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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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neu formieren können. Doch dann nahm er sein Schlagen mit noch größerer Wut als vorher wieder auf, und er trommelte und trommelte mit dem Knüppel unablässig drauf los. Plötzlich gab es drunten ein gewaltiges Rauschen, und zwei riesige Angreifer sprangen gleichzeitig aus den Fluten. Im Lichtschein der übrigen Rammer sah Lawler, daß das Horn des einen in die Kiemen des anderen eingedrungen war, ja effektiv tief in den Schädel gebohrt war. Und dann fielen die riesigen Tiere, noch immer so gräßlich aneinander hängend, ins Wasser zurück und begannen zu sinken. Ihr Abstieg in die Tiefen ließ sich durch die Leuchtspur eine kurze Weile verfolgen, die sie hinter sich zurückließen. Dann waren sie nicht mehr zu sehen.
    Kinverson versetzte der Trommel drei letzte gedehnte Schläge - Wumm - Wumm - Wuuumm - und ließ den Arm sinken.
    »Dag? Dag, wo zum Teufel, steckst du?« fragte Delagards Stimme aus der Dunkelheit. »Ruf die Flotte der Reihe nach an. Frag nach, ob es - Gottsollschützen - irgendwo ein Leck gibt.«
    Inzwischen war alles auf dem Wasser wieder dunkel und ruhig. Aber als Lawler dann die Augen schloß, kam es ihm vor, als zuckten unter seinen Lidern blaue Blitze auf und ab.
    DIE NÄCHSTE FLUTWELLE war die bisher stärkste. Und sie brach zwei Tage früher über sie herein, als sie erwartet hatten; wahrscheinlich weil Onyos Felk sich in seinen Berechnungen geirrt hatte. Und die Flutwelle traf auf sie mit grandiosem Eifer und geradezu jauchzender Bösartigkeit, während sie in einer Flaute in trägem Gewässer tümpelten und von dem grauen Tang ein seltsam verführerisches Duftgemisch in die Luft aufstieg. Die WOGE erwischte sie breitseits. Lawler war unter Deck und arbeitete an der Inventarliste seiner medizinischen Vorräte. Zunächst glaubte er, die Rammer seien zurückgekehrt, so heftig war der Aufprall. Doch nein, nein, das war etwas ganz anderes als der punktuelle Stoß eines Rammerhorns; es war mehr wie eine Riesenhand, die flach gegen das Schiff prallte und es rückwärts auf seinem Kurs zurückfegte. Lawler hörte, wie das Magnetron anlief, und wartete auf die Empfindung des Abhebens, auf die plötzliche Stille, die bedeutete, daß sie auf dem Verdrängungsfeld über der grimmigen WOGE schwebten. Doch es kam keine Stille, und Lawler mußte sich blitzschnell verzweifelt an seine Kojenkante klammern, als das Schiff sich bestürzend steil aufrichtete. Er wurde gegen den Spant geschleudert, und alles stürzte von seinen Borden, rutschte in einem wirren Haufen ganz plötzlich über den Boden und türmte sich in einem heillosen Durcheinander an der anderen Kabinenwand auf.
    War es das nun? Die WOGE? Endlich? Und würden sie das durchstehen können?
    Er klammerte sich fest und wartete. Das Schiff sackte zurück, knallte mit einem kolossal lauten Krachen in das Wellental, das die Flutwoge hinter sich zurückgelassen hatte, und dann taumelte es zur anderen Seite, und alles, was von den Borden gefallen war, rutschte wieder in die andere Ecke der Kabine. Dann richtete sich das Schiff wieder auf Kiel. Alles war still. Lawler hob den Gott aus Ägypten und das griechische Tonfragment auf und legte sie wieder an ihren Platz.
    Kam noch mehr? Ein zweiter Schwall?
    Nein. Alles still, alles stabil.
    Sinken wir etwa?
    Ja, offenbar jetzt. Vorsichtig hangelte Lawler sich aus seiner Kabine und lauschte. Delagard brüllte droben irgend etwas. Alles in Ordnung, sagte er. Ein schwerer deftiger Stoß, aber alles in Ordnung.
    Die Wucht der mächtigen Flutwelle hatte sie in ihrem Sog mitgerissen, sie vom Kurs abgebracht und sie eine halbe Tagesreise nach Osten abgetrieben. Aber wie durch ein Wunder waren alle sechs Schiffe wie eine geschlossene Einheit davongetrieben. Und da schwammen sie nun, zwar nicht mehr in Formation, aber dennoch in Sichtweite zueinander, träge auf dem wieder glatten Meer. Es dauerte eine ganze Stunde, bis die ursprüngliche Keilformation wieder hergestellt war, und sechs weitere Stunden, bis sie die vorherige Position wieder erreichten. Gar keine schlechte Leistung, wirklich. Sie fuhren weiter.

5
    DIE CLAVICULA von Nimber Tanamind schien anständig zu verheilen. Lawler mußte nicht noch einmal zur Sorve Goddess hinüberpaddeln, um den Bruch zu überprüfen, da nichts von dem, was Salai, Nimbers Eheweib, ihm über seinen Zustand berichtete, auf Komplikationen hinwies. Er erklärte ihr also nur, wie sie die Verbände wechseln müsse und worauf sie im Umfeld der Fraktur achten solle.
    Martin Yanez von

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