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Ueber den Himmel hinaus - Roman

Ueber den Himmel hinaus - Roman

Titel: Ueber den Himmel hinaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Freeman
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es dort eine
kleine Aussichtsplattform, die aus der Felswand hinausragte. Dies war eine der wenigen mit einem Geländer versehenen Stellen, allerdings war es kürzlich durch einen Steinschlag beschädigt worden. In der Zeitung war erst neulich berichtet worden, die Bürger seien empört darüber, dass die Instandsetzung so lange dauerte. Also scheuchte Lena ihre wenig begeisterte Cousine hinaus, über die High Street und hinter den Sportplätzen der Schule vorbei zum südlichen Ende des Spazierweges entlang der Steilküste.
    Bald setzte ein feiner Nieselregen ein, und Sofi sagte: »Vielleicht sollten wir lieber umkehren.« Ihre Stimme war über dem Pfeifen des eisigen Windes und der tosenden Brandung kaum zu hören.
    »Nein, nein.« Lena fragte sich, ob sie von Creedy beobachtet wurden. »Ich muss noch ein Stück gehen. Ich brauche die Meeresluft.«
    »Lena, du benimmst dich seltsam. Du hast nicht geschlafen, du bist noch immer betrunken. Oder schon wieder. Ist das etwa alles wegen Nikita? Weil du dich schuldig fühlst?«
    Lena marschierte einfach weiter, sodass Sofi gezwungen war, ihr zu folgen.
    »Ich habe dir verziehen. Nikita wird wieder gesund, und mir geht es im Augenblick richtig gut. Ich weiß, ich habe mich dir gegenüber sehr feindselig verhalten, aber ich war wütend und hatte Angst.«
    Lena wusste, sie musste etwas sagen, aber sie konnte sich nur mit Mühe auf die Unterhaltung konzentrieren. »Du hast dich nicht feindselig verhalten; du hast reagiert, wie eine Mutter es in einem solchen Fall eben tut.« Sie verstummte.
    Sofi ergriff ihre Hand und drückte sie. »Ich wusste, du
würdest mich verstehen. Hör mal, ich kann nicht so schnell. Wollen wir uns kurz hinsetzen und ein wenig ausruhen?« Sie deutete auf eine Parkbank etwas abseits, in Richtung Straße.
    »Ausruhen?«
    »Nur ein paar Minuten.«
    Wenn Creedy sah, dass sie sich setzten, würde er womöglich annehmen, dass Lena es nicht fertiggebracht hatte. Würde er sich schnurstracks auf den Weg zu Wendy machen oder ihr noch eine Chance geben? Sofi war bereits auf die Bank zugegangen und war im Begriff, Platz zu nehmen, da lief Lena los und packte sie am Arm. »Nein, wir müssen weiter.«
    »Lena …«
    »Bitte. Bitte, komm weiter.«
    Als Sofi die Stirn runzelte, wurde Lena unruhig. Ihr war klar, dass sie mit ihrem eigenartigen Benehmen Sofis Misstrauen weckte.
    »Gut, dann nehmen wir eben die nächste Bank. Lass uns in Richtung Norden gehen, zurück zu dir, sonst habe ich nicht mehr genügend Energie für den Rückweg.«
    Lena wusste, für Sofi würde es keinen Rückweg geben, aber das konnte sie ihr nicht sagen.
    »Einverstanden«, presste sie hervor. »Solange wir noch etwas gehen. Ich fühle mich so benommen. Ich muss dringend wieder einen klaren Kopf bekommen.«
    »Schon gut«, sagte Sofi leise und legte Lena den Arm um die Taille. »Keine Sorge, es wird alles gut. Ich bin bloß … Ehrlich gesagt bin ich so müde, weil ich schwanger bin.«
    Lena stockte das Blut in den Adern.
    Sofi lachte und fuhr fort, so leise, dass Lena es kaum hören konnte: »Ach, da hatte ich mir vorgenommen, es niemandem
zu erzählen, und jetzt habe ich es doch ausgeplaudert.«
    In diesem Augenblick traf Lena die unter den gegebenen Umständen einzig mögliche Entscheidung: Sie musste sich mit Sofi in die Tiefe stürzen. Wie sollte sie weiterleben in dem Bewusstsein, nicht nur ihre Cousine, sondern auch ein ungeborenes Kind ermordet zu haben?

KAPITEL 54
    Nachdem Sam gegangen war, blieb Natalja noch ein paar Minuten stehen und verfolgte, an das Denkmal gelehnt, das Spiel der Wellen. Der Nieselregen ließ nach, doch die Luft war feucht und salzig. In einiger Entfernung von ihr stand ein Mann mit einer schwarzen Baseballkappe auf dem Kopf. Es kam ihr so vor, als würde er sie anstarren. Sie tat, als würde sie es nicht bemerken. Sie war an aufdringliche Blicke gewöhnt. Vielleicht hatte er A Home in the Soul gesehen.
    Sie wandte sich zum Gehen. Der Mann war näher gekommen. Täuschte sie sich, oder marschierte er geradewegs auf sie zu? Seltsam. Sie bekam eine Gänsehaut. Machte sich fluchtbereit.
    »Natalja«, rief er.
    Erst jetzt, zu spät, erkannte sie ihn. Roy Creedy. Den düsteren Wolken zum Trotz sah sie plötzlich alles in einem surreal grellen Licht, wie in einem Albtraum. Erinnerungsfetzen zogen an ihrem geistigen Auge vorbei. Seine herrische Arroganz, sein offensichtlicher Hass auf Frauen, sein grausamer Sinn für Humor, seine Vorliebe für Pornografie
und Gewalt.

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