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Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht

Titel: Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Gladwell
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eingeschrieben
     waren.«
    Er berichtet weiter: »Das Problem war, dass die Universität allen Studierenden ein Konto mit einem festen Betrag gegeben hat
     und die Zeit irgendwann abgelaufen ist. Beim Einloggen musste man angeben, wie lange man am Computer arbeiten wollte. Dann
     hat man, sagen wir, eine Stunde bekommen. Das war’s. Aber irgendjemand ist dahintergekommen, dass man beim Eingeben der Zeit
     einfach einen Buchstaben tippen konnte, also zum Beispiel ›t = k‹, und dann hat es nichts gekostet.« Er lacht, als er sich
     daran erinnert. » Es war ein Programmierfehler. Wenn man ›t = k‹ eingegeben hat, konnte man da ewig sitzen.«
    Sehen Sie sich nur an, wie viele Chancen Bill Joy bekam. Weil er das Glück hatte, an einer zukunftsorientierten Hochschule
     wie der University of Michigan zu studieren, programmierte er nicht mit Lochkarten, sondern mit einem Mehrbenutzersystem;
     weil das System einen Fehler hatte, konnte er so viel programmieren, wie er wollte; weil die Universität bereit war, das Computerzentrum
     rund um die Uhr zu öffnen, konnte er die ganze Nacht hindurch programmieren; und weil er so viele Übungsstunden einlegen konnte,
     war er vorbereitet, als er die Möglichkeit bekam, UNIX zu überarbeiten. Bill Joy war genial. Er wollte lernen. Das spielte
     sicher eine wichtige Rolle. Doch ehe er ein Experte war, musste ihm jemand die Chance geben, genug zu lernen, um ein Experte
     zu
werden
.
    »In Michigan habe ich wahrscheinlich acht bis zehn Stunden pro Tag programmiert«, fährt er fort. »In Berkeley habe ich dann
     Tag und Nacht gearbeitet. Ich hatte mein eigenes Terminal zu Hause. Ich bin bis zwei oder drei Uhr morgens aufgeblieben, habe
     alte Filme geschaut und dabei programmiert. Manchmal bin ich über |46| der Tastatur eingeschlafen.« Er tut so, als würde sein Kopf nach vorn kippen. »Kennen Sie das, wenn die Taste den Anschlag
     wiederholt, bis der Cursor am Zeilenende ankommt und es piep-pieppiep macht? Wenn das dreimal passiert, müssen Sie ins Bett.
     Als ich nach Berkeley kam, hatte ich noch relativ wenig Ahnung. Im zweiten Jahr dort war ich dann gut. Damals habe ich Programme
     geschrieben, die noch heute verwendet werden, 30 Jahre später.« Er macht eine Pause und rechnet im Kopf, wofür jemand wie
     Bill Joy nicht allzu viel Zeit braucht. Michigan 1971. Ernsthaftes Programmieren ab dem zweiten Jahr. Dazu die Sommerferien,
     dann Tag und Nacht im ersten Jahr in Berkeley. »Vielleicht … 10 000 Stunden? Das könnte ungefähr hinkommen.«
    4.
    Ist die 10 000-Stunden-Regel so etwas wie ein Naturgesetz des Erfolges? Begegnen wir in der Geschichte erfolgreicher Menschen
     immer einem Computerzentrum oder einer Auswahlmannschaft – einer besonderen Möglichkeit zum Üben?
    Sehen wir uns zwei weitere Beispiele an und wählen wir dazu der Einfachheit halber zwei möglichst bekannte Geschichten: die
     Beatles, die berühmteste Popgruppe aller Zeiten, und Bill Gates, einen der reichsten Männer der Welt.
    Die Beatles – John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr – unternahmen im Februar 1964 ihre erste USA-Tournee.
     Damit läuteten sie die sogenannte britische Invasion des amerikanischen Musikmarktes ein und veröffentlichten eine Serie von
     Nummer-1-Hits, mit denen sie die Popmusik revolutionierten.
    Das Erste, was die Beatles in unserem Zusammenhang interessant macht, ist die Zeit vor ihrem internationalen Durchbruch. Lennon
     und McCartney waren 1957 zum ersten Mal zusammen aufgetreten, also sieben Jahre vor ihrer USA-Tournee. (Interessanterweise
     liegen zwischen der Gründung der Band |47| und der Veröffentlichung der künstlerisch vermutlich bedeutendsten Alben
Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band
und dem
White Album
zehn Jahre.) Und wenn wir uns diesen langen Zeitraum der Vorbereitung ansehen, stoßen wir auf eine Erfahrung, die Ihnen vor
     dem Hintergrund der Geschichten über die Eishockeyspieler, Bill Joy und die Weltklasseviolinisten sehr vertraut vorkommen
     dürfte. Im Jahr 1960, als sie noch eine unbekannte Schülerband waren, bekamen sie nämlich die Möglichkeit, in Hamburg aufzutreten.
    »In Hamburg gab es damals keine Rock’n’Roll-Clubs. Es gab Nachtclubs«, erzählt Philip Norman, Autor der Beatles-Biografie
Shout!.
»Einer der Nachtclubbesitzer war ein gewisser Bruno, der ursprünglich aus dem Kirmesgeschäft kam. Er kam auf die Idee, in
     verschiedenen seiner Clubs Rock’n’Roll-Bands auftreten zu lassen. Das Rezept war

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