Übernachtung - Frühstück ausgeschlossen
der sie
mir bewußt schmeichelte, denn wir waren uns beide darüber im klaren, daß die
Näharbeit an mir hängen bleiben würde.
Larry hatte es irgendwie
geschafft, durchs Leben zu kommen, ohne nähen zu können, und brachte es fertig,
diese Unfähigkeit amüsant wirken zu lassen. Ich fand sie allerdings weniger
lustig, weil ich auf diese Weise für beide Familien nähen mußte. Larry konnte
natürlich flicken und stopfen — beides jedoch nur schlecht und sehr widerwillig
aber was darüber hinausging, überstieg angeblich ihre Fähigkeiten. Allerdings
verstand es sich bei ihr von selbst, daß sie sich dafür revanchierte, daß ich
für sie nähte. Larry putzte Böden und Fenster und bügelte ganze Wäscheberge,
während ich an der Nähmaschine saß. Ich machte jedesmal ein finsteres Gesicht,
wenn sie ihr »wunderbar herabgesetztes« Material auspackte, aber da ich in
Wirklichkeit lieber nähte als putzte oder bügelte, konnten wir beide mit diesem
Arrangement zufrieden sein.
Aber in letzter Zeit hatten wir
nur wenig gekauft und vor allem Kleidungsstücke geändert, die wir schon beinahe
vergessen hatten. Neue Stoffe waren praktisch unerschwinglich geworden, und wir
mußten uns anstrengen, damit wenigstens unsere Kinder adrett und gut angezogen
in die Schule gehen konnten. Es wäre herrlich gewesen, ein bißchen Geld in der
Tasche zu haben.
Nachdem ich den Hörer aufgelegt
hatte, dachte ich über Larrys Idee nach. Würde wirklich jemand in unser wildes
Hügelland kommen wollen, um hier Urlaub zu machen, und konnten wir die beiden
Häuser attraktiv genug ausstatten, um Gäste anzulocken, ohne uns in allzu hohe
Unkosten zu stürzen? Ich kam schließlich zu der Überzeugung, dies sei nur
wieder einer von Larrys verrückten Plänen, die es sich nicht zu verfolgen
lohne.
Ich las ihre Anzeige in der Samstagszeitung
und mußte unwillkürlich lächeln. »Urlaub auf dem Lande«, lautete die
fettgedruckte Überschrift. »Behagliches Ferienhaus in herrlicher Landschaft.
Tennis, Reiten und alle Freuden des Landlebens.« Paul las sie ebenfalls und
meinte: »Klingt nicht schlecht, finde ich — vor allem das mit dem Reiten. Die
Städter sind immer ganz wild auf Pferde .«
»Ja, das überrascht mich auch.
Larry hat mir kein Wort davon erzählt, und ich kann mir nicht vorstellen, daß
sie ihren geliebten James von einem Gast reiten läßt .«
»Richtig, aber James ist
schließlich nicht ihr einziger Gaul. Vielleicht können die Pensionäre sich auf
diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen. Das wäre immerhin einmal etwas
anderes .«
Als »Pensionäre« bezeichnen
unsere Ehemänner die verschiedenen Pferde, die bei uns ihr Gnadenbrot erhalten.
Bei uns waren es Tommy, auf dem ich als Jungverheiratete reiten gelernt hatte, Jenks , auf dem Paul überall dorthin geritten war, wo er
jetzt mit dem Motorrad hinfuhr, und Darkie, ein fünfzehnjähriger Wallach, der
nur noch gesattelt wurde, wenn wir ein zusätzliches Pferd brauchten. Wie so
viele Neuseeländer waren sie jetzt pensioniert.
Auch Larry und Sam hatten ihre
Pensionäre, die mehr oder weniger alt waren wie die unseren: Gay, ein
vierzehnjähriger Brauner mit noch jugendlichem Temperament, Trinket, das erste
Pony ihrer Kinder, Captain, Sams altes Pferd, und ein weiteres Pferd von
unbekanntem Alter und Herkunft, ein Schimmel, der ihnen eines Tages zugelaufen
war. Sam hatte sich an die Polizei gewandt und sogar eine Anzeige aufgegeben,
aber der Besitzer hatte sich nicht gemeldet. Daraufhin hatten Larry und Sam den
Schimmel adoptiert, und die Kinder waren selig gewesen, weil er sich so willig
vor einen Schlitten spannen ließ. Der gleiche Versuch mit Gay hatte
katastrophale Folgen gehabt: Der Braune hatte prompt versucht, mitsamt dem
Schlitten und den Passagieren über ein Gatter zu springen. Er und die Kinder
waren mit Hautabschürfungen davongekommen, aber der Schlitten und das Gatter
hatten erheblich gelitten.
Paul und ich überlegten eben,
welche Pferde Larry wohl gemeint haben konnte, als das Telefon klingelte und
Larry fragte: »Habt ihr die Anzeige gelesen? Ist der Text nicht raffiniert? Mir
ist plötzlich eingefallen — natürlich in der Badewanne daß Pferde eine
Verlockung sind, der Städter kaum jemals widerstehen können .«
»Eine geniale Idee«, stimmte
ich zu. »Du läßt also jeden Fremden auf James reiten, und Paul stellt freudig
euren Gästen Rocket zur Verfügung ?«
Dazu muß erklärt werden, daß
wir in unserem Hügelland noch immer reiten, wenn wir
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