Ueber den Horizont hinaus - Band 1
hatte, einen Sinn. Zum ersten Mal konnte er den schmalen Grad zwischen behördlich genehmigten Aktivitäten und dem Bereich der Illegalität übertreten, einen einsamen Tanz aufführen.
Seine Konten aufzulösen, war ein Kinderspiel. Die Papiere und Namen zu ändern, und die Wege zu verschleiern, die er ging, kaum schwieriger.
Und als er im Flugzeug saß, die Strecke, die sie des Nachts auf der Erde zurückgelegt hatten, nun in Windeseile und in entgegengesetzter Richtung durchquerte, den bereitgestellten Wagen aufheulen ließ, da wusste Olaf auch, dass dies das letzte Mal sein sollte, dass er diesen Weg nahm.
Es war ihm, als wartete Hannibal auf ihn, war, als hätte er in dieser Ecke des Arbeitszimmers gestanden, seitdem Olaf und sein Bruder aufgebrochen waren.
„Was willst du?“, fragte der Vater und seine Augen versuchten den Sohn zu durchbohren. Doch hatten sie jede Macht über ihn verloren.
Jeder Einfluss, den Hannibal stets auf Olaf ausgeübt hatte, war vergangen und vergessen.
„Ich weiß, was du denkst“, sagte Olaf. „Und ich werde es nicht zulassen.“
Hannibal hob sein Glas an die Lippen, doch er trank nicht.
„Du glaubst vielleicht, etwas zu wissen“, schnappte er.
„Ich weiß, dass du mein Kind willst“, rief Olaf lauter als beabsichtigt. „Aber ich werde dafür sorgen, dass du es nicht bekommst – niemals.“
Hannibal schnaubte. „Mach dich nicht lächerlich. Das ist mein Enkelsohn.“
Olaf kam näher – drohend. „Ich werde nicht zulassen, dass du meinem Kind das antust, was du Chris angetan hast.“
Hannibal lachte. „Was er glaubt, dass ich ihm angetan habe. Der Junge hat echte Probleme und sollte sich auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen.“
Olaf hob die Hand. „Ich will das nicht hören. Bleib einfach fern von Carola.“
„Und wenn nicht?“ Hannibal grinste böse. „Was willst du tun? Du brauchst mich, du hast mich immer gebraucht. Glaub nur nicht, das wäre jetzt etwas Anderes.“
Olaf schluckte. Heißer Ärger wallte in ihm auf. „Ich warne dich“, sagte er leise.
Hannibal kam näher, lehnte sich vor zu ihm, hauchte Olaf seinen stinkenden Atem ins Gesicht.
„Du kannst gar nichts gegen mich ausrichten, Olaf“, flüsterte er. „Du bist schwach. Du hast immer getan, was ich dir gesagt habe. Und so wird es bleiben.“
Er richtete sich wieder auf. „Wenn ich dein Kind will – und ich werde es wollen, wenn du mich weiter enttäuscht – dann bekomme ich es. Es ist lediglich eine Frage des Preises und dass Carola käuflich ist, wissen wir beide.“
Olaf sah rot. „Das wird nicht passieren!“
Er stieß die Worte hervor wie einen Schrei. „Niemals wird das geschehen.“
Und in seiner überquellenden Wut, schlug er dem Vater das Glas aus der Hand, das auf den Boden knallte und in Scherben zersprang.
Hannibal ballte seine Faust und rammte sie Olaf ins Gesicht, der gerade noch ausweichen konnte, lediglich von den Knöcheln an der Schläfe gestreift wurde, und stolperte.
Aus den Augenwinkeln sah er zu, wie Hannibal das Gleichgewicht verlor, stürzte, mit dem Kopf gegen die Tischkante fiel und schwer zu Boden sackte.
Bevor Olaf wusste, wie ihm geschah, brannte die Flamme des Hasses hellauf in ihm und er warf sich auf den Vater, schlug erneut zu, hämmerte seinen Kopf gegen den harten Boden des Parketts.
Eine Blutlache bildete sich unter ihm und Olaf keuchte, bemerkte erst jetzt die Leblosigkeit des Körpers unter ihm.
Hannibal rührte sich nicht mehr, und als Olaf sich zu ihm niederbeugte, sah er die tiefe Wunde, welche die Tischkante geschlagen hatte.
Mit zitternden Fingern fühlte er nach der Halsschlagader, fühlte nach dem Puls, der nicht mehr vorhanden war.
Tote Augen starrten zu ihm hoch.
Rasche Schritte erklangen hinter ihm.
„Was ist passiert?“
Olaf drehte sich zu seiner Mutter um. „Er ist tot“, sagte er fassungslos.
Ihre Augen weiteten sich und für einen Moment fiel ihm die Ähnlichkeit mit den dunklen Augen Christians auf.
„Es… es war ein Unfall“, sagte sie schließlich. „Er… ist gestürzt.“
Olaf stand auf, ging an ihr vorbei, doch sie griff nach seinem Arm. „Was… was wird aus mir?“
Olaf schüttelte sie ab. „Nimm sein Geld, nimm sein Erbe und vergiss Christian und mich.“
„Was soll das bedeuten?“ Helenas Stimme erklang als Vorwurf.
Für einen Moment blieb Olaf stehen. „Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Du hast es gewusst. Du hast zugesehen und nichts gesagt… du hast ihm nicht
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