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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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QUILLAN beschloß an einem trübträgen Nachmittag, aus Natim Gharkid einen echten Katholiken zu machen. Jedenfalls erweckte das, was er da mit großer Intensität zu tun schien, diesen Eindruck, als Lawler an ihnen vorüberwanderte und von der Brücke hinabschaute. Der Priester sah verschwitzt aus und von innerem Feuer erfüllt und lieferte dem kleinen braunhäutigen Mann eine wortreiche Glaubenssuada. Gharkid lauschte aufmerksam und ungerührt, wie es seine Art war. »GOTTvater, GOTTsohn und GOTTheiligergeist«, sagte Quillan. »Ein einziger Gott, doch in dreifacher Gestalt.« Gharkid nickte feierlich. Lawler, der unsichtbare Lauscher, mußte bei dem ihm unvertrauten Terminus ‚Heiliger Geist’ blinzeln. Was - beim Himmel -mochte das sein? Doch der Priester war schon weiter vorangeschritten. Jetzt erklärte er etwas, das er die Unbefleckte Empfängnis nannte. Lawler verlor das Interesse und schlenderte davon; doch als er eine Viertelstunde später wieder an seinen alten Platz zurückkam, war der Geistliche noch immer in Fahrt und redete jetzt über Freikauf und Erlösung, Erneuerung, über Essenz und Existenz, über den Begriff der ‚Sünde’ und wie diese in einem Lebewesen sein könne, das nach dem Bilde Gottes erschaffen wurde, und wieso es nötig geworden war, einen Heiland und Heilsbringer in die Welt zu entsenden, der durch seinen Tod alle Sünden und Übel der Menschheit auf sich nehmen sollte. Manches erschien Lawler als nicht ganz so unsinnig, anderes kam ihm wie der wildeste aberwitzigste Quatsch vor, aber nach einer Weile fand er den Unsinn dermaßen überwältigend, daß er Quillans feurige Hingabe an einen so absurden Glauben geradezu als eine Beleidigung empfand. Der Priester war doch viel zu intelligent, dachte Lawler, als daß er mit echter Überzeugung eine derart blödsinnige Annahme von einem Gott vertreten konnte, der eine Welt erschaffen haben sollte, die so mit Makeln behaftet war, daß sie in kürzester Zeit aus dem Ruder lief, um dann einen ‚Aspekt seines Selbst’ auf diese Welt zu entsenden, um diese von ihren eingebauten Schwachstellen zu ‚erlösen’, und zwar indem er sich umbringen ließ. Und es erzürnte Lawler ganz besonders, daß der Priester, nachdem er sich mit seinem Glauben so lange recht zurückgehalten hatte, sich nun ausgerechnet den unglücklichen Gharkid als erstes Opfer seiner Bekehrungswut auserkoren hatte.
    Später trat er zu Gharkid und sagte: »Du darfst das nicht ernstnehmen, was Father Quillan da gesagt hat. Es würde mir sehr leid tun, wenn ich sehen müßte, daß du auf diesen unsäglichen Quatsch hereinfällst.«
    In Gharkids unerforschlichen Augen blitzte kurz Erstaunen auf.
    »Du denkst, ich fall da drauf rein?«
    »Es sah mir ganz so aus.«
    Gharkid lachte leise in sich hinein. »Ach, der Mann versteht doch nichts«, sagte er und ging davon.
    IM SPÄTEREN TAGESVERLAUF suchte Father Quillan Lawler auf und sprach ihn pikiert an: »Ich wäre dir dankbar, wenn du davon Abstand nehmen könntest, deine Meinung zu Gesprächsthemen zu äußern, die du heimlich belauschst. Geht das in Ordnung, Doktor?«
    Lawler wurde rot im Gesicht. »Was meinst du damit?«
    »Du weißt sehr gut, was ich meine.«
    »Ah ja, vermutlich.«
    »Wenn du zu unserem Dialog etwas beizutragen hast, dann komm und setz dich zu Gharkid und mir und laß es uns hören. Aber schleich dich nicht hinter meinem Rücken an.«
    Lawler nickte und sagte: »Es tut mir leid.«
    Quillan bedachte ihn mit einem langen frostigen Blick. »Ach, wirklich?«
    »Findest du es anständig, deine Glaubensvorstellungen einem derart simplen Gemüt wie Gharkid aufzudrängen?«
    »Darüber haben wir uns doch bereits unterhalten. Er ist nicht so einfältig, wie du denkst.«
    »Möglich«, gab Lawler zu. »Mir hat er jedenfalls gesagt, daß er von deinen Dogmen nicht sonderlich beeindruckt ist.«
    »Das stimmt. Aber wenigstens geht er mit unvernageltem Kopf an diese Dinge heran. Wohingegen du...«
    »Schon gut«, sagte Lawler. »Was soll’s, ich bin von Natur aus nicht religiös. Ich kann’s nicht ändern. Also, nur zu, mach einen Katholiken aus Gharkid. Es ist mir wirklich egal. Von mir aus mach einen noch besseren Katholiken aus ihm, als du selber bist. Das dürfte ja nicht schwer sein. Wozu sollte ich mir darüber überhaupt Gedanken machen? Ich sagte bereits, daß es mir leid tut, daß ich mich dazu geäußert habe. Es tut mir leid. Also, nimmst du meine Entschuldigung an?«
    »Ja, gewiß.« Die Antwort kam nach

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