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Über Morgen

Titel: Über Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Rushko; Ray Hammond; Scarlett Thomas; Markus Heitz
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sich von der Windschutzscheibe weit ins Innere des Wagens zu erstrecken schien. Sophie streckte die Hand aus und blätterte langsam mit den Fingerspitzen durch die verschiedenen Bilder.
    „Die Wirbelsäule selbst kann ich immer noch nicht sehen“, beschwerte sie sich. „Ich hole mal meinen Modellierer“, sagte Billy und schwang seinen Sitz noch weiter herum. Er lehnte sich zurück und zog einen großen, dicken, weißen Tablet-PC vom Rücksitz.
    „Übertrag die Daten darauf“, instruierte Billy seine VA.
    Wie von Zauberhand wuchsen aus dem Flachbett des Dynamic Physical Rendering-Geräts kleine Teilchen, die sich zu einem festen, halb lebensgoßen 3D-Modell eines menschlichen Rückgrats formten. Trotz der ernsten Situation lächelte Billy in sich hinein. Es machte ihm immer einen Riesenspaß, den DPR-Modellierer bei Präsentationen zu verwenden und den Kunden physische 3-D-Modelle seiner Möbelentwürfe vorzuführen. Eine coole und ausgesprochen nützliche Technologie. Sophie nahm Billy das Modellierer-Tablet aus der Hand und sah sich die E-Skulptur des verletzten Rückens ihrer Mutter genau an.
    „Diese Wirbel werden sie zusammenfügen müssen, würde ich annehmen“, sagte sie halb zu Billy, halb zu sich selbst, während sie mit den Fingern über das Modell der Wirbelsäule fuhr. „Aber ich kann immer noch nicht erkennen, ob im Spinalkanal Knochensplitter stecken. Ich glaube nicht, dass sie das mit Sicherheit werden sagen können, bevor sie operieren.“
    „Péage in Sicht“, meldete VA Sophie, und der Audi bremste ab, um an der Mautstation zu halten.
    „Ich fahre“, sagte Billy, schwenkte seinen Sitz nach vorne und nahm das Lenkrad wieder in die Hand.

    * * *

    „Können Sie denn nicht wenigstens noch ein bisschen warten?“ fragte Roger Guenier, als der orthopädische Chirurg die Voruntersuchungen für die Operation beendet hatte. „Die Tochter meiner Frau studiert Medizin – sie versteht etwas von diesen Dingen. Sie sagt, dass eine Bluttransfusion für Hélène sehr gefährlich werden wird.“
    „Je länger wir zu warten, desto größer ist das Risiko, dass es bei Ihrer Frau zu einer Lähmung kommt, Monsieur“, sagte der Arzt. „Ich weiß über den Antikörper Bescheid, und wir werden unser Bestes tun, um den Blutverlust bei ihrer Frau so gering wie möglich zu halten. Aber wir müssen jetzt operieren.“
    Roger blickte auf die Uhr. Es war kurz nach vier. „Sophie wird in ein paar Stunden hier sein. Dann können Sie ihr Blut verwenden – sie hat den gleichen Antikörper.“
    Der Chirurg sah den besorgten Ehemann an und schüttelte den Kopf. „Es tut mir Leid. Wir müssen jetzt anfangen.“

    * * *

    „Ich will nicht, dass sie wie ich klingt“, blaffte die echte Sophie. „Wo soll das noch hinführen?“
    Sie stritten schon seit fast einer halben Stunde. Billy war klar, dass sich seine Freundin große Sorgen um ihre Mutter machte, doch sie machte ihrem Kummer Luft, indem sie sich über seine neu aufgerüstete VA aufregte.
    „Du redest ja schon mit ihr, als ob sie echt wäre – und sie antwortet dann auch so. Hältst du das für normal? Ich bekomme dich manchmal tagelang kaum zu Gesicht, aber dafür kannst du jetzt den ganzen Tag mit ihr reden, stimmt’s? Du brauchst mich gar nicht mehr.“
    „Ich habe mir das Upgrade doch erst heute Vormittag geholt“, protestierte Billy. „Wenn du willst, gebe ich ihr eine andere Stimme.“
    Sie waren auf der A7 und fuhren schnell nach Süden in Richtung Aix-en-Provence. „Das wird dann wohl Julies Stimme sein“, fauchte Sophie.
    Das war ein Schlag unter die Gürtellinie. Julie war Billys Ex-Freundin. Einige Monate, bevor er Sophie kennen gelernt hatte, hatte Julie ihn wegen eines aufstrebenden Tennisstars verlassen – und Sophie beschuldigte Billy oft, immer noch in seine Verflossene verliebt zu sein.
    „Baustelle voraus“, kündigte Speedy an. „Manuelle Steuerung auf den nächsten zehn Kilometern.“
    VA Sophie, die die Emotionen der Wageninsassen registriert hatte, sagte nichts.

    * * *

    „Sophie ist schon auf dem Weg“, sagte Roger zu seiner Frau. „Billy fährt sie her. Sie wird bald da sein.
    Hélène war vorsichtig ins Bewusstsein zurückgeholt worden, damit dieAnästhesistin die richtige Sedierungstiefe für die Operation bestimmen konnte. Hélène blinzelte, um Roger zu signalisieren, dass sie verstanden hatte. Sie konnte weder den Kopf bewegen noch sprechen; sie war in einer Vakuummatratze eingeschlossen, die jede Bewegung

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