Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
falsch, Larry, deshalb sind die Wards vermutlich gesund und aktiv.«
Ich behielt recht, denn wenig später hielt ein knallroter Porsche vor dem Haus. Die Türen flogen auf, und ich sah eine sehr elegante Dame in einem teuren Hosenanzug aussteigen.
Mrs. Ward hatte offenbar einen erheblich älteren Mann geheiratet, der anscheinend im Auto wartete, bis sie ihm beim Aussteigen half und ihn mir vorstellte.
Nachdem ich diese Kombinationen angestellt hatte, war ich um so verblüffter, als eine energische Männerstimme rief: »He, nimm mir gefälligst den Kram ab, den du mir auf den Schoß gelegt hast! Hier hast du deine Handtasche wieder. Und deine Kamera. Mrs. Russell glaubt wahrscheinlich, daß sie’s mit einem Invaliden zu tun hat, wenn ich nicht aussteigen kann.«
Mrs. Ward sagte lachend: »Entschuldigen Sie bitte!« und lief zurück, um ihre Sachen zu holen. Dann kamen die beiden auf mich zu: ein gesundes, braungebranntes, sportliches Ehepaar Mitte Fünfzig. »Tut mir leid, daß wir Sie haben warten lassen, Mrs. Russell«, sagte Mr. Ward freundlich. »Meine Frau lädt immer ihr ganzes Handgepäck auf mich ab, damit sie aus dem Wagen springen und die Aussicht bewundern kann. Und das lohnt sich hier ganz besonders, wie ich zugeben muß!« Sein Lächeln machte ihn mir noch sympathischer.
»Sie müssen entschuldigen, daß wir uns gleich so lautstark eingeführt haben, das ist unsere Art«, ergänzte seine Frau. »Wie hübsch Sie hier wohnen — und erst die Aussicht! Wir freuen uns schon auf unser Ferienhaus und vor allem auf die Pferde.«
Ich wußte zunächst nicht, was ich sagen sollte. Wie konnte ich diesen beiden unsere alten Gäule anbieten? »Pferde?« murmelte ich scheinbar verständnislos. »Soll das heißen, daß Sie reiten wollen?«
Die Wards starrten mich an, als sei ich schwachsinnig, und Mrs. Ward nickte energisch. »Aber natürlich! Deshalb sind wir schließlich hier. Aber bei Ihnen gibt’s wohl keine Fuchsjagden?« Ihre Handbewegung umfaßte unser landschaftlich schönes Hügelland, das für Jagden ungeeignet war.
Ich hatte mich inzwischen von meiner Verblüffung erholt und beschloß, ihnen reinen Wein einzuschenken. »Halten Sie mich bitte nicht für beschränkt, aber als Sie sich als >älteres Ehepaar< bezeichnet haben, habe ich mir ganz andere Leute vorgestellt und Sie nicht für Reiter gehalten.«
»Auch ältere Leute können reiten«, stellte Mrs. Ward etwas gekränkt fest. »Meine Mutter ist noch mit fünfundsiebzig Jahren bei Jagden mitgeritten — natürlich im Damensitz.«
Ich nickte anerkennend. »Die nächsten Jagden finden leider fünfzig, sechzig Kilometer von hier entfernt statt, aber wir haben natürlich selbst Pferde. Meine Stute Andrea ist lammfromm und ein gutes Springpferd. Mein Mann hat zwei Pferde, von denen er eines Mr. Ward leihen kann. Beide sind ziemlich lebhaft, aber Sie sind wohl erfahrene Reiter?«
»Wir haben bis vor zwei Jahren auf dem Land gelebt, bis ein idiotischer Arzt meinem Mann weisgemacht hat, er müsse dieses anstrengende Leben aufgeben, die Farm verkaufen und sich schonen. Ein unsinniger Rat, wie wir jetzt wissen. Seither wohnen wir in der Stadt und sehnen uns danach, wieder täglich reiten zu können. Auf der Farm haben wir natürlich eigene Pferde gehabt, aber in der Stadt kann man keines halten. Das wäre grausam. Außerdem wüßte man gar nicht, wo man dort ausreiten soll. Und dann haben wir Ihre Anzeige — oder vielmehr die Mrs. Lees — gelesen und uns gesagt: >Das ist genau richtig für uns!< Jetzt sind wir hier und möchten jeden Tag ausreiten. Das haben wir im Urlaub schon öfters getan.«
»Wir bilden uns natürlich nicht ein, dauernd reiten zu können«, ergänzte Mr. Ward. »Das wäre für die Pferde im Winter zu anstrengend. Wir sind schon mit einer Stunde pro Tag völlig zufrieden.«
Ich nahm mir vor, Paul dazu zu überreden, ihnen auch seinen Ben zu leihen. »Sie können selbstverständlich reiten«, versicherte ich ihnen, »aber wir wollen nicht in der Kälte stehenbleiben und uns darüber unterhalten. Ich bringe die Pferde morgen früh her, und da Sie erfahrene Reiter sind, die die Pferde nicht überanstrengen, lasse ich sie auf dieser Koppel, damit Sie reiten können, wann Sie Lust haben.«
»Vielen Dank, das wäre herrlich!«
Sie stiegen wieder ein, und ich fuhr mit unserem Wagen voraus. Dann half ich ihnen, ihr Gepäck ins Haus zu schaffen, und sah erstaunt, wie wenig die Wards für diese zwei Wochen mitgenommen hatten. Sie
Weitere Kostenlose Bücher