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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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den Vorratsbottichen befand, waren bedrückend.
    Noch war es nicht so weit, daß sie den Flüssigkeitsbedarf aus den Augen, dem Blut und dem Rückenmark von Seetieren decken mußten - Kinverson hatte von derartigen Überlebenstechniken berichtet -, die er auf langen, einsamen Seereisen ohne Regen angewandt hatte -, und die Lage war noch nicht so verzweifelt, daß man den Apparat hervorholen mußte, mit dem aus Meerwasser Trinkwasser destilliert werden konnte. Das war der letzte Ausweg, aber die Methode war wenig effizient und mühselig, das Trinkwasser sammelte sich nur tropfenweise und reichte auch nur für die Minimalversorgung.
    Aber es blieben ihnen einige andere Möglichkeiten. Roher Fisch steckte voller Feuchtigkeit, bei relativ niedrigem Salzgehalt, und so gehörte er inzwischen zu jedermanns täglichem Proviant. Lis Nikiaus wirkte wahre Wunder, wenn sie den Fisch säuberte und in hübsche kleine Appetithappen zurechtschnitt, aber selbst so wurde es mehr und mehr zu einer langweiligen, manchmal sogar widerwärtigen Ernährungsweise. Sich die Haut und die Kleidung mit Seewasser zu benetzen, half auch etwas. Es verminderte die Körperwärme und reduzierte dadurch das innere Flüssigkeitsbedürfnis. Außerdem war es die einzige Möglichkeit, sich zu säubern, da die Wasservorräte an Bord dafür zu knapp und zu kostbar waren.
    Aber dann verdunkelte sich unerwartet eines Nachmittags der Himmel, und es fiel ein Wolkenbruch auf sie nieder. »Eimer!« brüllte Delagard. »Flaschen, Fässer, Becher, alles, was ihr habt, raus an Deck!«
    Wie von Dämonen gehetzt rannten sie auf und ab und zerrten alles hervor, womit sich Wasser auffangen ließ, bis das ganze Deck übersät war von aller Art Gefäßen. Dann zogen sie sich allesamt aus und tanzten nackend wie die Irren im Regen herum und wuschen die Salzkrusten von den Leibern und aus den Kleidern. Delagard hüpfte auf der Brücke herum, ein untersetzter Satyr mit behaarten üppigen Brüsten. Lis tanzte mit ihm und lachte und schrie und stampfte, die langen gelben Haare klebten ihr auf den Schultern, und die deftigen Kugelbrüste sprangen wie Planeten, die aus der Bahn zu geraten drohten. Der hagere, ausgemergelte Dag Tharp tanzte mit der stämmigen Neyana Golghoz, die kräftig genug aussah, als könnte sie ihn sich mit Leichtigkeit über die Schulter schleudern. Lawler genoß den Regen allein für sich am hinteren Mast, als Pilya Braun vorbeigetanzt kam. Ihre Augen blitzten, die Lippen waren in einem auffordernden Grinsen geöffnet. Die olivdunkle Haut schimmerte wundervoll unter dem Regen. Lawler tanzte ein paar Augenblicke mit ihr und genoß bewundernd den Anblick ihrer kräftigen Schenkel und die vollen Brüste, aber als sie durch ihre Bewegungen andeutete, daß sie mit ihm gern zu einem gemütlichen Plätzchen unter Deck davontanzen würde, tat Lawler, als begreife er nicht, und nach einer Weile gab sie auf.
    Gharkid sprang wie ein Geißbock hinten zwischen seinen Algenhaufen herum. Dann Henders und Onyos Felk hielten sich an den Händen und hüpften beim Kompaßhaus herum. Father Quillan, eine bleiche Knochengestalt ohne seine Soutane, schien in Trance zu sein, er stierte mit glasigem Blick und weit ausgebreiteten Armen und rhythmisch zuckenden Schultern gen Himmel. Leo Martello tanzte mit Sundira, und die beiden waren ein schönes Paar, schlank, kräftig und beweglich. Lawler spähte nach Kinverson umher und entdeckte ihn vorn am Bug. Dort stand er, ohne zu tanzen, stand da ganz ruhig und ließ den Regen über seinen nackten starken Leib strömen.
    Das Unwetter war nach einer Viertelstunde wieder vorbei.
    Lis rechnete hinterher aus, daß sie dabei einen zusätzlichen Wasservorrat für gerade einen Tag gewonnen hatten.
    LAWLER WAR UNABLÄSSIG beruflich beschäftigt: Unfälle an Bord, Blasen, Verstauchungen, leichte Formen von Dysenterie, einmal auch ein Schlüsselbeinbruch auf Bamber Cadrells Schiff. Lawler begann die Anspannung zu spüren, wenn er versuchte, die ganze Flottille zu betreuen. Die meisten Konsultationen erledigte er über Funk, über Dag Tharps unbegreiflichen Geräteverhau in der Funkkabine der Queen of Hydros gebeugt. Doch Knochenbrüche ließen sich nun einmal nicht so leicht durch die Luft richten. Er fuhr mit dem Gleiter zu Cadrells Sorve Goddess hinüber, um die Sache zu erledigen.
    Die Fahrt im Wassergleiter war eine ungemütliche Sache. Das Ding war ein durch Menschenkraft bewegtes leichtgewichtiges Konstrukt aus Hydrofolie und war so

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