Über den Wassern
Meeresfläche bildeten. Und die Schiffe stießen mit dem Bug in dieses Gewirr, verloren Fahrt und kamen schließlich zum Stillstand.
Kinverson und Neyana Golghoz waren mit dem Wassergleiter draußen und versuchten mit Macheten den Algenfilz zu zerteilen.
»Hat keinen Zweck«, sagte Gharkid zu niemandem speziell. »Ich kenne die Pflanzen da, wenn du eine aufschneidest, verwandelt sie sich in fünf neue.«
Gharkid hatte recht. Kinverson hackte aus Leibeskräften los, während Neyana den Gleiter mit tierischer Wut voranbewegte, doch es zeigte sich keine Öffnung. Es war für einen einzelnen Mann, und mochte er noch so stark sein, einfach unmöglich, eine ausreichend breite Schneise in diese Pflanzenmasse zu schneiden, die eine Fahrrinne für die Schiffe ergeben hätte. Die abgehackten Pflanzenteile begannen sofort ein Eigenleben, man konnte beinahe sehen, wie sie nachwuchsen, die Schnittstelle verschlossen, neue Wurzeln trieben, frische schimmernde Löffelblätter und neue Sporenkolben emporreckten.
»Ich will mal in meiner Apotheke nachsehen«, sagte Lawler. »Vielleicht hab ich was, das wir über sie streuen können, das sie nicht mögen.«
Er stieg in den Frachtraum. Er dachte an diese große Flasche mit dem schwarzen viskosen Öl, die ihm vor langer Zeit von seinem Arztkollegen Nikitin von der Insel Salimil als Dank für eine Gefälligkeit gesandt worden war. Angeblich vermochte Dr. Nikitins Öl Feuerblumen abzutöten, eine unangenehm brennende Pflanze, die zuweilen für menschliche Schwimmer problematisch wurde, den Gillies aber überhaupt nichts ausmachte. Lawler hatte nie Anlaß gehabt, das Öl zu verwenden, denn die letzte Feuerblumen-Epidemie in der Bucht von Sorve hatte sich ereignet, als er noch ein junger Mann war. Aber dieses Öl war der einzige Stoff in seiner Sammlung von Drogen, Medizinen, Salben und Tränklein, das dazu bestimmt war, pflanzliches Leben zu schädigen. Vielleicht erwies es sich als wirksam gegen die Pflanzen, mit denen sie es nun zu tun hatten. Er sah nicht, daß es etwas schaden könnte, den Versuch zu wagen.
Die Gebrauchsanweisung war in winziger, aber säuberlicher Schrift von Dr. Nikitin selbst verfaßt worden und besagte, daß eine Konzentration von einem Teil Öl auf tausend Teile Wasser ausreichen würden, eine Hektarfläche in der Bucht von den Feuerblumen zu befreien. Lawler machte die Mixtur l: 100, und dann ließ er sich höchstpersönlich an den Davits über die See hinaustragen und verspritzte sein Gift vor dem Bug der Queen of Hydros.
Aber das See-Unkraut schien vollkommen unbeeinträchtigt zu bleiben. Als aber dann das verdünnte Öl durch den verwachsenen Pflanzenteppich tiefer hinabsickerte und sich im Wasser verbreitete, setzte unter Wasser eine Bewegung ein, die sich rasch zu einem Brodeln steigerte. Aus den Tiefen kamen Fische zu Tausenden, zu Millionen, kleine alptraumhafte Wesen mit großen klaffenden Mäulern, schmalen schlangenhaften Leibern und breit ausladenden Schwanzenden. Sie mußten in riesiger Zahl dort unter den Pflanzen angesiedelt gewesen sein, und nun stieg die ganze Kolonie wie durch einen einmütigen Entschluß an die Oberfläche. Sie zwängten sich gewaltsam durch die verwucherten Knollen der Treibwurzeln und gaben sich oben einer wilden Paarungsorgie hin. So unwirksam Dr. Nikitas Herbizid-Öl bei den Pflanzenwucherungen war, auf die unter ihnen lebenden Seetiere schien es eine aphrodisiakische Wirkung auszuüben. Das wilde Ge-schlechtsgetümmel einer dermaßen riesigen Zahl dieser kleinen schlängchenhaften Geschöpfen wirbelte die See zu einer derartig starken Turbulenz auf, daß die engverschlungenen Pflanzenteppiche aufgerissen wurden und sich die Schiffe durch die dabei entstehenden Fahrrinnen weiterbewegen konnten. Kurz nacheinander durchquerten alle sechs Schiffe die Zone der Verstopfung und gelangten wieder in die offene See.
»Was bist du doch für ein schlauer Hund, Doc«, sagte Delagard.
»Klar. Nur daß ich keine Ahnung hatte, daß so was passieren würde.«
»Du hast es nicht gewußt?«
»Keine Spur. Ich wollte nur versuchen, diese Wucherpflanzen zu vernichten. Ich hatte keine Ahnung, daß da unter ihnen diese Fische leben. Und jetzt hast du mal gesehen, wie zahlreiche grandiose wissenschaftliche Errungenschaften gemacht werden.«
Delagard runzelte die Stirn. »Und wie das?«
»Durch puren Zufall.«
»Ah, ja!« sagte Father Quillan. Und Lawler sah, daß der Priester gerade wieder einmal in der zynisch-zweifelnden Zyklusphase
Weitere Kostenlose Bücher