Der Schatten des Chamaeleons
Southwark Echo, Freitag, 29. September 2006
Mordopfer »brutal erschlagen«
Die Leiche, die vor zwei Tagen in einem Haus im Süden Londons gefunden wurde, konnte mittlerweile identifiziert werden. Es handelt sich um den 71-jährigen Martin Britton, einen früheren Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Freunde und Nachbarn des Toten berichteten, dass sie Mr. Britton seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen hatten. Die Polizei war in das Haus eingedrungen, nachdem Beamte zuvor mit Hilfe einer Leiter einen Blick ins Schlafzimmer des Rentners geworfen hatten.
Die gestrige Obduktion des Leichnams ergab, dass Martin Britton schweren Kopfverletzungen erlegen ist. »Er wurde brutal erschlagen«, sagte Superintendent Brian Jones von der Kriminalpolizei, der die Ermittlungen leitet. »Wir glauben, dass das Verbrechen am Samstag, dem 23. September, begangen wurde, und bitten alle Personen, die an diesem Tag in der Greenham Road waren, sich zu melden.«
Die Nachbarn beschreiben Martin Britton als einen »charmanten und höflichen« Mann, der nach dem Tod seines Lebenspartners im vergangenen Jahr »sehr zurückgezogen« lebte. Superintendent Jones hält es durchaus für möglich, dass Mr. Britton mit seinem Mörder bekannt war. »Wir fanden keinerlei Spuren gewaltsamen Eindringens«, erklärte er.
Er wollte sich nicht dazu äußern, ob diese Tat mit dem Mord an Harry Peel in Zusammenhang steht, einem 57-jährigen Taxifahrer, der vor zwei Wochen ebenfalls an schweren Kopfverletzungen starb. Mr. Peel lebte keine drei Kilometer von der Greenham Road entfernt. Er wurde von seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau tot aufgefunden, die sich Sorgen machte, weil er nicht ans Handy ging.
Die Polizei hat die Schwulengemeinde ausdrücklich um Mithilfe bei der Suche nach Harry Peels Mörder gebeten. Harry Peel, ehemals Soldat bei einem Panzerregiment, war Dockarbeiter, ehe er vor sieben Jahren
als Taxifahrer anfing. Er war Stammgast in den Kneipen des Viertels.
Die Arbeit der Spurensicherung in der Greenham Road dauert derzeit noch an.
Acht Wochen später
Schon eine ganze Weile konnten die vier Iraker, die im ausgebombten Obergeschoss eines verlassenen Hauses auf der Lauer lagen, den Konvoi gepanzerter Fahrzeuge sehen. Vorneweg den Scimitar-Spähpanzer. Die Straße - Teil der Verbindungsstrecke Basra-Bagdad - zog sich schnurgerade durch die flache Wüstenlandschaft, und von ihrem erhöhten Ausguck aus hatten die Männer mit ihren Spezialferngläsern den Konvoi von dem Moment an im Blick, als das Führungsfahrzeug am Horizont auftauchte.
Es war heiß. Die Luft spiegelte sich auf dem Asphalt, und einer der Aufständischen hielt dieses Bild mit einem DVD-Camcorder fest, bevor er den Turm des Scimitar näher heranholte. Er konnte die mit Helmen geschützten Köpfe der zwei Soldaten zu beiden Seiten des 30-mm-Geschützes und den des Fahrers darunter ausmachen, die Gesichter waren wegen der großen Entfernung noch nicht zu erkennen. Einer der Aufständischen wies auf einen der Telegrafenmasten, die sich längs der Straße bis ins Endlose reihten, und sagte, wenn der Scimitar den Masten passiere, seien es noch gut zwei Minuten bis zur Explosion. Zeit genug, um die britischen Soldaten aufzunehmen, bevor die selbstgebastelten, im Boden vergrabenen Bomben zu beiden Seiten der Straße sie töteten.
Der Kameramann erwartete, Selbstgefälligkeit, vielleicht sogar Arroganz in den Gesichtern der Unterdrücker zu sehen, aber
die Nahaufnahmen der drei Männer zeigten einzig Konzentration. So, wie der Zugführer, ein 26-jähriger Lieutenant, plötzlich losbrüllte, offenbar um einen Befehl zu geben, hätte man sogar vermuten können, er habe im Staub neben der Straße etwas Verdächtiges bemerkt. Es war zu spät. Die Bomben, mehrere Panzerminen mit ausreichend Sprengkraft, um einen Bradley-Panzer zu zerfetzen, detonierten gleichzeitig, als das Fahrzeug sie passierte.
Der Filmclip mit dem britischen Scimitar, der in die Luft flog, bevor er sich in einem Flammenmeer überschlug, lief in der muslimischen Welt immer wieder über die Bildschirme. In den irakischen Bazars wurde die DVD zum Muss für jeden, der sie im Fernsehen nicht hatte sehen können - sei es weil die Stromversorgung nicht funktionierte oder der Empfang gestört war. Der Propagandacoup einer kleinen irakischen Zelle, die ein Koalitionsfahrzeug mit selbstgebastelten Bomben außer Gefecht gesetzt hatte, war von unwiderstehlicher Wirkung, zumal Zuschauer ebenso wie Fachleute
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