Überflieger - Warum manche Menschen erfolgreich sind und andere nicht
kann gar nicht anders, als seine Familie reich zu machen.«
1.
Der Weg in das industrielle Herz Südchinas führt durch das breite, saftig grüne Delta des Perlflusses. Das Land ist in dichten
Smog gehüllt. Auf der Autobahn stauen sich die Lastwagen. Stromkabel sind kreuz und quer über den Himmel gespannt. Fabriken,
in denen Kameras, Computer, Uhren, Regenschirme und T-Shirts hergestellt werden, wechseln sich ab mit aufeinandergestapelten
Wohnblocks und Feldern, auf denen Bananen, Mangos, Zuckerrohr, Papaya und Ananas für den Export angebaut werden. Kaum eine
Landschaft der Welt hat sich in so kurzer Zeit so radikal verändert. Vor einer Generation war der Himmel hier noch blau und
die Autobahn eine zweispurige Landstraße. Und noch eine Generation früher reichten hier die Reisfelder, so weit das Auge blicken
konnte.
Zwei Stunden flussaufwärts liegt die Stadt Guangzhou. Dahinter sind die Überreste des alten China leichter zu entdecken. Die
Landschaft ist von atemberaubender Schönheit. Vor dem Hintergrund der fernen Nan Ling Berge ziehen sich sanfte, mit weißen
Kalkfelsen gesprenkelte Hügel dahin. Verstreut liegen die traditionellen erdfarbenen Bauernhäuser aus getrockneten Lehmziegeln
zwischen den Feldern. Auf den Märkten in den kleinen Dörfern bieten die Bauern Hühner und Gänse in Bambuskäfigen feil und
legen Gemüse in Reihen auf dem Boden aus. Auf Tischen liegen |200| Schweinefleischstücke und große Tabakklumpen. Und überall ist Reis. Im Winter ragen die vertrockneten Stoppel der letzten
Ernte aus den trockenen Feldern. Wenn zu Beginn der Frühjahrs der Reis gesetzt wird und die feuchten Winde anheben, wird die
Landschaft von einem zauberhaften Grün überzogen, und zu Beginn der ersten Ernte, wenn die Körner am Ende der Reispflanzen
heranreifen, verwandelt sich das Land bis zum Horizont in ein wogendes gelbes Meer.
In China wird seit Tausenden von Jahren Reis angebaut. Von hier aus verbreitete sich die Technik des Reisanbaus über ganz
Südostasien, bis nach Japan, Korea, Singapur und Taiwan. So weit die Geschichtsbücher zurückreichen, leben Bauern nach dem
immer gleichen Rhythmus des Reisanbaus.
Reisfelder werden nicht einfach bestellt wie ein Weizenfeld, sondern sie müssen aufwändig angelegt werden. Es reicht nicht,
Bäume und Unterholz zu roden, Steine aufzusammeln und den Boden zu pflügen. Reisfelder werden als Terrassen in Hänge gesetzt
oder in Sümpfen und Flussebenen errichtet. Ein Reisfeld muss bewässert werden, also wird um das Feld herum ein kompliziertes
System von Dämmen angelegt. Kanäle werden gegraben, um das Wasser von der nächsten Quelle heranzutransportieren, und die Dämme
mit Schleusen versehen, damit das Wasser die Pflanzen in der gewünschten Höhe bedeckt.
Das Reisfeld selbst benötigt einen harten Boden aus Lehm, der verhindert, dass das Wasser im Untergrund versickert. Die Schößlinge
lassen sich natürlich nicht in den Lehm setzen, also muss dieser mit einer Schicht weichen Schlamms bedeckt werden. Die sogenannte
»Lehmwanne« muss so konstruiert sein, dass sie sich einerseits leicht entwässern lässt und andererseits das Wasser die Pflanzen
optimal bedeckt. Außerdem muss der Reis natürlich regelmäßig gedüngt werden, was ebenfalls keine einfache Aufgabe darstellt.
Traditionell verwendeten die Bauern die »Nachterde«, wie der menschliche Kompost genannt wird, sowie eine Mischung aus verbrannten
Pflanzenabfällen, Flussschlamm, Bohnenkuchen |201| und Hanf. Dabei müssen sie jedoch sorgfältig darauf achten, nicht zu viel oder zum falschen Zeitpunkt zu düngen, denn das
wäre genauso schlecht wie zu wenig Dünger.
Zur Pflanzzeit haben die chinesischen Bauern die Auswahl unter Hunderten von Reissorten, von denen jede ihre eigenen Vor-
und Nachteile hat. Eine Sorte wächst schneller und ist dafür weniger ertragreich, oder umgekehrt, eine andere widersteht der
Trockenheit besser, wieder eine andere bringt in nährstoffarmen Böden bessere Erträge. Bauern pflanzen gleichzeitig ein Dutzend
und mehr Sorten an und passen die Mischung der jeweiligen Jahreszeit an, um das Risiko eines Ernteausfalls zu minimieren.
Er oder sie (oder besser, die Familie, da die Landwirtschaft Sache der gesamten Familie ist) bringt das Saatgut zunächst in
einem eigenen Saatfeld aus. Nach einigen Wochen werden die Setzlinge sorgfältig in 15 Zentimeter voneinander entfernten Reihen
auf das Feld gesetzt und dort
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