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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Zusammentreffens erfahren, darüber, wer vorher davon gewußt hatte, wer etwas gegen eventuelle Abmachungen gerade bei diesem Treffen hätte haben können, und so weiter. Mochten die elf Verdächtigen/Zeugen in polizeilicher Hinsicht auch eine praktisch weiße Weste haben, sah das Ganze doch sehr nach Gangstermord aus. Rune Jansson fuhr fort: »Hatte jemand Geschäfte geplant, die er schützen wollte oder über die er nicht zu sprechen wagte? Vielleicht fühlte er sich davon bedroht? Es muß folglich alles getan werden, damit wir über den Hintergrund des Opfers Klarheit gewinnen, nicht wahr?«
    Rune Jansson gab seinem Kollegen mit düsterer Miene recht. Vor allem der Hintergrund des Opfers hatte eine entscheidende Bedeutung, das, was die Kollegen in Södertälje niemals würden ermitteln können.
    Um sich nicht zu verplappern, wechselte er schnell das Thema. Vielleicht wollte er auch nur sein schlechtes Gewissen beschwichtigen. Immerhin dachte er wie ein Außenstehender, obwohl er genau wußte, wie schwer die ermittelnden Beamten es in diesem Fall hatten.
    Er schlug vor, sein Dezernat bei der Reichskripo künftig als eine Art Verbindungsstelle zu nutzen. Über die Reichsmordkommission würden alle Kollegen im ganzen Land erfahren, was an anderen Orten bei anderen Ermittlungen passiere. Damit könnten theoretisch viel mehr Kollegen die Chance erhalten, irgendwo in den Papieren die entscheidende kleine Entdeckung zu machen. Wenn alle Erkenntnisse auf verschiedene Abteilungen von Umeå bis Linköping verteilt seien, verringerten sich diese Voraussetzungen entsprechend.
    Das war eine sehr einfache und logische Arbeitsregelung. Seine Kollegen in Södertälje erklärten sich sofort bereit, ihr gesamtes Ermittlungsmaterial der Reichskripo zur Verfügung zu stellen. Und entsprechend würde man ihnen auch alles mitteilen, was die anderen Ermittler zutage förderten?
    »So ist es«, bestätigte Rune Jansson, »von jetzt an wird so gearbeitet. Außerdem gibt es ja noch immer das Telefon. Und vielleicht vereinbaren wir einmal in der Woche eine Telefonkonferenz aller Beteiligten, damit wir abstimmen können, wo jeder von uns steht.«
    Als er mit dem Wagen nach Stockholm zurückfuhr, war Rune Jansson düster zumute. Sobald er wieder in seinem Zimmer war, würde er in der schwarzen Mappe lesen, die er von Hamilton erhalten hatte und in der wohl alles über einen gewissen Mahmoud Saadani gesammelt war, was interessant sein konnte. All das, wonach seine Kollegen in Södertälje suchen konnten, bis die Hölle zufror. Sie würden es nie finden.
    Sein Unbehagen rührte jedoch nicht daher, daß dieses Vorgehen ungerecht war. Das war ganz und gar nicht der Grund, obwohl ihm dieser bizarre Gedanke auch schon gekommen war. Nein, dieses Vorgehen war einfach falsch. Sie suchten einen Serienmörder oder eine Organisation, die Informanten der Säpo ermordete, das war eine einfache, grundlegende Tatsache.
    Es war eine unmögliche Situation. Es gab nur zwei Auswege, vielleicht drei. Er mußte mit Hamilton sprechen und ihn ganz einfach darum bitten, zumindest eine der entscheidenden Grundtatsachen weitergeben zu dürfen, nämlich daß es bei den Opfern einen bedeutend interessanteren gemeinsamen Nenner gab als die Tatsache, daß es sich um Einwanderer handelte. Oder er gab diese Information weiter, ohne mit Hamilton zu sprechen. Damit beginge er eine Gesetzesübertretung, die wahrscheinlich schlimmer war, als wenn er eine in Polizeigewahrsam genommene Person krankenhausreif prügelte; etwas, wofür junge Polizeibeamte gefeuert wurden, wenn sie das Pech hatten, einen Kanaken zu mißhandeln, der zufällig Nobelpreisträger für Literatur war, oder ein Dozent am Karolinska.
    Oder, noch schlimmer, er fragte Hamilton, handelte sich ein Nein ein und würde die Information vielleicht trotzdem an seine Kollegen weitergeben, die sonst nicht richtig arbeiten konnten.
    Die letzte Möglichkeit strich er jedoch sofort.
    »Es gab einmal eine Zeit…«, begann Carl und machte dann eine Kunstpause, damit sich das Stimmengewirr im großen Saal der Akademischen Vereinigung in Lund legte, »in der die schwedische Sicherheitspolizei keine russischen Spione jagte, oder sowjetische, wie wir damals sagten. Sondern sich in der Hauptsache mit Staatsbürgern befaßte, die über jeden Verdacht erhaben waren wie ich selbst, Erik Ponti und Göran Rosenberg, Anders Ehnmark und Jan Myrdal, um die Namen einiger Genossen von den Demonstrationen der damaligen Zeit zu

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