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Über Himmel und Erde: Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka - Das persönliche Credo des neuen Papstes (German Edition)

Über Himmel und Erde: Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka - Das persönliche Credo des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Über Himmel und Erde: Jorge Bergoglio im Gespräch mit dem Rabbiner Abraham Skorka - Das persönliche Credo des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge (Papst Franziskus) Bergoglio , Abraham Skorka
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Überblick über den jüdischen und christlichen Fundamentalismus gegeben zu haben. Er analysiert das Phänomen politisch, soziologisch und wirtschaftlich, weist beispielsweise darauf hin, dass die Ölkrise der 1970er Jahre zur Entstehung des Fundamentalismus entscheidend beigetragen hat. Er zieht zur Erklärung die Theorie der Massenpsychologie heran. Auch im Judentum haben wir mit Fundamentalismus zu kämpfen, denken wir nur an die Ermordung von Yitzchak Rabin, 56 eines der schmerzlichsten Ereignisse der jüngeren israelischen Geschichte. Gott ehrt man, indem man die Freiheit und den anderen ehrt. Das tägliche Gebet eines Juden beginnt folgendermaßen: »Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott und Gott unserer Väter, Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs …« Warum wiederholen wir das Wort Gott vor jedem Patriarchen? Weil jeder Patriarch ein anderes Verhältnis zu Gott hat. Niemand darf einem anderen eine Wahrheit aufzwingen. Man muss sie lehren, zu ihr hinführen, damit am Ende jeder dieser Wahrheit in der für ihn stimmigen Weise Ausdruck verleihen kann. Für einen Fundamentalisten ist das natürlich völlig inakzeptabel.
    Bergoglio : Diese Art von restaurativem Fundamentalismus ist auch Opium, denn sie entfernt vom lebendigen Gott. Das Opium ist ein Götze, der einen auf Linie bringt wie jeder andere Götze auch. Sie schrauben Gott auf ein Wesen zurück, das man mit Vorschriften lenken kann: »Wenn ich das mache, wird es mir gut ergehen, wenn ich jenes mache, wird es mir an nichts fehlen.« Das ist eine Art, Wohlbefinden, Vermögen und Glück zu kaufen. Aber es ist nicht mehr der lebendige Gott, der, der einen auf dem Weg begleitet.
    Skorka : Der Fundamentalismus geht sogar noch weiter, er enthält eine Wertung und ein Urteil über den anderen. Weil der andere nicht so lebt, wie ich glaube, dass Gott sagt, wie wir leben sollen, darf ich ihn töten. Dies ist der extreme Auswuchs, dem der Fundamentalismus mit seinem Hass den Boden bereitet. Und natürlich haben Sie Recht, wenn Sie sagen, dass er eine andere Form von Opium ist, von Entfremdung. Wie viele wohlhabende Menschen wenden sich an Wundertäter, Mystiker oder Kabbalisten, weil sie denken, sie müssten nur bestimmte Dinge tun, und schon läuft alles gut für sie. Im Judentum – und ich könnte mir vorstellen, dass es in der katholischen Kirche nicht anders ist – gibt es Leute, die dem Rabbiner viel Geld für wohltätige Zwecke spenden, für Schulen, Waisenhäuser, Straßenkinder, weil sie denken: Der Rabbiner hat einen besonderen Draht zu »dem da oben« und wird ein gutes Wort für mich einlegen, damit meine Geschäfte florieren. Als wäre Gott käuflich. Gibt es das auch im Katholizismus?
    Bergoglio : Das gibt es manchmal auch, eine Tendenz, in der religiösen Dimension für den göttlichen Schutz zu bezahlen, Gott zu kaufen. Oder besser gesagt, ihn zu bestechen versuchen. Gott geht diese Art von Beziehung nicht ein. Das Gebet einer Person mit dieser Haltung ist nichts weiter als ein Selbstgespräch.
    Skorka : Bestechung ist wie Tango: Man braucht dafür immer zwei. Einen, der gibt, und einen, der nimmt. Sie ist nicht nur ein Problem des Gläubigen, sondern auch des Priesters, der sich darauf einlässt.
    Bergoglio : In der Zeit der Eins-zu-eins-Wechselkursbindung an den Dollar kamen einmal zwei offizielle Funktionäre zu mir ins Vikariat von Flores und sagten, sie hätten Geld für die Armenviertel. Sie stellten sich als sehr katholisch dar, und nach einer Weile boten sie mir 400 000 Pesos zum Ausbau der Armenviertel an. In einigen Dingen bin ich sehr naiv, doch in anderen funktioniert mein Alarmometer . Diesmal funktionierte er. Ich begann sie genauer nach den Projekten zu fragen, und sie sagten mir schließlich, dass sie mir von den 400 000, die ich als erhalten quittieren würde, nur die Hälfte geben würden. Ich fand einen eleganten Ausweg: Da die zonalen Vikariate kein Bankkonto haben und ich auch nicht, sagte ich ihnen, sie müssten das Geld direkt bei der Kurie einzahlen, die nur Zuwendungen in Scheckform oder mit Beleg von der Bankeinzahlung entgegennimmt. Die Typen zogen ab. Wenn diese Personen, ohne das Terrain zu sondieren, mit diesem Vorschlag bei mir landeten, vermute ich, dass irgendein Kirchenmensch oder Geistlicher sich zuvor für diesen Deal hergegeben hatte.
    Skorka : Was wieder mal zeigt: Eine Institution ist nur so gut wie die Menschen, die für sie arbeiten.

    55 Genesis 17,1.
    56 Yitzchak Rabin war zweimal israelischer

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