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Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Ueber den Horizont hinaus - Band 1

Titel: Ueber den Horizont hinaus - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Lenz
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welches durch die Betätigung der Pedalen von Dreirädern ausgelöst wurde. Zwei Kinder strampelten näher, bremsten, als sie ihn sahen, starrten ihn mit großen Augen an.
    Er bemühte sich um ein Lächeln. Kinder auch noch, die waren so gar nicht seins. Wenn er darüber nachdächte, käme er noch auf den Gedanken, dass er im Grunde Angst vor ihnen empfände. Was keineswegs der Fall war, aber ganz und gar nicht.
    Andererseits, und gerade die, die ihn so anstarrten wie die Ankömmlinge, besaßen möglicherweise Fähigkeiten, die er sich nicht ausmalen wollte. Das Geheimnis in diesen großen Augen konnte alles verbergen, von den telekinetischen Fähigkeiten der Protagonisten einschlägiger Horrorfilme, bis zu dem Talent, in seine Seele zu sehen, und seine finsteren Absichten zu erkennen. Er räusperte sich nervös.
    Eduard sprach in einer ihm fremden Sprache zu ihnen, doch sie reagierten nicht.
    Vincent öffnete den Mund, doch wollte ihm nichts einfallen, was Sinn ergäbe.
    Eduard drehte sich zu ihm um. "Sie sind schüchtern, sagte er entschuldigend. "Eigentlich bringe ich nie jemanden mit."
    Vincent lächelte und nickte. Einer der Kleinen sagte etwas zu Eduard und – Himmel, nun sah es Vincent deutlich - das war Röte in seinen Wangen, bevor er den Kopf schüttelte.
    "Was hat er gesagt?", fragte Vincent ohne nachzudenken.
    "Ach nichts." Eduard schüttelte wieder den Kopf, senkte den Blick. "Er hat gefragt, ob wir verliebt sind."
    Ja, Eduard war tatsächlich rot geworden, und Vincent befürchtete, dass seine eigene Haut ebenfalls einen dunkleren Ton angenommmen habe, der nichts mit Sonnenbräune zu tun hatte.
    "Kinder", murmelte er und Eduard nickte, lächelte wieder, wenngleich er immer noch verlegen wirkte.
    "Momentan haben sie so eine Phase", erklärte er. "Kürzlich hat mein Cousin geheiratet und nun versuchen sie, jeden, den sie sehen, unter die Haube zu bringen."
    Vincent lachte. "Aber mit mir? Ich meine - unter diese Haube?"
    Eduard kräuselte die Nase. "Genau die", antwortete er. "Sie ... sie wissen, dass ich schwul bin. Und sie wissen, dass ich auf helle Augen stehe."
    Vincent räusperte sich. Ihm wurde heißer als eigentlich möglich. "Aber von mir wissen sie das nicht", versuchte er schwach, einen Ausweg zu finden.
    Eduard sah ihn neugierig an und dessen Nervosität schwand, Vincent war sich sicher.
    "Sie raten einfach", sagte Eduard schließlich. "Und immerhin ist das jedermanns Privatangelegenheit."
    Vincent nickte, wenngleich aus irgendeinem Grund nicht unbedingt erleichtert.
    Der andere Junge ließ einen Wortschwall los und Eduard winkte abwehrend.
    "Was?", fragte Vincent wieder.
    Eduard drehte sich zu ihm um, zuckte mit den Schultern. "Tut mir leid, jetzt wollen sie dich mit meiner Cousine verkuppeln. Ich sage ja, es ist nichts dabei."
    Um Vincents Lippen zuckte es.
    "Also wenn ich die Wahl hätte ..." Schnell brach er ab und plötzlich stand Eduard einen Schritt näher vor ihm. "Wenn du die Wahl hättest?", fragte er und es glomm etwas wie Herausforderung in seinen Augen.
    "Ähm, nichts." Vincent sah rasch zur Seite. Nie im Leben würde er zugeben, dass er Eduard jeder Alternative, die ihm in den Sinn käme, vorzöge. Jedem Filmstar, jedem Unterwäschemodel, soviel war sicher. Und genauso sicher, dass dieser Gedanke kreuzdämlich war. Ganz davon abgesehen, dass es sich bei Vincent nicht um den leichtfertigen Typ handelte, der, wie es ihm in den Sinn kam, hübsche Einheimische vernaschte. Wenn er wirklich einen vergleichbaren Schritt in Erwägung zog, dann ernsthaft. Mit allen Konsequenzen, mit allem Drum und Dran. Vor allem mit dem deprimierenden Ende, das ihm inzwischen unvermeidlich erschien. Das er anzog wie das Licht die Motte.
    Nein, auf gar keinen Fall ließe er sich auf etwas ein, das ihm dann nächtelange Kopf- und Herzschmerzen bereitete, wenn er wieder in seiner Zweizimmerwohnung zwischen Pflichten und Aufgaben aufgerieben wurde.
    Dieser Urlaub sollte schließlich so ganz anders sein, die reine Erholung, der Traum vom Süden und von nichts sonst. Es war eine Schande, dass er diesen Plan von Anfang an und in Eigeninitiative gründlich sabotiert hatte.
    Andererseits - war es nicht genau das, was er immer tat? Als hege er eine Vorliebe dafür, unglücklich zu sein. Als fühle er sich nur wohl, sobald er an allem etwas auszusetzen hatte. So schön es aussehen mochte, so sehr er es sich auch gewünscht hatte. Oder auch gerade deshalb. Es sähe ihm ähnlich. Erklärte zudem einiges, wofür es im

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