Über jeden Verdacht erhaben
nennen.«
Es war jetzt mucksmäuschenstill im Saal, doch er machte trotzdem eine Pause, bevor er fortfuhr.
»Im Augenblick dürfte das Risiko, daß ich selbst von der Sicherheitspolizei verfolgt werde, ziemlich minimal sein. Ich kann aber sagen, daß diese Leute damals, als sie es tatsächlich versuchten, ebenfalls keinen Erfolg hatten. Denn sonst wäre ich in der Marine kaum mehr geworden als Gefreiter. In der Küche beim Kartoffelschälen, dort, wo ich garantiert nicht an geheime Papiere herangekommen wäre.«
Er grinste jetzt demonstrativ wölfisch auf amerikanische Manier, so daß alle Vorderzähne zu sehen waren. Es war ein Lächeln, das halb feindselig aussah. Dafür kassierte er sofort seine erste Welle von Jubel und Beifall.
Der große Saal war bis zum Bersten gefüllt, und hinten an der Treppe gab es einige Unruhe, weil noch weitere Leute sich in den Saal zu drängen versuchten. Carl saß dem großen Eingang gegenüber auf einem kleinen Podium in einem roten Ledersessel. In seiner unmittelbaren Nähe waren Leibwächter postiert, aber auch an anderen Stellen in dem großen Saal, der fast eintausend Personen faßte.
»An der University of California in San Diego, an der ich fünf Jahre studiert habe, hatten wir gewiß einige etwas größere und leichter zu bewachende Hörsäle als den hier«, fuhr Carl fort und blickte amüsiert auf die Schilder mit berühmten Namen in Holzintarsien an den Wänden und unter der Empore.
»Aber in dem eigenen Land, dem Land, das man lieben und verteidigen soll, was ich hoffentlich nach bestem Vermögen tue, ist es trotzdem etwas Besonderes, Studenten zu begegnen, da ihr ein so großer und wichtiger Teil unserer Zukunft seid. Und was man über San Diego auch sagen kann, ein Namensschild aus Holz, auf dem der Name Esaias Tegnér steht, habe ich dort nicht gefunden!«
Er machte erneut eine Pause, um den höflichen Beifall zu kassieren.
»Mit diesen einfachen Worten wollte ich sagen, wie stolz und geehrt ich mich fühle, daß die Universitätslehrer und Studenten Lunds mich hier begrüßen wollten. Und wenn ihr hier irgendeinen Sizilianer findet, der in diesem unmöglichen Haus herumirrt, in dem sich niemand zurechtfindet, es sei denn der Ädil , so schickt ihn einfach zur nächsten Polizeiwache. Kurz, hier dürfte kaum jemand auf mich schießen, und das macht es mir besonders angenehm, hier bei euch zu sein.
Doch jetzt zur Sache!« fuhr er schnell fort und hielt abwehrend die Hände hoch, um den nervösen Beifall zum Schweigen zu bringen, der bei seiner Dankbarkeitsbezeugung losbrach.
»Es geht um unsere Sicherheitspolizei. Ich sage natürlich in einer bestimmten Absicht unsere . Denn jetzt ist es unsere, nämlich in dem Sinn, daß sie dazu da ist, auch die Staatsbürger zu schützen und nicht anzugreifen, die ihre Wurzeln in einem anderen Land haben, auch die Bürger, die ärgerlichen, ja sogar politisch radikalen Auffassungen Ausdruck geben, denn die Meinungsfreiheit ist die Grundlage unserer Demokratie. Das ist es, was die Sicherheitspolizei in unserem Land schützen soll!«
Der Beifall war erst verblüfft und steigerte sich dann zum Sturm. Carl unterbrach sich kurz, als hätte er ein Redemanuskript vor sich, in dem genau diese Regieanweisung stand. Er sprach jedoch frei.
»Ich hatte einen Traum«, fuhr er mit einer Intonation fort, die sich besonders angesichts der schnellen Wiederholung dieser Phrase sehr amerikanisch anhörte. »Ich hatte einen Traum, daß es eines Tages so sein würde. Unsere Sicherheitspolizei ist nicht dazu da, junge Menschen mit ärgerlichen oder schlimmstenfalls sogar sozialistischen Überzeugungen zu verfolgen. Unsere Sicherheitspolizei ist vielmehr dazu da, Feinde des Landes zu verfolgen. Und genau damit haben wir jetzt begonnen. Aus diesem Grund haben wir vor kurzem drei russische Spione gefaßt. Ich will der bevorstehenden gerichtlichen Würdigung aller Umstände natürlich nicht vorgreifen, et cetera, et cetera, aber geschnappt haben wir sie!«
Er wartete das Gelächter und den Beifall ab, bevor er fortfuhr.
»Und wir haben sie genau dort geschnappt, wo sie tätig sind, in bestimmten Ministerien und sogar bei der Sicherheitspolizei. Und wenn sich jemand wundert, daß es auch bei der Sicherheitspolizei welche gibt, sollte er versuchen, sich in die vielleicht etwas fremdartige Situation zu versetzen, ein russischer Spionagegeneral mit dem Auftrag zu sein, Schweden zu unterwandern. Was würdet ihr dann vorziehen? Würdet ihr Agenten den
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