Über den Wassern
eine schweifte zu ihrer Taille und auf den Rücken, die andere glitt tiefer zu ihrem festen muskulösen Hinterteil, und er zog sie noch fester an sich. Oder sie ihn?
Lawler trug nichts als ein gelbes Wickeltuch um die Hüften. Sundira hatte nur ein hüftlanges graues Wickelkleidchen an. Es war ganz leicht, beides abzustreifen. Das Ganze ereignete sich ganz schlicht, ganz glatt und in vorhersehbarer Weise, war aber trotz der Vorhersehbarkeit keineswegs etwa langweilig: Vielmehr hatte es die scharfe unausweichliche Klarheit eines Traumes an sich, und die unbegrenzten geheimnisvollen Versprechungen des Traumes ebenfalls. Träumerisch erforschte Lawler Sundiras Haut. Sie war weich und warm. Träumerisch ließ sie ihre Finger in Lawlers Nacken spielen. Träumend führte er die Hand von ihrem Rücken nach vorn und zwischen ihre fest gegeneinander gepreßten Leiber, durch die Grube zwischen ihren Brüsten, wo er - wie ihm jetzt schien - vor mehreren hundert Jahren mit seinem Stethoskop gelauscht hatte - und tiefer hinab, über den flachen Bauch zwischen die Schenkel. Er berührte sie dort. Sie war feucht. Und dann übernahm sie mehr und mehr die Führung, stieß ihn zurück, nicht unsanft, sondern offenbar nur, um ihn zu einer Stelle zwischen den Kisten zu lenken, wo Platz genug war, daß sie sich hinlegen konnten, oder doch beinahe. Und nach einer Weile begriff er ihre Absicht.
Es war ein ziemlich enger Winkel. Und sie waren beide langbeinige Geschöpfe. Doch irgendwie bekamen sie die Sache in den Griff. Beide sprachen sie nicht dabei. Sundira war voller Leben und aktiv und geschickt, und Lawler war voller Stärke und Eifer. Sie brauchten nicht mehr als einen Augenblick, um ihren Rhythmus zu synchronisieren, dann liefen sie unter vollen Segeln glatt im Wind.
Hinterher lagen sie lachend und keuchend da, die Beine ineinander verschlungen. Lawler fühlte, daß jetzt nicht der rechte Augenblick war, etwas zu sagen, das sentimental oder romantisch klingen könnte. Aber irgend etwas mußte er schließlich sagen. Also brach er schließlich das Schweigen und fragte: »Du bist mir doch nicht hier runter nachgegangen?«
Sie schaute ihn mit einer Mischung von Überraschung und Belustigung an.
»Warum hätte ich das tun sollen?«
»Wie kann ich das wissen?«
»Ich kam her, um Werkzeug zum Tauspleißen zu holen. Ich hatte keine Ahnung, daß du hier unten warst.«
»Aber es tut dir nicht leid, oder?«
»Nein, wieso? Tut es dir leid?«
»Aber ganz und gar nicht.«
»Das ist gut«, sagte sie. »Das hätten wir schon vor langer Zeit machen können, weißt du.«
»Hätten wir das?«
»Aber selbstverständlich. Warum hast du so lange damit gewartet?«
Er schaute sie eindringlich im schwachen rauchigen Schimmer der Tranfunzel an. In den kühlen grauen Augen stand ein amüsiertes Funkeln, doch, ja, es war eindeutig Belustigung, aber kein Spott. Dennoch gewann er den Eindruck, daß sie die Sache viel leichter nehme als er.
»Das gleiche könnte ich auch dich fragen«, sagte er.
»Nun«, sagte sie nach einer kurzen Pause, »ich habe dir aber mehrmals Gelegenheit geboten. Du hast dich höchlichst bemüht, sie nicht zu nutzen.«
»Ich weiß.«
»Weshalb?«
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte er. »Außerdem eine ziemlich langweilige. Spielt es eine Rolle?«
»Eigentlich nicht.«
»Das ist gut.«
Sie schwiegen, und er dachte, daß es schön wäre, wenn sie sich noch einmal liebten. Er begann wie beiläufig ihren Arm und ihren Schenkel zu streicheln, entdeckte ein erstes schwaches Beben der Reaktion, doch mit bemerkenswerter Beherrschtheit und Takt beendete sie die Sache, bevor das Ganze soweit vorangeschritten war, daß es kein Halten mehr gab, und machte sich sacht aus Lawlers Umklammerung frei.
»Später«, sagte sie freundlich. »Ich hatte nämlich wirklich einen Grund, warum ich herunterkam.«
Sie stand auf, wickelte sich ihr Kleid wieder um, lächelte ihn fröhlich, aber kühl an, kniff ein Auge zu und verschwand im Lagerteil am Heck.
Lawler war bestürzt über ihre Gelassenheit. Gewiß, er hatte nicht das Recht zu erwarten, daß sie von dem Erlebnis gerade ebenso durcheinander sein sollte, wie er es nach seiner langen selbstauferlegten Periode zölibatärer Enthaltsamkeit zwangsläufig war. Ja, sie hatte es gewollt, gern. Und sie hatte es anscheinend auch wirklich genossen. Und dennoch - war es für sie wirklich nichts weiter gewesen als eine nette zufällige Beiläufigkeit? Es sah beinahe so aus.
FATHER
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