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Über Morgen

Titel: Über Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Rushko; Ray Hammond; Scarlett Thomas; Markus Heitz
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rechts zu den Fahrern hinüber, die sich für die langsameren Spuren entschieden hatten. Die meisten von ihnen sahen sich vermutlich die Nachrichten an, unterhielten sich mit jemand, zockten Spiele, gingen ihre E-Mails durch, sahen Videofilme an oder widmeten sich ihrer Arbeit. Viele von ihnen „besuchten“ Meetings in anderen Zeitzonen, Klimaverhältnissen, Jahreszeiten; einige nahmen wahrscheinlich an mehreren Konferenzen gleichzeitig teil. Und manche Fahrer schliefen wohl ganz einfach.
    Als das erste vollautomatisierte Verkehrssteuerungssystem auf den europäischenAutobahnen eingeführt worden war, hatte es große Proteste aus der Bevölkerung und eine hitzige politische Debatte gegeben. Zwar hatte die Europäische Union den Autofahrern großzügige Steueranreize geboten, um die Kosten für die Installation der nötigen automatischen Fahrsysteme mitzutragen, doch die Fahrer wollten die Kontrolle über die Steuerung ihrer Fahrzeuge nur ungern an Computersysteme abgeben. Erst als der nicht-automatisierte Verkehr in den Stoßzeiten komplett von den Überholspuren verbannt wurde, begannen die Fahrer die AutoRide-Technologie wirklich zu akzeptieren. Die EU unterstützte das Experiment durch einen 80-prozentigen Bargeldzuschuss für die In-Car-Steuerungssysteme, und in den ersten Jahren wurde der Verkehrsfluss mittels Funksystemen und Positionsanzeigern am Straßenrand gesteuert. Inzwischen erfolgte die Steuerung durch eine Kombination aus GPS-Knoten und -Satelliten, zellularen Netzwerksensoren und Signalstationen am Straßenrand, und obwohl doppelt so viele Fahrzeuge pro Stunde unterwegs waren, als zu Zeiten der manuellen Steuerung möglich gewesen war, waren die Geschwindigkeiten auf den Spuren um 40 Prozent gestiegen. Mittlerweile waren die Bürger vom Netzwerk-Verkehrsmanagement und den robotergesteuerten Autos hellauf begeistert.

    „Was meinst du, Sophie, wann können wir frühestens da sein?“ erkundigte sich Billy. „Ungefähr um 19.30 Uhr“, sagte VA Sophie in seinem Ohr, und gleichzeitig antwortete die echte Sophie: „Ungefähr um acht“.
    „Nein, ich habe mit Sophie geredet“, erklärte Billy und langte an sein Ohr. Er schwenkte seinen Sitz zu seiner Freundin herum. Der Audi fuhr weiter nach Süden, mit einer Geschwindigkeit von 150 Kilometern in der Stunde.
    „Du scheinst dich mit deiner virtuellen Assistentin ja blendend zu verstehen“, sagte die echte Sophie in leicht vorwurfsvollem Ton. „Wie ist dieses neue System denn so?“
    „Sie versteht jetzt fast alles, was ich sage“, antwortete Billy. „Sie bezieht den semantischen Kontext meiner Worte in Echtzeit aus den Netzwerken.“
    Er lächelte und fügte hinzu: „Und jetzt, wo sie in meinem Ohr sitzt, wirkt sie auch selbst sehr echt.“
    „Lass mich mal hören“, verlangte seine Freundin.
    „Auf die Lautsprecher legen“, sagte Billy. „Also Sophie, jetzt erzähl Sophie mal, wie das Wetter auf dem Weg nach Nizza ist.“
    „Es ist durchgehend klar und sonnig“, sagte die VA über das Soundsystem des Wagens. „Die Aussichten für die nächsten vier Tage sind gut.“
    „Das ist ja haargenau meine Stimme!“ rief die echte Sophie. „Das ist gruselig! Ich glaube nicht, dass mir das gefällt.“
    „Ich hatte schon immer deine Stimme“, sagte die VA. „Aber meine Software ist aktualisiert worden – so kann ich jetzt noch naturgetreuer sprechen.“
    „Aber so hat sie noch nie geredet!“ rief Sophie aus. Sie schlug Billy auf die Schulter, so fest, dass er zusammenzuckte. „Reiche ich dir vielleicht nicht mehr?“ fragte sie ihren Freund.
    In diesem Moment piepte Sophies altes Handy. Rogers Name und Gesicht erschienen auf dem Bildschirm.
    „Was gibt’s Neues?“ fragte Sophie aufgeregt ins Telefon. Das Auto raste unvermindert weiter gen Süden.
    „Ok, sehen wir sie uns an“, meinte Sophie dann. Sie wandte sich Billy zu. „Die Ärzte lassen mich die Scans sehen. Kannst du sie anzeigen?“
    Billy nickte, und VA Sophie zeigte die übertragenen Bilder auf der Windschutzscheibe an.
    „Ja, ich verstehe“, sagte Sophie zu Roger. „Der Lendenbereich.“
    Sie blickte zu den Scans hoch. „Können wir heranzoomen?“ fragte sie. Billy nickte, und seine VA vergrößerte den zentralen Bereich des Bildes.
    Sophie starrte eine Weile auf den Hauptscan. „Drei Wirbel haben schwere Brüche“, sagte sie ruhig. „Kann ich die 3-D-Ansicht haben?“
    Das Bild auf der Windschutzscheibe wechselte, und sie sahen einen mehrdimensionalen Scan, der

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