Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
anderen Beschwerden, über die er möglicherweise klagt, sind wahrscheinlich nicht übermäßig wichtig.« Lawler schaute Cadrell an. »Und jetzt, Bamber, hätte ich auch gern einen Schluck von eurem Schnaps.«
    »Läuft bei euch Leuten alles glatt?« fragte Cadrell.
    »Abgesehen vom Tod von Gospo, ja. Und hier?«
    »Ach, hier läuft alles prima.«
    »Gut, so was zu hören.«
    Als Gespräch war dies nicht gerade viel. Aber die Wiederbegegnung hatte sowieso etwas seltsam Steifes an sich gehabt, von dem Moment an, da er an Bord gekommen war. Wie geht’s dir, Doc, schön dich zu sehen, willkommen an Bord, ja - aber keine Spur eines echten Kontakts, der Austausch tieferer Gefühle war weder angeboten noch erbeten worden. Sogar Nicko Thalheim, der etwas verspätet an Deck kam, hatte nur gelächelt und grüßend genickt. Als wäre man unter Fremden. In diesen wenigen Wochen waren diese Menschen und er einander fremd geworden. Lawler erkannte, wie gründlich verkapselt und abgekapselt er durch dieses isolierte Leben auf dem Flaggschiff geworden war. Und die Menschen hier in ihrem Mikrokosmos der Sorve Goddess. Er fragte sich, was aus der Inselgemeinschaft geworden sein würde, wenn sie sich schließlich in der neuen Heimat neu formieren sollte.
    Die Rückfahrt zum Flaggschiff verlief ereignislos. Er begab sich sofort in seine Kabine.
    Sieben Tröpfchen Taubkraut. Ach, nimm zehn.
    ER WURDE OFT von Gedanken an die verlorene ERDE überfallen, wenn er nachts an der Reling stand, den dunklen, geheimnisschweren Geräuschen der See lauschte und in die undurchdringliche dunkle Leere starrte, die über den Reisenden lastete. Die neurotische Beschäftigung mit ihrer Mutterwelt schien zu wachsen, je länger die sechs Schiffe Tag um Tag, Nacht um Nacht über den Wasserplaneten fuhren. Zum aber-tausendstenmal versuchte Lawler sich auszumalen, wie es dort gewesen sein mochte, als der Planet noch lebte. Diese großen Inseln, die man ‚Länder’ nannte und die von Königen und Königinnen beherrscht wurden, die über alle Begriffe reich und mächtig waren. Die grausamen Kriege. Sensationelle Waffen, die ganze Welten zerstören konnten. Und dann dieser große Auszug, die Wanderung in den Weltraum, als die Menschheit die Myriade Sternschiffe losgeschickt hatte, in denen die Vorfahren jedes einzelnen heute irgendwo in der Galaxis lebenden Menschen reisten. Die Urahnen eines jeden. Alle hatten sie einen einzigen gemeinsamen Ursprung: diesen kleinen Planeten, der nun tot war.
    Sundira, die gleichfalls gern nachts auf dem Deck umherwanderte, tauchte an seiner Seite auf.
    »Grübelst du wieder über die Bestimmung des Kosmos nach, Doktor?«
    »Wie gewöhnlich. Ja.«
    »Und was ist heut nacht das Leitthema?«
    »Ironie. All diese vielen Jahre, in denen die Menschheit auf der ERDE sich sorgte, sie könnte sich in einem von ihren krankhaften, ekligen kleinen Kriegen selbst auslöschen. Aber es ist ihr nie gelungen. Und dann ging ihr eigener Sonnenstem hin und erledigte die Sache binnen Stunden für sie, und sie gleich mit.«
    »Dem Himmel sei Dank, wir waren da schon fort, um hier zwischen den Sternen zu siedeln.«
    »Ja«, brummte Lawler und blickte unfreundlich auf die von Ungeheuern wimmelnde See. »Und war es nicht ein Segen für uns...«
    SIE KEHRTE SPÄTER noch einmal zurück. Er hatte sich nicht von der Reling fortbewegt.
    »Stehst du immer noch da, Valben?«
    »Ich bin’s immer noch, ja.« Sie hatte ihn nie vorher mit seinem Rufnamen angesprochen. Er empfand es als seltsam, daß sie es jetzt tat; es war sogar irgendwie unpassend. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihn jemand zuletzt mit ‚Valben’ angeredet hatte.
    »Könntest du noch einmal meine Gesellschaft ertragen?«
    »Aber ja«, sagte er. »Kannst du nicht einschlafen?«
    »Hab es gar nicht versucht. Drunten läuft eine Gebets-Session, wußtest du das?«
    »Und wer sind die heiligmäßigen Seelen, die daran teilnehmen?«
    »Der Priester natürlich. Und Lis, Neyana, Dann. Und Gharkid.«
    »Gharkid? Kommt er endlich aus seinem Schneckenhaus heraus?«
    »Also, er sitzt eigentlich nur so dabei. Father Quillan redet natürlich die ganze Zeit. Er sagt ihnen, wie schwer zu finden Gott ist, und wie mühsam es für uns ist, unseren Glauben an ein Höchstes Wesen zu bewahren, das nie zu uns spricht, uns nie ein sichtbares Zeichen gibt, daß es überhaupt existiert. Was es für jeden für eine Mühe bedeutet zu glauben, und daß das nicht richtig ist, denn es sollte überhaupt nicht

Weitere Kostenlose Bücher