Über Alle Grenzen
an, gab uns die große Lehrer als Schützer-Einweihung und malte jedem den ersten Buchstaben seines Namens, ein tibetisches “KA”, auf die Stirn. Jeden Tag konnten wir ihm nahe sein, und er ließ seine Linienhalter Einweihungen geben. Sogar den jüngsten Rinpoches wurde angeordnet, die gerade erst gelernten Texte vorzulesen.
Durch die Kronzeremonien übertrug Karmapa täglich seine unmittelbare Erfahrung der Erleuchtung.
Er gab Belehrungen, das Bodhisattva-Versprechen und weihte uns in unsere besondere Schützerin Weißer Schirm und in den 2. Karmapa, Karma Pakshi, ein. Karma Pakshi sagte zu seinen Lebzeiten voraus, dass er später in zwei menschlichen Körpern wiedergeboren würde. Neben Karmapa würde sein erleuchteter Geist auch als Shamarpa erscheinen. Karmapa und Shamarpa wurden in Tibet der Karmapa mit der Schwarzen Krone (Karmapa) und der Karmapa mit der Roten Krone (Shamarpa) genannt. Sie wurden, wie Sonne und Mond, als Einheit gesehen.
Der höchste Linienhalter, Künzig Shamarpa, gab die Einweihung in den roten Buddha des Grenzenlosen Lichtes , dessen Ausstrahlung er ist, und von Gyaltsab Rinpoche bekamen wir von seinem Bett aus den Kraftbuddha Diamant in der Hand und eines späten Abends auch Diamantdolch. Jamgön Kongtrul Rinpoche gab uns Weisheitsbuddha auf dem Löwen, und schließlich erklärte Thrangu Rinpoche die Meditation auf den 8. Karmapa.
Shamarpa, Gyaltsab Rinpoche, Jamgön Kongtrul Rinpoche
Die Gruppe reiste weiter nach Nepal, aber Karmapa bat Hannah und mich zu bleiben. Etwas sehr Wichtiges war in Entwicklung. Ein amerikanischer Schüler hatte dem bekannten Verwirklicher Urgyen Tulku in Kathmandu einen riesigen Tempel gebaut, und Karmapa sollte ihn einweihen. Wir sollten sie fahren. Vier oder fünf Jeeps und ein Lastwagen standen zur Verfügung. Einige der Fahrzeuge, Geschenke des großzügigen bhutanesischen Königs, waren neu, der Rest war reiner Schrott. Hannah bekam einen Nissan-Militärjeep mit Thrangu Rinpoche und Sister Palmo als Beifahrern und ich den ältesten und kaputtesten Landrover des Himalaya. Mit mir fuhr auch Karmapas Diener, der die Schwarze Krone um seinen Bauch gebunden hatte. Die Fahrzeuge waren mit den Menschen aus Rumtek und dem Gepäck völlig überfüllt. Spannend wurde es auf Anhieb! Karmapas nagelneuer Jeep fuhr einfach drauflos, alle anderen mussten folgen, so gut es eben ging. Die Straße - ein indisches Projekt - war gerade fertig gebaut, aber schon ausbesserungsbedürftig, und man hatte die Brücken vergessen. Zehnmal mussten wir uns gegenseitig durch die Flüsse ziehen; die Fahrt hätte für viele Abenteuer-Kampagnen aus der Werbung Stoff abgegeben. Doch wir schafften es irgendwie, weder Einheimische noch ihre Kühe oder Hühner als Kühlerschmuck mitzunehmen. Auf einem Pass angekommen, hatten wir eine atemberaubende Aussicht auf die verschneite Himalaya-Kette im Norden über das Kathmandu-Tal hinweg. Karmapa ließ alle anhalten, und während wir um ihn herumstanden, nannte er uns die tibetischen Namen der Schneegipfel über Hunderte von Kilometern auf beiden Seiten des Mount Everest. Er enthüllte auch, welche Buddhas von jedem einzelnen Gipfel aus in die Welt strahlen, wo sich die Kraftfelder von Höchste Freude , Langlebensdame und anderen wichtigen Formen gesammelt haben. Es war ein unvergleichliches Erlebnis, dies von jemandem zu hören, der einfach nur beschrieb, was er sah. Niemals waren wir dem alten Tibet näher.
Der König des Mahamudra
Kurz danach geschah etwas, worüber man noch heute in Rumtek redet. Es hätte mir mit Leichtigkeit einen Platz neben Mao Tse Tung in den Geschichtsbüchern der Kagyü-Linie verschaffen können und noch fünfhundert Wiedergeburten als Maulwurf dazu. Die Bremsen des Landrovers waren - sogar nach indischen Maßstäben - von Anfang an schlecht. Außerdem war es oft nicht möglich, die Gänge herunterzuschalten, und die Handbremse hatte sowieso noch nie getaugt. Als wir die Vorberge in Richtung Kathmandu hinunterrollten, fiel auch die Fußbremse aus. Und das alles mit Karmapas Krone an meiner Seite! Wir schlitterten mit zunehmender Geschwindigkeit durch die Kurven, bis ich endlich einen Kieshaufen fand, den Straßenarbeiter hinterlassen hatten. Mit einem Arm vor Karmapas Diener, um die Krone zu schützen, fuhr ich in ihn hinein. Der Schaden am Landrover war nicht groß, aber die Tibeter fanden diesen Zwischenfall sehr dramatisch. Über meinen ersten Kommentar “Das Auto ist schlecht, aber der Segen ist groß”
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