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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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trieb, wo dann heftige Niederschläge die Regel waren.
    Für die einheimischen Kiemlinge, die Gillies, bedeuteten die wiederkehrenden Trockenzeiten kein Problem; ihr Metabolismus war sowieso auf den Konsum von Meerwasser hin angelegt. Doch für die Menschen komplizierte sich das Leben dadurch enorm. Die Trinkwasserrationierung gehörte auf Sorve zur Alltagsroutine. Zwei Jahre hatte es gegeben - einmal, als Lawler erst zwölf war, und in seinem zwanzigsten Jahr, diesem schwarzen Jahr, in dem sein Vater starb -, in denen abnorm üppige Regen wochenlang ununterbrochen über der Insel niedergegangen waren, so daß die Zisternen überflossen und man die Wasserrationierung aufgab. Während der ersten Woche etwa war dies beide Male als interessantes Novum empfunden worden, aber dann wurden die endlosen Regen, die grauverhangenen Tage und der widerwärtige Modergeruch den Menschen lästig. Alles in allem zog Lawler aber die Dürreperioden vor; an sie war er jedenfalls besser gewöhnt.
    Father Quillan sagte: »Ich bin fasziniert von diesem Ort. Es ist die seltsamste Welt, die ich je gesehen habe.«
    »Wahrscheinlich könnte ich das auch sagen.«
    »Bist du viel herumgereist? Auf Hydros, meine ich.«
    »Ich war einmal auf Thibeire Island«, antwortete Lawler. »Die kam damals ganz nahe an uns heran, trieb dicht drunten an den Hafen heran, und ein paar von uns ruderten mit einem Flechtboot hinüber und blieben dort den ganzen Tag lang. Ich war damals fünfzehn. Das einzige Mal, daß ich in der Fremde war.« Er bedachte den Priester mit einem forschenden Blick. »Aber du, du bist ein richtiger weitgereister Mann, sagen die Leute. Und sie sagen, du hast zu deiner Zeit ein ziemliches Stück der Galaxie kennengelernt.«
    »Ein wenig nur«, sagte Father Quillan. »Nicht besonders viel. Ich war auf sieben Welten. Nein, acht, wenn ich die hier mitrechne.«
    »Das macht sieben mehr, als ich je sehen werde.«
    »Aber jetzt bin ich am Ende angekommen.«
    »Ja«,sagte Lawler, »das trifft sicher zu.« Außerweltler, die nach Hydros kamen, um hier zu leben, waren Lawler unbegreiflich. Wieso taten sie das? Sich auf Sunrise, gleich nebenan, also bloß so etwa zwölf Millionen Kilometer weit weg, in eine Abwurfkapsel stecken zu lassen, um dann auf einen Landeorbit hinausgeschnippt zu werden, der einen schließlich im Meer in der Nähe einer Treibinsel absetzen sollte... und dies im vollen Bewußtsein, daß du Hydros nie-nie-wieder verlassen kannst? Da die Gillies sich der Errichtung eines Raumflughafens an irgendeinem Punkt von Hydros strikt widersetzten, bedeutete die Reise hierher unweigerlich den Endpunkt... und jeder da draußen wußte dies. Und dennoch kamen sie immer noch - nicht gerade in großer Zahl, aber sie träufelten stetig herein, entschlossen, bis zu ihrem Ende als Gestrandete auf einem uferlosen Meer zu leben, einer Welt ohne Bäume und Blumen, ohne Vögel, Insekten und grünes Gras, ohne fellbedeckte und ohne Huftiere... ohne Muße und Annehmlichkeit, ohne eine der Segnungen der modernen Technologie, schiffbrüchig in den nie endenden Gezeiten, auf Inseln aus Rutengeflecht zwischen den Polen einer Welt unablässig hin und her treibend, die nur für Geschöpfe mit Finnen und Flossen geeignet war.
    Lawler hatte keine Ahnung, warum Quillan nach Hydros hatte kommen wollen; doch so etwas fragte man hier andere Menschen grundsätzlich nicht. Vielleicht war es wegen irgendeiner Bußübung, als eine Strafe. Als ein Akt der Selbstverleugnung. Ganz gewiß nicht, um hier ein kirchliches Amt auszuüben. Die ‚Alle Welten umfassende Kirche’ war eine post-vatikanische katholische Splittersekte, und soweit Lawler wußte, besaß sie auf Hydros nirgendwo Anhänger. Auch sah es nicht so aus, als wäre Father Quillan als Missionar gekommen. Seit seinem Eintreffen auf Sorve hatte er keinen Versuch unternommen, Proselyten zu gewinnen, was nur vernünftig war, denn Religionen hatten bei den Insulanern noch nie größeres Interesse erregt. »Gott ist weit weg von uns auf Sorve«, pflegte Lawlers Vater oft zu sagen.
    Quillan schaute eine Weile ziemlich düster drein, als wäge er noch einmal die realen Aspekte seines lebenslänglichen Gestrandetseins auf Hydros ab. Dann sagte er: »Stört es euch nicht, daß ihr immer hier an dem einen Ort seid? Werdet ihr denn nie kribbelig? Neugierig, wie es auf den anderen Inseln ist?«
    »Ach, eigentlich kaum«, antwortete Lawler. »Thibeire damals war ziemlich genau wie Sorve, fand ich. Der gleiche

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