nicht viel für die drei unglücklichen Matrosen tun können. Der Anblick der stumm dastehenden, vermummten Schar hatte die letzten Zweifel an Priscyllas Worten in mir beseitigt. Donhill schien tatsächlich der unumschränkte Herrscher der ganzen Ortschaft zu sein.
    »Ich brauche eine Waffe«, murmelte Bannermann. »Ein Gewehr.« Er fuhr herum und deutete mit einer fordernden Geste auf Priscylla. »Ein Gewehr«, wiederholte er. »Hast du so etwas?«
    Priscylla schüttelte verwirrt den Kopf. »Nein«, sagte sie. »Und selbst wenn …«
    »Wäre es sinnlos«, unterbrach ich sie. »Seien Sie vernünftig, Bannermann. Mit Gewalt richten wir hier gar nichts aus.«
    »Wie dann?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Ich kann nur versuchen, die Bestie aufzuhalten. Vielleicht hilft mir mein Vater noch einmal.« Ich wandte mich an Priscylla. »Wie lange wird es noch dauern?«
    »Nicht mehr lange«, antwortete sie nach kurzem Überlegen. »Die Trommeln haben aufgehört.«
    Der dumpfe, rhythmische Klang, der uns auf dem Weg hierher wie das Pochen eines

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