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Über Stock und Runenstein

Über Stock und Runenstein

Titel: Über Stock und Runenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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angelsächsischer Herkunft nur so
wimmelte, auch wenn es irische, italienische, französische, armenische,
chinesische und noch diverse andere Enklaven gab. Aber Balaclava County war
eben anders. Jeder wußte, daß hier alles anders war, obwohl es bisher keinem
gelungen war zu erklären, worauf dieser Unterschied zurückzuführen war. Es gab
Leute in Suffolk, Norfolk und Middlesex County, die wahrhaftig glaubten, sie
bräuchten ein Einreisevisum, um nach Balaclava County zu kommen, und Leute in
Plymouth und Bristol County, die sich nicht einmal hertrauen würden, wenn man
ihnen das Land schenken würde, aus Prinzip sozusagen.
    Der Runenstein — Cronkite dachte an die
vielen Sagen, die sich um die Nordländer rankten, an die Kontroversen, die
jedes Mal aufbrachen, wenn es um die Frage ging, ob die Wikinger tatsächlich
diese felszerklüftete, abweisende Küste umsegelt hatten, bevor Felicia D. Hemans
mit ihren Gedichten so erfolgreich Werbung für die Pilgerväter gemacht hatte.
War es denn möglich - Cronkite hatte inzwischen seine Frage nach möglichen
Verbindungen zur Familie Arnes vergessen, aber Miss Hilda dachte sowieso nicht
daran, sie zu beantworten. Er blickte auf den weitentfernten Eichenhain wie der
stämmige Cortez einst auf dem Gipfel in Darien Ausschau gehalten hatte, auch
wenn er selbst geschmeidig und flink und im Augenblick sogar bereit war, für
einen Blick auf den besagten Runenstein ganzen Wäldern aus Giftsumach zu
trotzen. Vielleicht kam dabei eine Titelstory heraus, die möglicherweise sogar
unter seinem Namen veröffentlicht werden würde.
    Doch er verhielt sich weiterhin wie ein
rücksichtsvoller und guterzogener junger Mann. »Sind Sie auch sicher, Miss
Horsefall, daß Sie sich in der Lage fühlen, mir den Weg zu zeigen?« fragte er
besorgt.
    »Was zum Teufel soll mich abhalten?«
antwortete die alte Dame und setzte sich mit einem Tempo in Bewegung, das man
zwar nicht gerade als schnell bezeichnen konnte, das ihr aber bei jedem
Senioren-Sonntagswandern zur Ehre gereicht und einen guten Platz gesichert
hätte.
    »Tut mir gut. Kriegt man ordentlich
Appetit von. Will sowieso nich’ auf meine alten Tage im Schaukelstuhl
rumhocken. Da, jetz’ sind wir genau unterhalb vom Hügel, jetzt isses Haus nich’
mehr zu sehn. Kann uns von da auch keiner mehr sehn, selbs’ wenn einer da wär’
und ‘s versuchen würde. Drum sind Canny und ich auch immer — zum Teufel, was
issen das für’n verdammtes Gebrüll?«
    Schauerliche Schreie hallten zu ihnen
herüber. Irgend jemand oder irgend etwas hinten im Scheunenhof mußte gerade
Fürchterliches durchmachen. Es war eine beträchtliche Entfernung, aber selbst
bei einer Provinzzeitung weiß der Laufbursche, wann er die Beine in die Hand
nehmen muß. Cronkite Swope überließ es Miss Horsefall, ihm nach besten Kräften
zu folgen, besann sich auf seine neuen Joggingschuhe und legte die Entfernung
in exakt 1 Minute, 17ki Sekunden zurück. Das war seine bisherige Bestzeit, doch
sie war nicht gut genug. Als Cronkite schließlich den Scheunenhof erreichte,
hatte Spurge Lumpkin bereits ein schrecklicher, plötzlicher, grausiger Tod
ereilt. Es blieb Cronkite nichts anderes mehr zu tun, als sich über ein Büschel
Gänsefingerkraut zu beugen und sein nunmehr zur Last gewordenes Mittagessen von
sich zu geben. Er würgte auch noch, als Henny Horsefall und Professor Arnes den
Traktor mit dem angehängten Kultivator auf den Hof fuhren.
    »Um Gottes willen, sehen Sie bloß nicht
hin«, keuchte er. »Es ist — es ist — «
    Die beiden alten Männer schoben ihn zur
Seite und sahen sich die Angelegenheit genauer an.
    »Christ im Himmel!« flüsterte Henny
Horsefall. »Was is’ denn hier passiert? Muß wohl so was wie ‘ne fliegende
Untertasse mit’m Todesstrahl gewesen sein.«
    Ausnahmsweise hatte Timothy Arnes sein
Hörgerät diesmal eingeschaltet. »Von wegen Todesstrahl, Teufel auch«, schnaubte
er, wobei die langen Haare, die aus seiner Nase heraus wuchsen, wie Antennen in
alle Richtungen vibrierten. »Warum bloß hat Spurge denn hier mit Löschkalk
rumgefummelt?«
    »Löschkalk?« rief Henny. »So ‘n
Höllenzeug hab’ ich überhaupt nicht aufm Hof! Braucht nur mal naß zu werden,
und schon verbrennt’s einem den ganzen — um Himmels willen, Tim, denkst du
etwa, daß Spurge — «. Entsetzt schüttelte er den Kopf und wußte mit einem Mal
nichts mehr zu sagen.
    »Was sollte Spurge denn überhaupt hier
tun?« fragte Arnes.
    »Ich hab’ ihm gesagt, er soll

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