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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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das er brauchte, um da draußen zu bestehen.
    Olaf atmete aus, senkte seinen Ton. „Du kannst das“, versprach er ihm. „Konzentriere dich auf deine Prüfungen, auf das, was ich gesagt habe. Dann wird alles gut werden.“
    „Ich liebe dich“, antwortete Christian schlicht und Olafs Herz setzte für einen Moment aus. Wie konnte der Junge so etwas sagen, wie konnte er so freimütig über etwas derart Privates sprechen. Doch noch eher er sich’s versah, antwortete er ihm.
    „Und ich liebe dich.“ Die Worte entschlüpften seinem Mund und er konnte sie nicht mehr zurücknehmen. Und mit einem Mal wollte er dies auch nicht mehr.
    Weil sie die Wahrheit sprachen, weil es das war, was er fühlte, und er konnte es nicht mehr leugnen. Nicht vor sich selbst.
    *
    Hannibal hieß Olaf vorbeizukommen, nachdem die Ergebnisse feststanden. Er bat ihn in sein Konferenzzimmer, ließ ihm nur einen kurzen Augenblick, um seine Mutter und seinen Bruder zu begrüßen.
    Christian strahlte und Olaf hätte sich gerne gesagt, dass dem aufgrund seines Eintreffens so war, doch er wusste auch, dass es wohl mehr mit Christians Zensuren zusammenhing.
    Hannibal schloss die schwere, hölzerne Tür hinter ihnen und winkte im zur Hausbar.
    Er schenkte sich und Olaf gut ein, reichte dem Sohn dann sein Glas.
    „Also, du hast dein Versprechen gehalten“, sagte er zu Olaf. „Ich hätte es auch nicht anders erwartet.“ Um seine Mundwinkel zuckte es.
    Olaf nahm sein Glas in Empfang und hob es an die Lippen.
    Hannibal tat es ihm gleich und nahm einen kräftigen Schluck, während Olaf lediglich abwartete, seinen Vater beobachtete.
    Dieser schob die freie Hand in seine Hosentasche und wandte sich zu Olaf um.
    „Unnötig zu sagen, dass er mich überrascht. Christian hat tatsächlich einen akzeptablen Durchschnitt erreicht und zeigt sich zudem aufgeschlossen, was ein Studium und eine zukünftige Position in der Firma angeht.“
    Unwillkürlich atmete Olaf auf, hatte er doch insgeheim befürchtet, dass ihn der Eigensinn seines Bruders vor härtere Verhandlungen stellte.
    Hannibal räusperte sich. „Und wie abgemacht, bin ich nun auch aufgeschlossen gegenüber gewissen Möglichkeiten, die seine Zukunft betreffen.“
    Olaf wartete.
    „Allerdings werde ich mich in diesem Zusammenhang auch deiner uneingeschränkten Loyalität versichern müssen.“
    Olaf zog die Augenbrauen hoch. „Was soll das heißen?“
    Hannibal nahm einen weiteren Schluck, bevor er seinem Sohn in die Augen sah.
    „Du weißt vieles über die Firma“, bemerkte er dann. „Noch lange nicht alles jedoch, wie ich zugebe.“
    Olaf runzelte die Stirn. „Es gibt keine Schwierigkeiten in der Geschäftsstelle.“
    Hannibal lächelte leicht. „Das weiß ich doch. Glaubst du etwa, dass ich nicht jeden deiner Schritte im Auge behalte.“
    Olaf sah auf sein Glas herunter, entschied sich dann doch, einen Schluck zu trinken, sei es auch nur, um dem prüfenden Blick seines Vaters zu entgehen.
    Nicht dass es ihm half, denn als er aufsah traf Olaf auf das amüsierte Augenrollen Hannibals. Dass er ihm nichts vormachen konnte, war kein Geheimnis.
    Olaf schluckte sein Unbehagen hinunter und bemühte sich, das Gespräch wieder in Gang zu bekommen.
    „Es geht nicht um die Geschäftsstelle“, fuhr Hannibal fort. „Es geht um den umfassenderen Blick, um die Einsichten, die dir bislang noch verwehrt blieben.“
    Olaf sah ihn fragend an, schüttelte dann den Kopf. „Ich weiß wirklich nicht, was du meinst.“
    Hannibal fuhr sich durch das kurze Haar.
    „Das Gebiet, in dem ich Christians ins Spiel bringen würde, beinhaltet einige heikle Punkte. Themen, die nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt sind.“
    „Was für ein Gebiet sollte das sein?“, fragte Olaf und Hannibal nickte, als hätte er die Frage erwartet.
    „Jura“, antwortete er entschlossen. „Was wir in Zukunft wirklich nötig haben werden, ist ein Firmenanwalt, dem wir vertrauen können. Und in dieser Sache zähle ich auf dich.“
    Olaf war noch dabei, die Vorstellung Christians als Jurist zu erwägen, horchte dennoch auf.
    „Ich verstehe nicht, was ich damit zu tun haben sollte.“
    „Nun…“ Hannibal sah ihn mit geneigtem Kopf und prüfendem Blick an. „Offensichtlich zählt deine Meinung für Christian mehr als die von irgendjemand anderem, inklusive seiner Eltern, Lehrer oder Vorgesetzten. Das heißt, wenn wir uns – betrachtet man ein paar Vorgänge in der Firma – in einer moralischen Grauzone bewegen, dann wird

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