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Über den Wassern

Über den Wassern

Titel: Über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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etwas gebe, das zu verschlucken sich lohnte. Langsam trieb das Ding vorbei, und seine Mäuler mahlten unablässig weiter. Danach - etwa eine halbe Stunde später - drangen die Schiffe in einen Bezirk ein, in dem es von großen orange-grün-gestreiften Quallen wimmelte, graziösen, geschmeidigen schimmernden Schirmen, mannskopfgroß, von denen fingerdicke, gekrauste fleischigrote Bänder anscheinend mehrere Meter lang herabhingen. Diese Quallen wirkten irgendwie friedlich, sogar ein wenig clownskomisch, aber die See rings um sie dampfte und sprudelte, als sonderten sie eine scharfe Säure ab. Sie schwebten so dichtgepackt im Wasser, daß sie ganz dicht an die Schiffswandung stießen, gegen die Seefingerpflanzen prallten, die dort wuchsen, und mit leisen seufzenden Schmatzern widerwillig zurückwichen.
    Delagard gähnte, dann verzog er sich durch die Heckluke unter Deck. Lawler blieb an der Reling und schaute verblüfft die Massen von Quallen dicht unter sich an. Sie bebten wie ein Haufen molliger Schwabbelbusen. Sie waren so nahe, er hätte mit Leichtigkeit hinuntergreifen und einen davon herausfischen können. Gospo Struvin kam an der Backbordreling an ihm vorbei übers Deck und sagte grob: »He, wer hat denn das Netz da liegen lassen? Du, Neyana?«
    »Ich bestimmt nicht«, sagte Neyana Golghoz, ohne auch nur aufzublicken. Sie schrubbte voll Eifer das Deck weiter vorn am Bug. »Frag doch mal Kinverson. Der ist für die Netze zuständig.«
    Das Netz war ein Wirrwarr von feuchten gelben Strängen und lag schlampig in einem Haufen an der Reling. Struvin trat mit dem Fuß dagegen, als wäre es ein Haufen Abfall. Dann brummte er einen Fluch und stieß noch einmal zu. Lawler schaute hinüber und sah, daß das Netz sich irgendwie um eins der bestiefelten Beine Struvins gewickelt hatte. Der Schiffskapitän stand mit erhobenem Bein da und stieß es wiederholt von sich, als versuchte er, etwas Klebriges und sehr Anhängliches abzuschütteln. »He«, sagte Struvin. »He, was soll ‘n das!«
    Das Netz hatte sich teilweise bis zur Hälfte seines Oberschenkels um das Bein festgewickelt. Der Rest des Netzes glitt die Reling hinauf und begann auf der anderen Seite zum Wasser hinabzukriechen.
    »Doc!« brüllte Struvin.
    Lawler rannte zu ihm hinüber, Neyana dicht hinter ihm. Doch das Netz bewegte sich unglaublich schnell. Es war jetzt nicht mehr ein Gewirr von Fasersträngen, sondern hatte sich gestreckt und entpuppte sich nun als eine Art drei Meter lange durchbrochene Bioform, die Struvin hastig über Bord zerrte. Der Käptn brüllte und stieß mit dem Bein und wehrte sich, hing aber schon halb über der Reling. Das eine Bein war völlig in dem Netz verfangen, und er stemmte sich mit dem anderen verzweifelt gegen die Brüstung, um nicht in die See gezerrt zu werden; aber das Ungeheuer schien durchaus entschlossen, ihn im Schritt auseinanderzureißen, wenn er weiteren Widerstand leistete. Struvins Augen platzten ihm fast aus den Höhlen. Dann überzogen sie sich glasig vor Verblüffung und ungläubigem Entsetzen.
    Im Verlauf seiner fast fünfundzwanzigjährigen Praxis als Mediziner hatte Lawler andere Leute in extremis erlebt, viele, viel zu viele Male. Aber noch nie hatte er in den Augen irgendeines Menschen eine derartige Todesangst gesehen.
    »Befreit mich von dem Ding!« kreischte Struvin. »Jesus! Doc - bitte! Doc...«
    Lawler hechtete hinüber und packte sich den Teil des Netzes, der ihm am nächsten war. Als seine Hand sich darum klammerte, verspürte er sofort ein heftiges Brennen, wie wenn eine stechende Säure ihm durch Haut und Fleisch bis in die Knochen gedrungen wäre. Er versuchte den Griff zu lösen, es war vergeblich. Seine Haut klebte fest. Struvin hing inzwischen schon ziemlich weit draußen. Nur noch der Kopf und die Schultern waren zu sehen, und seine verzweifelt sich anklammerten Hände. Noch einmal schrie er um Hilfe, krächzend, entsetzlich, dieses Brüllen. Lawler zwang sich, den Schmerz nicht zu beachten, warf sich ein Ende des Netzes über die Schulter und zerrte es quer übers Deck. Er hoffte, auf diese Weise Struvin wieder an Bord zu holen. Der Kraftaufwand war entsetzlich, doch ihm wuchsen auf mysteriöse Weise Kräfte zu, streßbedingte Energie, er wußte nicht, woher sie kam. Das Zeug versengte ihm die Haut an den Händen, und er spürte durch das Hemd hindurch das Brennen an Hals und Schultern und im Rücken. Scheißviech, dachte er. Verdammtes Scheißviech! Er biß sich fest auf die Lippe und

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