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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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mühsam sein, sondern wir müßten nur ganz einfach blindlings losspringen und die Existenz Gottes akzeptieren, aber das fällt eben den meisten von uns zu schwer. Undsoweiter und so fort. Und die anderen schlucken das alles gierig. Gharkid lauscht ergeben, und ab und zu nickt er. Das ist ein seltsamer Typ, dieser Gharkid. Hast du nicht Lust, runterzukommen und dir anzuhören, was der Priester sagt?«
    »Nein! Ich hab bereits mehrfach das Privileg gehabt, ihm über dieses Thema lauschen zu dürfen. Danke!«
    Dann standen sie stumm eine Weile da.
    Und dann fragte Sundira zusammenhanglos auf einmal: »Valben... was ist das für ein Name, Valben?«
    »Ein irdischer Name.«
    »Nein, das kann nicht sein. John, Richard, Elizabeth, das sind Namen von der alten ERDE. Aber Valben, das hab ich noch nie gehört.«
    »Na, dann ist es halt vielleicht doch kein Name von der ERDE. Mein Vater sagte, daß er daher kommt. Aber er kann sich natürlich geirrt haben...«
    »Valben«, wiederholte sie, als schmecke sie den Klang ab. »Vielleicht ein Familienname, ein besonderer. Für mich ist er neu. Möchtest du gern, daß ich dich lieber Valben nenne?«
    »Lieber? Nein, aber nenn mich ruhig Valben, wenn du magst. Aber eigentlich tut das kaum jemand.«
    »Und wie nennen die dich, die du magst? Doc, nicht wahr?«
    »Doc ist ganz in Ordnung. Manche nennen mich Lawler. Ein paar wenige - Val. Aber nur ganz wenige.«
    »Val. Das klingt für mich besser als Doc. Darf ich dich dann Val nennen?«
    Nur seine ältesten Freunde sagten Val zu ihm, Männer wie Nicko Thalheim, Nimber Tanamind, Nestor Yanez. Aber von den Lippen dieser Frau klang das ganz und gar nicht richtig. Aber was sollte das schon für eine Rolle spielen? Er konnte sich ja dran gewöhnen. Und ‚Val’ war schließlich immer noch besser als ‚Valben’.
    »Wie du es lieber möchtest«, sagte er.
    DREI TAGE SPÄTER kam eine weitere Tidenwoge auf sie zu. Von Westen. Sie war mächtiger als die erste, doch die Magnetrons wurden ohne Schwierigkeiten damit fertig. Hinauf und hinüber und runter auf der Rückseite, und dann ein kleiner Stoß, und das war es dann auch schon.
    Das Wetter blieb kühl und trocken. Und sie zogen weiter.
    MITTEN IN DER NACHT gab es einen lauten dumpfen Schlag gegen den Schiffsrumpf, als wenn man gegen ein Riff gelaufen wäre. Lawler fuhr in seiner Koje hoch, gähnte, rieb sich die Daumen in die Augenkuhlen und fragte sich, ob er geträumt habe. Alles blieb für den Augenblick still. Dann folgte ein weiterer, härterer Stoß. Also kein Traum. Gewiß, er schlief noch halb, aber gleichzeitig war er auch halb wach. Er zählte im Kopf eine Minute ab, anderthalb Minuten. Ein erneuter Stoß. Er hörte die Bohlen und Wanten des Rumpfes stöhnen und sich ächzend verschieben.
    Er wickelte sich irgendwas um den Unterleib und trat hinaus in Richtung Niedergang. Er war jetzt hellwach. Lichter waren angesteckt worden, aus der Backbordkabine kamen mit verquollenen Gesichtern Leute, manche splitternackt, so wie sie geschlafen hatten. Lawler stieg an Deck. Henders, Golghoz, Delagard, Nikiaus und Thane, das Team der nächtlichen Schiffswache, rannten aufgeregt umher, eilten von einer Seite des Schiffs zur anderen, als verfolgten sie die Bewegungen eines Feindes, der sie von unten her angriff.
    »Da kommen sie wieder!« schrie einer.
    Und rumms! Hier oben an Deck wirkte der Anprall heftiger - das Schiff schien zu erbeben und seitlich wegzuhüpfen und das Geräusch des Aufschlags an der Wandung war lauter, ein deutliches scharfes Krachen.
    Er stieß bei der Reling auf Dag Tharp.
    »Was ist denn los?«
    »Schau da raus, dann siehst du’s.«
    Die See war still. Droben standen an entgegengesetzten Enden des Himmels zwei Monde, und das Kreuz hatte den allnächtlichen Abstieg in die Morgendämmerung begonnen und hing schon tief im Westen. Die drei Reihen der Flottillenformation hatte sich aufgelöst, und die sechs Schiffe bildeten jetzt einen weiten, lose geformten Kreis. Im freien Wasser in der Mitte der Gruppe waren etwa zehn, zwölf längliche, leuchtendblaue Phosphoreszenzstreifen sichtbar, die knapp unter der Meeresoberfläche wie Lichtpfeile dahinschossen. Noch während Lawler bestürzt zusah, reckte sich einer der Lichtstreifen mit enormer Schnelligkeit und schoß schnurgerade auf das Schiff links von ihnen zu, auf Kollisionskurs, eine glühende Nadel in der Dunkelheit. Von irgendwoher kam ein unheilverkündendes schrilles Pfeifen, das zunehmend lauter wurde, je näher der

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