Ueber den Tod hinaus
nirgends mehr zu entdecken. Worüber die Halbvampirin nicht ganz unglücklich war .
All dies erfaßte Lilith mit einem raschen Blick, eher beiläufig. Ihr Hauptaugenmerk galt . den anderen! Denn sie war nicht allein hier.
Sie sah Max Beaderstadt und seinen Vasallen Fitzpatrick McNee, daneben einen jungen Mann, in dem sie Beaderstadts Sohn Armand vermutete, und ein Mädchen, etwas jünger noch als Beaderstadt junior, knapp über Zwanzig, höchstens.
Janice Ordway? Gut möglich, nach allem, was Lilith mitbekommen hatte. Was längst nicht bedeutete, daß irgend etwas davon auch Sinn machte!
»Oh, unser Gast weilt auch geistig wieder unter uns! Wie schön.« Max Beaderstadt klatschte in die Hände und kam auf Lilith zu. Sie hatten sie, als sie bewußtlos gewesen war, kurzerhand auf eine Bank gesetzt.
»Schätze, Sie schulden mir eine Menge Erklärungen«, schnauzte Lilith unwirsch und stand auf.
Beaderstadts Lächeln drückte Bedauern aus. »Ich fürchte, unser Plauderstündchen ist längst vorüber. Wären wir nicht gestört worden, hätte ich Ihnen mehr erzählen können, aber so -« Er breitete die Arme aus. »Jetzt stehen andere Dinge an, wichtigere, und ich wäre ein Lügner, würde ich sagen, daß es mir leid tut. Dazu habe ich zu lange darauf gewartet.«
»Worauf?«
»Auf Sie, meine Liebe. Auf Ihr ... Erscheinen.«
Lilith konnte nicht länger an sich halten. Und sie sah auch keinen Grund dazu.
Mit einem Schritt war sie bei Beaderstadt. Ihre Hand drehte sich in seinen Hemdkragen und hätte ihm eigentlich die Luft abschnüren müssen, aber er lächelte nur. Na gut, sollte er nur, solange er noch konnte .
»Schluß mit dem Geschwätz!« fuhr Lilith ihn an. »Was war das für eine Show, die Sie da mit diesen Steintypen abgezogen haben?«
»Beeindruckend, nicht wahr?«
Lilith spannte die Muskeln, dann riß sie Beaderstadt mit einem Ruck hoch und schleuderte ihn von sich. Krachend schlug er zwischen zwei Bankreihen auf.
»Wie war das?« rief sie. »Beeindruckend?«
»Nicht schlecht«, antwortete Beaderstadt im Aufstehen. Er schnippte imaginäre Stäubchen von seiner Kleidung. »Aber nicht Ihr bester Trick, nicht wahr?« Er lächelte.
»Ich kann Ihnen gerne noch ein paar andere zeigen«, drohte sie und ging auf Beaderstadt zu.
»Das sollten Sie besser lassen«, warnte der Milliardär, in dem Ton, in dem man mit einem ungehorsamen Kind sprach. »Wer sollte mich daran hindern?« »Ich!«
Fitzpatrick McNee hatte gerufen.
Lilith drehte sich um und fragte noch in der Bewegung: »Wie das?«
»Weil ich sie sonst erschieße«, erwiderte McNee ruhig. In seinem Arm zitterte das Mädchen, dem er eine Pistole gegen die Schläfe drückte.
*
An Max Beaderstadts Seite ging Lilith in Richtung des Altarraumes, schweigend, lammfromm. Sie hatte eingesehen, daß die anderen momentan die besseren Karten hatten, wenn sie auch das Spiel als solches noch immer nicht durchschaute. Die wenigen Informationen, die sie kannte, paßten nicht zusammen, ergaben nicht einmal den kleinsten Teil eines Bildes.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Irgendwann mußte sich ihr zwangsläufig eine Gelegenheit bieten, um reagieren zu können.
Irgendwann .
Lilith seufzte lautlos.
Sie wurde das Gefühl nicht los, daß irgendwann zu spät sein würde. Und wußte doch nicht einmal, wofür es zu spät sein würde ...
Vorne angekommen, blieb Lilith stehen, sah von einem zum anderen. McNee war mit dem Mädchen zurückgewichen, außerhalb ihrer Reichweite, professionell.
Mist! dachte sie.
»Und jetzt?« Ihr Blick blieb an Beaderstadt senior hängen.
»Ich darf Ihnen meinen Sohn vorstellen - Armand.« Er zeigte auf den jungen Mann, der kaum Ähnlichkeit mit seinem Erzeuger aufwies. Armand Beaderstadt war ein Typ, dem Frauen auf der Straße nachschauten, auch ohne zu wissen, daß er das war, was man eine gute Partie nannte: dunkler Naturteint, markantes Gesicht, kräftig, sehnig .
Er neigte leicht den Kopf, beinahe huldvoll. Sein Lächeln glich dem seines Vaters, fiel Lilith auf.
»Ach ja«, meinte sie, »mein Bräutigam.«
Armand Beaderstadt sah von ihr zu seinem Vater, etwas verwirrt, fragend.
»Sie mißversteht die Situation. Noch ...«, erklärte Max Beader-stadt.
»Dann erklären Sie mir die Situation«, verlangte Lilith.
»Wie wär's mit der Methode learning by doing?« meinte Max Beaderstadt und wies um sich.
Lilith folgte der Geste mit Blicken. An den kahlen Wänden entdeckte
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