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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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zumindest bis Olaf das Notwendige arrangiert hatte, doch die Aufregung ihres jüngeren Sohnes ließ die halbherzig vorgetragenen Einwände unberücksichtigt.
    Zudem fühlte Olaf sich seltsam aufgeregt und bemüßigt, die Ungeduld Christians zu unterstützen, als er die Vorteile darlegte, die sich ihm boten, je besser er sich an die Stadt gewöhnt hätte, bevor er seine Ausbildung antrat.
    Hannibal sagte kaum etwas. Hin und wieder musterte er Olaf aufmerksam und dieser bemühte sich, ihm zu verstehen zu geben, dass er bestmöglich kooperierte.
    Doch Christians Freude und Begeisterung konnte er sich kaum entziehen und als dieser sich entschuldigte, um seine Sachen zu packen, damit er ihn am nächsten Morgen begleiten konnte, gelang es Olaf nicht, das Strahlen in ihm zu unterdrücken.
    Als er sich erheben wollte, gesellte Hannibal sich zu ihm und zog ihn zu einem weiteren Gespräch beiseite.
    Er legte Olaf seinen Arm auf die Schulter und lehnte sich zu ihm vor.
    Olaf roch den Alkohol und den Rauch in Hannibals Atem, blieb stehen und wartete ab.
    „Ich meine das ernst, dass du für sein Verhalten verantwortlich bist“, sagte Hannibal rau. „Was sich bisher noch als Jugendsünden verbuchen ließ, ist mit Christians Volljährigkeit inakzeptabel geworden.“
    Er lehnte sich näher zu Olaf. „Bring ihm bei, sich diskret zu verhalten, sich zu verstellen!“
    Olaf blickte auf, traf den Blick der zusammengekniffenen Augen. „Du weißt, was ich meine. Es wird Zeit, dass er es lernt… wirklich lernt.“
    Olafs Mund klappte auf, ohne dass er sich dessen bewusst wurde und er sah seinen Vater an, während ihm der Atem stockte.
    Hannibal löste den Blick nicht und so blieb Olaf nichts anderes übrig, als stumm zu nicken.
    *
    Er sah Christian an diesem Abend nicht wieder. Und als hätte der Jüngere die mahnende Stimme seines Vaters vernommen, als fürchte er zu riskieren, was gerade erst gewonnen, so blieb er auch in der Nacht fern von Olaf, unternahm keine Anstalten, diesen aufzusuchen.
    Olaf wälzte sich schlaflos in den Kissen. Halb hoffte er, halb fürchtete er, dass Christian sich in sein Zimmer schlich, dass er ebenso wie Olaf, das Bedürfnis verspürte, zu reden, sich zu berühren, sich wieder kennenzulernen.
    Doch Christian kam nicht und Olaf wagte es nicht, mit seinem peinlich erregten Glied umzugehen.
    Nicht hier, nicht wenn die Nacht Versprechungen hielt, die sich nie erfüllen würden. Nicht, solange ihn nur wenige Wände von seinem Bruder trennten.
    Und vielleicht bestand ja auch die Möglichkeit, dass Christian sich entwickelt hatte, dass er mit seinen 18 Jahren gelernt hatte, sich altersgemäß zu verhalten. Dass er darüber hinweg war.
    Olaf sagte sich selbst, dass er sich darüber freuen sollte, doch ein Teil von ihm blieb enttäuscht, ein Teil von ihm redete sich ein, dass Christian lediglich und ebenso wie er, die Chance nicht verspielen wollte, die sie erhielten.
    *
    Übernächtigt und erschöpft wachte er auf, nachdem er kurz vor dem Morgengrauen doch noch in einen leichten und unbefriedigenden Schlummer gefallen war.
    Sein Vater rief ihn ein letztes Mal zu sich und er unterzeichnete die Papiere, die er ihm vorlegte, ohne diese mehr als oberflächlich zu überfliegen, nahm die Kopie an sich, die dieser ihm reichte, nickte als Hannibal ihm mehr ankündigte und atmete erleichtert auf, wie so unzählige Male zuvor, als er das Haus verließ.
    Hannibal war nicht mehr zu sehen und Helena winkte ihm mit einer behandschuhten Hand durch das Fenster, auch wenn Olaf nicht sicher war, ob der Gruß ihm galt, oder Christian, der bereits im Auto saß.
    „Hast du dich verabschiedet?“, fragte Olaf den Jüngeren und nickte in Richtung ihrer Mutter.
    „Habe ich“, beeilte sich Christian zu versichern. „Es war eine rührende Szene. Du hättest geweint.“
    „Quatschkopf!“ Olaf grinste und fühlte sich versucht, dem Bruder eine Kopfnuss zu verpassen.
    Er hielt sich zurück, nur allzu überzeugt von der Notwendigkeit, jeden körperlichen Kontakt auf ein Mindestmaß einzuschränken.
    Olaf schwor sich, dass ihm sein Vorhaben gelinge.
    Kontrolle war alles und der ‚Nimbus‘ wartete auf ihn, sollte diese doch anfangen zu bröckeln.
    ‚Nimbus‘ bedeutete für Olaf nun die Möglichkeit loszulassen, die Notwendigkeit loslassen zu können, und dies nur aus einem Grund, nur zu dem einen Zweck:
    Dass er sich kontrollieren konnte, sobald es darauf ankam. In Momenten, wie dem jetzigen, in den Augenblicken mit Christian.
    Und

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